Artemiev und Guseva gewinnen Higher League

von André Schulz
07.07.2015 – Letzte Woche endete die russische "Higher League", die letzte Qualifikationsstufe vor dem Superfinale. Austragungsort war Kaliningrad, früher Königsberg. 57 Männer und 29 Frauen nahmen teil. Im Männerturnier gewann Vladislav Artemiev dank besserer Zweitwertung vor den punktgleichen Alexander Motylev und Ivan Bukavshin. Marina Guseva dominierte das Frauenturnier. Mehr...

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Vladislav Artemiev und Marina Guseva gewinnen die "Higher League"

Die "Higher League" ist die 4. Stufe auf dem Weg zu Russischen Landesmeisterschaft. In diesem Jahr wird dabei die 68. Männermeisterschaft und die 65. Frauenmeisterschaft ausgetragen. Austragungsort der Higher League war vom 21. Juni bis 2. Juli die Stadt Kaliningrad, früher Königsberg. Kaliningrad ist Hauptstadt von Ostpreußen, das seit 1945 zur Sowjetunion gehörte und nach dem Zerfall der UdSSR und durch die Unabhängigkeitserklärungen der baltischen Staaten Lettland, Litauen und Estland eine russische Exklave ist.

Die beiden Turniere der Higher League wurden mit 57 Männern respektive 39 Frauen ausgetragen.  Am Ende des Männerturniers wiesen mit Vladislav Artemiev (Omsk), Alexander Motylev (Moskau) und Ivan Bukavshin (Samara) drei Spieler 6,5 Punkte auf. Danke der besten Zweitwertung wurde Artemiev zum Sieger erklärt.

Vladislav Artemiev

Im Frauenturnier dominierte Marina Guseva (Stavropol) das Geschehen. Sie kam am Ende auf 7,5 Punkte und gewann vor Alina Kashlinskaya (6,5 P., Moskau) und Anastasiya Savina (6 P., Moskau).

Marina Guseva

 

Alina Kashlinskaya

 

Kashlinskaya und Guseva

 

Die Eröffnungsfeier des Turniers fand im "Fort Nummer Fünf" der Königsberger Befestigungsanlagen statt. Um Königsberg herum waren insgesamt 12 Forts als Verteidigungsanlagen angelegt. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Fort Nummer Fünf lange von seinen Verteidigern gehalten, bevor es nach einem Gefecht über viele Stunden von den sowjetischen Angreifern genommen werden konnte. Zur Zeit wird es als Museum ausgebaut.

Fort Nummer Fünf

 

In den Katakomben

 

Veteranen und uniformierte Frauen...

 

... erinnern an das Ende des Großen Vaterländischen Krieg.

 

Russische Armeefolklore

Das "Superfinale" der Russischen Meisterschaft wird im August in Chita ausgetragen. Neben den drei Erstplatzierten des Männerturniers wurden auch noch Ildar Khairullin (St. Petersburg) und Daniil Dubov (Moscow), die beide 6 Punkte holten, eingeladen.

Im Rahmenprogramm des Turniers fand am "Kindertag" im "Museum des Weltozeans" an Bord des früheren Forschungsschiffes "Witjas" am Pregelufer ein Simultanturnier statt.

Konstantin Landa

 

Ernesto Inarkiev


 

Endstand nach neun Runden

Rk. SNo   Name Rtg Club/City Pts.  TB1   TB2   TB3 
1 8 GM Artemiev Vladislav 2660 Омская область 6.5 46.5 43.0 4.0
2 16 GM Motylev Alexander 2643 Московская область 6.5 45.5 42.0 4.0
3 14 GM Bukavshin Ivan 2647 Самарская область 6.5 45.5 41.5 4.0
4 11 GM Khairullin Ildar 2653 Санкт-Петербург 6.0 48.5 44.5 3.0
5 6 GM Dubov Daniil 2661 Москва 6.0 47.0 43.0 3.0
6 15 GM Popov Ivan 2647 Москва 6.0 46.0 43.5 5.0
7 3 GM Fedoseev Vladimir 2674 Санкт-Петербург 6.0 46.0 42.0 5.0
8 13 GM Zvjaginsev Vadim 2648 Москва 6.0 44.0 41.0 4.0
9 5 GM Sjugirov Sanan 2662 Самарская область 6.0 43.0 39.0 4.0
10 19 GM Kobalia Mikhail 2623 Москва 5.5 49.0 45.5 3.0
11 22 GM Ponkratov Pavel 2610 Челябинская область 5.5 45.5 43.0 5.0
12 9 GM Riazantsev Alexander 2658 Москва 5.5 43.0 39.0 3.0
13 4 GM Inarkiev Ernesto 2668 Москва 5.5 42.0 38.0 3.0
14 7 GM Najer Evgeniy 2661 Москва 5.5 40.0 36.5 4.0
15 17 GM Kokarev Dmitry 2639 Пензенская область 5.5 37.5 34.5 3.0
16 27 GM Frolyanov Dmitry 2566 Самарская область 5.0 48.0 46.0 3.0
17 25 GM Demchenko Anton 2589 Краснодарский край 5.0 46.0 43.5 3.0
18 31   Predke Alexandr 2543 Самарская область 5.0 43.5 40.5 3.0
19 38 FM Gordievsky Dmitry 2491 Москва 5.0 43.0 40.0 4.0
20 1 GM Malakhov Vladimir 2699 Москва 5.0 43.0 39.0 2.0
21 10 GM Grachev Boris 2657 Москва 5.0 40.5 36.5 1.0
22 2 GM Matlakov Maxim 2696 Санкт-Петербург 5.0 39.0 36.0 3.0
23 18 GM Landa Konstantin 2627 Омская область 5.0 37.0 34.0 4.0
24 39 WGM Girya Olga 2486 ХМАО-Югра 5.0 36.5 34.0 3.0
25 24 GM Volkov Sergey 2599 Республика Мордовия 5.0 32.5 30.5 2.0

