Auf Werbetour in Botswana

von Anastasiya Karlovich
20.02.2014 – Bis auf wenige Flecken, gehört der afrikanische Kontinent zum Gebiet der Schachentwicklungsländer. In den letzten Jahren ist die FIDE bemüht, auch hier Schach immer populärer zu machen. Anastasya Karlovich bereiste aus diesem Zweck Botswana und fand dort neben vielen neuen Freunden sogar eine Frauengroßmeisterin, Tuduetso Sabure. Mehr...

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Frauenschach-Promotionstour in Botswana

Die FIDE-Kommission zur Förderung des Frauenschachs (WOM) sucht immer nach Möglichkeiten, das Frauenschach in der ganzen Welt zu fördern. So schickte sie WGM Anastasiya Karlovich aus ihrer kalten Heimat in der Ukraine (-15 C) in die Gluthitze Botswanas (+35 C). Da traf sie Offizielle des Schachverbands von Botswana, die sich für die Förderung des Frauenschachs engagieren und Botswana zur ersten Nation machten, die eine eigene Kommission für Frauenschach gegründet hat. Ein wunderbarer Bildbericht.
 
Botswana liegt im Süden Afrikas, und wenn man sich die Karte Afrikas wie ein Schachbrett vorstellt, dann findet man Botswana leicht auf der zweiten Reihe in der Nähe Südafrikas.
In Botswana leben etwa zwei Millionen Menschen, aber das Land ist so groß, dass die Bevölkerungsdichte bei 3,4 Einwohnern pro Quadratkilometer liegt (zum Vergleich: In Indien liegt die Bevölkerungsdichte bei 376 Einwohnern pro Quadratkilometer). Damit ist Botswana eines der am dünnsten besiedelten Länder der Welt.

Zur Zeit wächst die Wirtschaft in Botswana rasant. Das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen liegt bei $14.000 und das Land hat das viertgrößte Bruttosozialprodukt Afrikas, doch der Lebensstandard ist generell nicht besonders hoch. Allerdings ist Botswana der größte Diamantenhersteller der Welt, und Diamantenhandel beschert Botswana gewissen Wohlstand. Botswana ist ein sehr attraktives Touristenziel und gilt als sicherstes Land Afrikas – und das deckt sich mit meinen Erfahrungen! In vielen Nationalparks kann man noch unberührte wilde Natur sehen und auf Safari gehen, um zu jagen oder zu fotografieren.

Susan Polgar, Vorsitzende der WOM und ehemalige Frauenweltmeisterin, sowie Martha Fierro, die Geschäftsführerin der FIDE Women Commission (“WOM”) luden mich freundlicherweise zu einer Reise zur Förderung des Frauenschachs in Botswana ein. Die WOM will junge Frauen in aller Welt ermutigen, Schach zu spielen und ich freute mich über die Gelegenheit, dieses Projekt zu unterstützen.

Ich hatte Glück, dass die Reise nach Botswana im Sommer stattfand. Nach einer langen Reise, die bei -15° in der Ukraine begann, kam ich schließlich in Botswana an, wo es +35° heiß war. Nach einem herzlichen Empfang am Flughafen von Gaborone begann meine Tour zur Förderung des Schachs in Botswana.

Bald erfuhr ich, dass das Frauenschach in Botswana in den letzten Jahren einen stetigen Aufschwung genommen hat. So ist Botswana das erste Land südlich der Sahara mit einer Frauengroßmeisterin (Tuduetso Sabure). Die Frauenmannschaft aus Botswana hat seit 1982 kontinuierlich an der Schacholympiade teilgenommen und im Laufe der Jahre großes Potenzial gezeigt. Der neu gewählte Präsident des Schachverbands von Botswana, Tshenola Maruatona, versucht die Errungenschaften seiner Vorgänger zu bewahren, verfolgt aber zugleich ehrgeizigere Ziele für die Zukunft.

