Auf den Spuren Bobby Fischers

von ChessBase
08.04.2008 – Spanisch gehört zu jenen Eröffnungen, in denen die Ideen des im Januar verstorbenen Weltmeisters Robert James Fischer mit am deutlichsten fortleben und transformiert werden. Auf seiner DVD "My Best Games in the Spanish Vol.2" verweist Alexei Shirov darauf, dass Fischers Überlegungen auch heute noch auf höchstem Niveau immer wieder zur Geltung kommen. Auf dem Programm seines 6-stündigen neuen Kurses zur Spanischen Eröffnung stehen u.a. aktuelle Entwicklungen in der scharfen Archangelsk-Variante, im Marshall-Angriff, in oder gegen die Berliner Verteidigung und vieles mehr. Rezensent FM Matthias Krallmann zeigt sich sowohl vom schachlichen Niveau des Kurses als auch von der charakterlichen Qualität seines Autors angetan. Shirovs Analysen und Vorschläge sind nur selten maschinellen Ursprungs, und seine Präsentation schafft in ihrer Authentizität eine Nähe zum Betrachter, die für die Person Shirovs wie für die schachlichen Inhalte schlicht einnehmend ist. Shirov: "My Best Games in the Spanish Vol.2" im Shop bestellen...Rezension lesen...

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Shirov: My best games in the Spanish Vol.2

Rezension von FM Matthias Krallmann

Während seiner Analyse der Partie Shirov-Aronian (Elista 2007) erklärt Shirov den Tausch eines guten Springers gegen einen Läufer mit dem Einfluss von Bobby Fischer. Der elfte Weltmeister der Schachgeschichte ist tot, doch seine Ideen werden noch lange fortwirken und auch die heutige Elite hat ihn nicht vergessen. Gerade in der spanischen Eröffnung hat Fischer einige fantastische Partien gespielt, z.B. die letzte von ihm kommentierte Partie aus „Meine 60 denkwürdigen Partien“ gegen Stein in Sousse 1967.

Die neuste DVD von Shirov behandelt 13 Spanisch-Partien, die der spanische Weltklassespieler in den letzten zwei Jahren gespielt hat. Im ersten Teil, der fünf Partien umfasst, wird die Archangelsk-Variante 1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0-0 b5 6.Lb3 Lc5 ausführlich unter die Lupe genommen. Shirov spielt diese Variante mit Schwarz und er zeigt seine Partien gegen Ivanchuk (Ciudad Real 2007), Adams (Elista 2007), Dominguez (Foros 2007), Smirin (Odessa 2007) und Navara (Karlovy Vary 2007). Shirov hatte in den letzten zwei Jahren gute Ergebnisse mit dieser aktiven Variante, die aufgrund seines Stils für ihn wie geschaffen ist. Er bezeichnet die Variante als riskant, da sie in einer der Hauptabspiele ein Bauernopfer beinhaltet, aber spielbar. Interessant ist, dass Shirov vor jeder Partie auf die Widerlegung zu warten scheint, sie jedoch nie gespielt wird. Vielleicht existiert sie einfach nicht.

Im zweiten Teil präsentiert Shirov acht Weiß-Partien in der spanischen Eröffnung, die sehr gut illustrieren, wie komplex Spanisch ist, da die Stellungsbilder, die in den verschiedenen Varianten entstehen, sehr unterschiedlich sind. Der Zuschauer bekommt eine Einführung in die verbesserte Steinitz-Variante (Shirov-Adams, Elista 2007), in die Berliner Variante (Shirov-Naiditsch, Bundesliga 2006/2007), in den Anti-Marshall (Gegner Aronian, Elista 2007 und Ivanchuk, Odessa 2007), in einen „echten“ Marshall-Angriff gegen Akopian in Karlovy Vary 2007, in die Tschigorin-Variante gegen Kasimdzhanov (Fuegen 2006), in die Saizew-Variante gegen Jakovenko (Spanische Mannschaftsmeisterschaft 2006) und in das Breyer-System gegen Postny (Bundesliga 2006/2007).