... 57 Spieler
 

 

Partien Männer

 

 

 

Endstand Frauenturnier

Rk. SNo   Name Rtg Club/City Pts.  TB1   TB2   TB3 
1 5 IM Guseva Marina 2410 Ставропольский край 7.5 45.5 42.0 6.0
2 2 IM Kashlinskaya Alina 2432 Москва 6.5 52.0 48.0 5.0
3 4 IM Savina Anastasia 2422 Москва 6.0 54.5 49.0 5.0
4 3 IM Bodnaruk Anastasia 2428 Санкт-Петербург 6.0 46.0 42.5 5.0
5 14 IM Ovod Evgenija 2313 Ленинградская область 6.0 46.0 42.5 4.0
6 23   Drogovoz Irina 2187 ХМАО-Югра 6.0 45.5 43.5 5.0
7 9 IM Matveeva Svetlana 2366 Москва 6.0 45.0 42.0 4.0
8 13 WFM Gritsayeva Oksana 2321 Республика Крым 6.0 39.5 39.0 5.0
9 11 FM Pustovoitova Daria 2351 Москва 5.5 48.5 45.5 5.0
10 1 IM Kovalevskaya Ekaterina 2461 Москва 5.5 45.5 42.5 4.0
11 19 WIM Styazhkina Anna 2214 Санкт-Петербург 5.5 43.5 40.0 5.0
12 16 WIM Balaian Alina 2261 Санкт-Петербург 5.5 42.5 39.0 5.0
13 12 WIM Tomilova Elena 2329 Тюменская область 5.5 42.0 38.5 5.0
14 21 WFM Belenkaya Dina 2213 Санкт-Петербург 5.5 41.5 41.0 4.0
15 30   Chkhan Viktoria 2148 Приморский край 5.0 40.0 36.5 4.0
16 7 IM Vasilevich Tatjana 2397 Республика Крым 5.0 38.0 35.0 3.0
17 8 WGM Kovanova Baira 2388 Саратовская область 4.5 48.5 45.0 4.0
18 10 WIM Bivol Alina 2354 Московская область 4.5 46.5 43.0 3.0
19 6 IM Charochkina Daria 2398 Москва 4.5 42.5 39.0 4.0
20 18 WFM Rodionova Daria 2223 Новосибирская область 4.5 41.5 38.0 2.0
21 35 WFM Protopopova Anastasiya 2100 Саратовская область 4.5 38.5 35.5 3.0
22 33 WIM Baraeva Irina 2122 Краснодарский край 4.5 36.5 33.5 3.0
23 27   Khokhlova Daria 2160 Хабаровский край 4.5 35.0 34.5 2.0

... 39 Spielerinnen

 

 

Partien Frauen

 

 

 

Königsberg - Kaliningrad

 

Die Turnierteilnehmer wohnten in einem Hotel am Ufer dieses malerischen Sees

 

Königsberg war seit 1724 Haupt- und Residenzstadt in Preußen. Gegründet wurde Königsberg, zu Ehren des Kreuzzugsführers König Ottokar II. von Böhmen benannt, 1255 an der Mündung des Flusses Pregel als Ordensburg des Deutschritterordens in der Nähe eines Handelplatzes der baltischen Prußen. Die sich darum bildenden Siedlung erhielt 1286 Stadtrecht und wurde 1340 Hansestadt. Später war Königsberg Hauptstadt des Ordensstaates, der im 16. Jahrhundert in einen weltliches Herzogtum unter polnischer Lehnshoheit umgewandelt wurde. 1544 wurde in Königsberg die Albertus-Universität gegründet, nach Marburg die zweite evangelische Universität.