Der Schachverband ist gut organisiert und in Botswana gibt es wahrscheinlich im Laufe des Jahres mehr Schachveranstaltungen als in anderen Ländern Afrikas. Jedes Jahr organisiert der Schachverband Botswanas eine Frauenmeisterschaft, bei denen der erste Preis $1.000 beträgt (zum Vergleich: der Sieger der offenen Meisterschaft erhält $1.500). Die Frauen in Botswana sind sehr aktiv und kämpfen offen für das Recht auf gleiche Preise, und ich habe das Gefühl, dass ihr Einsatz bald erfolgreich sein wird.

Der Schachverband wird von der Regierung unterstützt, aber erhält auch Unterstützung von privaten Sponsoren. Ich habe viele Leute getroffen, die ehrenamtlich arbeiten, weil sie das Schach lieben und Verband und Spieler unterstützen wollen.

Ein Treffen mit Funktionären des Sportsverbands von Botswana und des Schachverbands von Botswana. Der Sportsverband von Botswana ist das übergeordnete Gremium, das alle sportlichen Aktivitäten des Landes lenkt. Der Schachverband Botswana wurde vom Nationalen Sportsverband gegründet und ist mit ihm verbunden.

Bei einem Treffen wurden Schlüsselfragen der Sportförderung für Frauen besprochen und der Sportverband sicherte seine Unterstützung bei der Frauenförderung zu. Der Schachverband wurde gelobt, weil er die Initiative zur Förderung des Frauensports anführt, was mit den Zielen des Sportverbands übereinstimmt. Leiter des Teams des Sportsverbands waren Mrs. Game Mothibi und Mr. Steven Bothasitse.

“Zahlreiche unserer Aktivitäten richten sich an Schüler und Schülerinnen und werden vom Verband mit der Hilfe der jeweiligen Schulkomitees organisiert. Außerdem wurden im Land eine Reihe von Schachklubs gegründet, die sehr engagierte Mitglieder haben, die regelmäßig an offenen Turnieren teilnehmen“, erläuterte Tshenola Maruatona, der Präsident des Schachverbands.

Tshenola Maruatona, Präsident des Schachverbands von Botswana

Ein wichtiger Schritt zur Förderung des Frauenschachs war die Gründung der Frauenkommission des Schachverbands in Botswana. Das wichtigste Ziel der Kommission besteht darin, die Zahl der jungen Schachspielerinnen in Botswana zu erhöhen.

Tshenola Maruatona hat früher selbst aktiv gespielt und kennt die Probleme des Frauenschachs in Botswana: “Unsere stärksten Frauenspielerinnen haben eine durchschnittliche Elo-Zahl von 1800. Es ist wichtig, dass sie mit besseren Spielern in Kontakt kommen und einen Trainer bekommen, der ihnen hilft, ihr allgemeines Schachverständnis zu verbessern.” Der Präsident des Schachverbands erklärte, er möchte nicht, dass Spieler aus Botswana als Schach spielende Touristen an Schacholympiaden teilnehmen, sondern möchte, dass die Mannschaft im Rahmen ihrer Möglichkeiten gut abschneidet und die Spielerinnen ihre Ratingzahlen verbessern. Außerdem äußerte der Präsident die Ansicht, dass sich das Frauenschach verbessern ließe, wenn die Frauen häufiger bei den Männern mitspielen. Dementsprechend sucht er immer nach Möglichkeiten, um die Frauen zu ermuntern, an Männerturnieren teilzunehmen.

Mädchen macht das Spiel genauso viel Spaß wie Jungen...

... unabhängig vom Alter, aber der Mangel an Anreizen führt oft dazu, dass sie nach der Schule mit dem Schach aufhören.

Der Präsident sucht auch nach einem Schachtrainer, der sich um das Männer- und um das Frauenteam kümmert, denn er glaubt, dass sich die Leistungen Botswanas dadurch verbessern lassen.

Gemeinsam haben wir versucht, Möglichkeiten zu finden, um Schachspielerinnen in Botswana zu unterstützen, sie zu ermutigen, ihr Leben dem Schach zu widmen und ihnen Möglichkeiten aufzuzeigen, mit Schach ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

Die Leute tun ihr Bestes, um Schach in Botswana zu fördern. Von links nach rechts: Motlhokomed Thabana (Entwicklungsdirektor des Schachverbands Botswana), Roger Tiroyamodimo (Vizepräsident des Schachverbands von Botswana), der Präsident des Schachverbands, Tshenola Maruatona und Mr. Thuto Molebatsi (der für das Schach verantwortliche Entwicklungsminister des Sportsverbands von Botswana).