Die härteste Nuss, die die Weißspieler in der spanischen Eröffnung zu knacken haben, scheint nach wie vor der Marshall-Angriff zu sein. Shirov konnte den Widerstand seiner Gegner mit dem ruhigen 8.h3 zweimal nicht brechen, so kehrte er zur Hauptvariante 8.c3 zurück und gewann. Shirov glaubt zwar nicht, dass es eine konkrete Widerlegung des Marshall-Angriffs gibt, doch ist er der Überzeugung, dass es in konkreten Situationen trotzdem Sinn machen kann das Bauernopfer zu akzeptieren. Aufgrund der Fülle der Varianten, kann der Weiße etwas Bestimmtes vorbereiten, mit dem der Schwarze nicht rechnet. Shirov meint, dass die Mode sich so sehr gewandelt hat, dass auch die Nachziehenden sich mittlerweile hauptsächlich auf die verschiedenen Anti-Marshalls vorbereiten. Grundsätzlich denkt Shirov jedoch, dass der Marshall so solide ist, dass man lediglich etwas für eine Partie Präparieren kann, dass dann in dieser Partie eine Herausforderung darstellt. Nach einer ausführlichen Analyse dürften die Eröffnungsprobleme aber wieder behoben sein.

Fazit: Das Niveau der Analysen Shirovs ist recht hoch und der Zuschauer sollte DWZ 2000 oder mehr haben, wenn er alles verstehen will. Aber natürlich kann es auch für weniger erfahrene Spieler interessant sein, einem Weltklassespieler bei der Partiepräsentation zuzusehen. Shirov ist ein sehr zurückhaltender, bescheidener Mensch. Mehrmals behauptet er, dass seine neuen Eröffnungsideen aus dem gemeinsamen Training mit Sergei Karjakin stammen, der eigentlich für die Neuerung verantwortlich sei. Ich vermute, dass der Ukrainer von Shirov auch eine Menge profitieren kann, aber so etwas würde dieser niemals sagen. Sehr sympathisch finde ich auch, dass Shirov manchmal zugibt, dass ihm in einer bestimmten Variante sein Gedächtnis im Stich lässt und er sich nicht erinnern kann, warum er diesen oder jenen Zug gespielt hat oder warum diese oder jene Variante schlecht oder gut ist. Ganz selten zeigt Shirov Computervarianten, meistens demonstriert er lediglich Partien eines Menschen, der sehr viel vom Schach versteht.

  • Intro
  • Ivanchuk – Shirov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 b5 6.Lb3 Lc5
  • Adams - Shirov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 b5 6.Lb3 Lc5
  • Dominguez Perez – Shirov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 b5 6.Lb3 Lc5
  • Smirin – Shirov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 b5 6.Lb3 Lc5
  • Navara – Shirov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 b5 6.Lb3 Lc5
  • Shirov – Adams  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 d6
  • Shirov – Naiditsch  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 Sf6 4.0-0 Sxe4 5.d4 Sd6 6.Lxc6 dxc6 7.dxe5 Sf5 8.Dxd8+ Kxd8
  • Shirov – Aronian  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.h3
  • Shirov – Ivanchuk  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.h3
  • Shirov – Akopian  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.c3 d5
  • Shirov – Kasimdzhanov  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 0-0 8.c3 d6 9.h3 Sa5
  • Shirov – Jakovenko  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 d6 8.c3 0-0 9.h3 Te8
  • Shirov – Postny  1.e4 e5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 a6 4.La4 Sf6 5.0–0 Le7 6.Te1 b5 7.Lb3 d6 8.c3 0-0 9.h3 Sb8

    Gesamtspielzeit: ca. 6 Stunden


Shirov: My Best Games in the Spanish Vol. 2

 

 


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