1701 ließ sich Friedrich III., Kurfürst von Brandenburg, zum König, nun Friedrich I. in Preußen, krönen und das Herzogtum Preußen wurde dadurch zum Königreich aufgewertet. Von 1709 bis 1711 verlor das Königreich Preußen ein Drittel seiner Bevölkerung (200.000 bis 250.000 Tote) durch die "Große Pest". Die Landwirtschaft kam dadurch zeitweise völlig zum Erliegen. Der Bevölkerungsverlust wurde später zum Teil durch Schweizer und Salzburger Kolonisten wieder ausgeglichen.

Unter den Königen Friedrich Wilhelm I (* 14. August 1688 in Berlin; † 31. Mai 1740 in Potsdam, Preußischer König seit 1713, auch "Soldatenkönig" genannt) und Friederich d. Gr. (* 24. Januar 1712 in Berlin; † 17. August 1786 in Potsdam, "der Alte Fritz"), führte Preußen eine Reihe von Kriegen. Im Zuge dessen war Königsberg von 1758 bis 1763 von russischen Truppen besetzt.

Der Philosoph Immanuel Kant, bekanntester Sohn der Stadt, (* 22. April 1724 in Königsberg, Preußen; † 12. Februar 1804 ebenda) studierte seit 1740 an der Albertus-Universität in Königsberg und arbeitete zwischendurch als Hauslehrer. 1755 begann er mit der Veröffentlichung bedeutender philosophischer Schriften und habilitierte im selben Jahr. Sein bekanntestes Werk, Kritik der reinen Vernunft, erschien 1781.

Königsberg wurde nach der ersten polnischen Teilung 1772 Hauptstadt der preußischen Provinz Ostpreußen und war im Jahr 1800 mit 60.000 Einwohnern eine der größten deutschen Städte (Berlin: 170.000, München 30.000). 1807 besetzten und brandschatzen französische Truppen die Stadt, nachdem sich Teile des preußischen Heeres nach der Schlacht bei Jena und Auerstedt (14.Oktober 1806) hierher zurückgezogen hatten.

1860 wurde Königsberg durch die "Preußische Ostbahn" verkehrstechnisch mit Berlin verbunden. Seit 1834 gehörte ganz Preußen zum Deutschen Zollverein, nachdem Ostpreußen formal nicht zum Römischen reich Deutscher Nation gehört hatte. 1867 folgte die Gründung des Norddeutschen Bundes. Mit der Reichsgründung 1871 wurde der König von Preußen auch Kaiser von Deutschland. Nach der Reichsgründung verzeichnete Königsberg einen großen wirtschaftlichen Aufschwung. Gemäß dem Versailler Vertrag wurde das Deutsche Reichsgebiet nach dem Ersten Weltkrieg erheblich verkleinert und Königsberg wurde mit Ostpreußen vom übrigen Reich abgetrennt. Der deutsch-polnische Streit über den "Korridor" und den Zugang nach Ostpreußen führte zum Krieg mit Polen und löste den Zweiten Weltkrieg aus.

Zum Ende des Zweiten Weltkrieges, im August 1944, flog die britische Luftwaffe schwere Bombenangriffe auf Königsberg. Mit Hilfe von 480 Tonnen phosphorgefüllter Stabbrandbomben und Sprengbomben wurde fast die gesamte Altstadt, alle Kirchen, die alte und die neue Universität, der Dom und das Schloss zerstört. 5000 Menschen kamen ums Leben.

Die Altstadt von Königsberg wurde zerstört

 

Weitere Zerstörungen brachte die "Schlacht um Königsberg", bei der die Naziführung Königsberg im Kampf gegen die vorrückende Rote Armee zur "Festung" erklärt hatten. Von den ursprünglich 370.000 Einwohnern (1939) lebten im Dezember 1945 noch 20.000 Menschen in der Stadt. Im Oktober 1945 wurde Ostpreußen von der Sowjetunion annektiert. Im Juli 1946 wurde Königsberg in Kaliningrad umbenannt. Die verbliebenen Deutschen wurden zwischen 1947 und 1948 größtenteils in die deutschen Besatzungszonen abtransportiert. Gleichzeitig wurden Bürger aus den Sowjetrepubliken angesiedelt.

Nach dem Krieg ist der Wiederaufbau der Stadt nur unzulänglich gelungen. Auf den Flächen der zerstörten Altstadt wurden Grünflächen und Parks angelegt. Alte Bausubstanz wurde nur in den weniger zerstörten Bezirken bewahrt. Erst nach 1990 bemühte man sich um eine Wiederherstellung alte Gebäude.

Der rekonstruierte Dom

 

Fotos: Eteri Kublasvili

 

Verhandlungen über Ostpreußen (Spiegel)...

Kaliningrad (Wikipedia)...

Turnierseite...


 


André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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