Tshenola Maruatona äußerte Befürchtungen, das Team Botswana könnte auf Jahre hinaus aus den gleichen Frauen bestehen. Schachförderung in der Grundschule sollte die Chancen erhöhen, neue junge Talente zu finden. Der Schachverband hat deshalb kürzlich eine landesweite Kampagne gestartet, um Schach in den Grundschulen einzuführen. Der Schachverband unterzeichnete ein Abkommen mit dem Sportverband für Grundschulen und hat bereits Schachbretter und Lehrmaterial an über 30 Grundschulen verteilt.

Eine davon ist die Grundschule Metsimotlhabe, wo seit vier Monaten Schachunterricht erteilt wird. Jungen und Mädchen erhalten ein paar Mal pro Woche Schachunterricht und beherrschen bereits die Grundregeln. Sie spielen bereits ziemlich gut! Die Schulen haben mit dem Problem zu kämpfen, dass es zu wenig Trainer gibt und ich habe Mathematiklehrer getroffen, die sich selber erst die Grundregeln des Schachs beibringen mussten, doch anschließend gleich Schach unterrichtet haben. Sie tun ihr Bestes, um ihren Schülern zu helfen und versuchen besser zu werden, indem sie Bücher lesen und Schach im Internet verfolgen. Der Schachverband ermuntert Schachspieler, in Schulen zu unterrichten (in Botswana gibt es eine Reihe von relativ starken Schachspielern mit einer durchschnittlichen Elo-Zahl von 2200) und der Sieger der Landesmeisterschaft erhält nicht nur eine finanzielle Belohnung, sondern muss sich auch verpflichten, einen Monat lang in einer der Grundschulen Schachunterricht abzuhalten.

Ein kleines Simultan mit Grundschülern

Ich zeige Fotos von Frauenweltmeisterinnen, den stärksten Spielerinnen der Welt und den besten Frauenmannschaften. Die Mädchen hatten nur von den Polgar-Schwestern gehört, aber schon am nächsten Tag kannten sie den Namen der amtierenden Weltmeisterin Hou Yifan und erkannten andere Weltmeisterinnen.

Schüler, Lehrer und Verbandsmitglieder

Das vorrangige Ziel der Kommission zur Unterstützung des Frauenschachs in Botswana besteht darin, die Zahl der jungen Mädchen, die Schach spielen, zu erhöhen.

Botswana war das erste Land, das analog zur FIDE Women Commission eine Kommission für Frauenschach gegründet hat und ich hatte die Ehre, sie während der Pressekonferenz am zweiten Tag meines Aufenthalts einweihen zu dürfen.

Die Kommission besteht aus den folgenden Mitgliedern:

Tshepiso Lopang (WIM) – Vorsitzende

Gayathri Sriram (Aktives Verbandsmitglied und Mutter von zwei talentierten Schachspielerinnen) – Generalsekretärin

Boikhutso Modongo (WIM) – Mitglied des Komitees

Kutlwano Tatolo – Mitglied des Komitees

Keenese Katisenge (Der Presseverantwortliche des Verbands, der bei der Förderung des Schachs in Botswana ausgezeichnete Arbeit leistet und die Medien vor Ort über alles, was den Verband betrifft, informiert)

Ihre Mission sieht die Kommission für Frauenschach folgendermaßen:

Talentförderung bei jungen Mädchen. Die Kommission konstatiert, dass die Talente bei den Mädchen im Laufe der Jahre immer spärlicher werden. In den letzten Jahren haben immer die gleichen Spielerinnen die Schachszene dominiert und neue Talente sind nicht nachgewachsen.

2) In Bezug auf das Mädchenschach fehlt es an Kontinuität bei der Talentförderung. Nach der Schule hören die Mädchen häufig mit dem Schach auf und das hat Auswirkungen auf die Erwachsenenmannschaften.

3) Junge und ausgewählte Mädchen trainieren, um ihr Spielniveau zu steigern, damit sie in internationalen Turnieren antreten können.

 

Als mich die Journalisten fragten, worin denn nun der Unterschied zwischen Männer- und Frauenschach besteht, hatte ich die Gelegenheit, von ein paar meiner Erfahrungen zu berichten und zu schildern, wie die Vorsitzende der Kommission für Frauenschach und ehemalige Frauenweltmeisterin Susan Polgar dazu steht.

Meine wirkliche Bewährungsprobe kam am dritten Tag, als ich an 30 Brettern zum Simultan antrat. Ein paar meiner Gegner und Gegnerinnen waren noch sehr jung und hatten gerade erst spielen gelernt, andere waren schon recht gut und verfügten über eine Spielstärke zwischen 1900 und 2100 Elo.

Ich gab drei Remis ab, wobei mein Gegner in einer Partie freundlich genug war, mich für mein allzu optimistisches Vorgehen im Mittelspiel nicht zu bestrafen.

Teilnehmerinnen und Organisatoren des Simultans

Ein Besuch der Bothe-Universität, früher NIIT Universität (der Botswana-Zweig des NIIT, einem der Sponsoren Anands). 2009 unterstützte NIIT den Besuch von Viswanathan Anand in Botswana, um das Schach im College und in Botswana zu fördern. Die Universität verfügt über 19 Sportvereine, darunter auch einen Schachklub für Studenten.

2009 weihte der Ex-Weltmeister den Botho-Schachplatz mit einem riesigen Schachbrett ein. Die Studenten spielen gerne zwischendurch ein wenig Schach.

Wir haben das Brett auch einer kleinen Probe unterzogen und ein paar Züge mit Schuldirekter Ravi Srinivasan gespielt.

Ein Tag standen keine Termine auf dem Programm und ich beschloss, von Gaborone nach Kazane zu fliegen, um so in die Fußstapfen Judit Polgars zu treten, die ein paar Jahre zuvor in Botswana gewesen war, und in einem Interview mit Rádio Xadrez erklärt hatte, dass sie besonders von der Natur in Botswana beeindruckt gewesen war. Ich entschied mich für eine Bootssafari auf dem Chobe, denn dort sollte man besonders viele und unterschiedliche Tiere sehen können – die Vielfalt der Arten gilt als weltweit einzigartig. Da es drei Tage lang nicht geregnet hatte, kamen viele Tiere zum Fluss, um dort zu trinken und zu baden, wodurch ich ganz in die Nähe von Nilpferden, Krokodilen, Wasservögeln, aber auch Elefanten, Büffeln und Giraffen kam. Ein besonderes Naturerlebnis war auch die Begegnung mit einer riesigen Spinne (zumindest erschien sie mir so) in meinem Zimmer, was zu einer unvergesslichen und schlaflosen Nacht führte.

Bootssafari auf dem Chobe

Eine Affenmutter trägt ihr Junges

Der Anblick von Elefanten in der Wildnis ist atemberaubend

Sorglos baden sie im Fluß

Eine Elefantenmutter bringt ihr Junges zum Fluß

„Geo“ aus der Nähe

Die Tage in Botswana vergingen sehr rasch, aber von Beginn an hatte ich das Gefühl unter Freunden zu sein! Ich bedanke mich bei allen, denen ich während meiner Reise begegnet bin und ich hoffe, dass Botswana eines Tages über Schachspieler der Weltklasse verfügt, denn der Verband und die Schachliebhaber des Landes arbeiten hart, um nach Talenten zu suchen und sie so gut wie möglich zu unterstützen.

Fotos: Anastasiya Karlovich und Thuto Molebatsi

 

 

 

 


Anastasiya Karlovich, Frauen-Großmeisterin seit 2003, begann ihre journalistische Karriere als freie Mitarbeiterin unter anderem für die ChessBase- Nachrichtenseite. Seit 2006 arbeitet sie regelmäßig als Pressechef für die FIDE mit vielen offiziellen FIDE-Turnieren.

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