Deutsche Jugendmeisterschaften: Ein Zwischenbericht

von Bernd Rosen
09.06.2017 – Sieben Runden sind bisher bei den Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften in Willingen gespielt. In einigen Altersgruppen kristallisieren sich schon die möglichen Sieger heraus, andere Gruppen sind schwer umkämpft. Ein Zwischenbericht von Bernd Rosen mit spannenden Partiebeispielen.

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Zwischenbericht aus Willingen

Noch bis zum Samstag kämpfen Kinder und Jugendliche bei der DEM in Willingen um Titel und Platzierungen. In der U10 und U12 stehen noch 3 von 11 Runden aus, die Altersklassen ab U14 haben noch 2 von 9 Runden zu spielen. Zeit also für einen Zwischenbericht, um den Stand vor den letzten Runden zu betrachten. A-Trainer Bernd Rosen fasst die Situation nach der 8. bzw. 7. Runde zusammen:

U10

Jonas Rempe und Leonardo Costa gewannen ihre Partien und bleiben mit 7 aus 8 vorn. Im Verfolgerfeld der Spieler mit 6,5 Punkten überrascht der an Startrang 50 gesetzte Diyor Bakiev (Hessen), der heute mit dem Glück des Tüchtigen eine sehr schlecht stehende Partie gegen den 500 Punkte schwereren Robert Prieb noch aus dem Feuer riss (Diagramm 1).

26.Da7?

Mit diesem Zug verdirbt Robert die überlegen geführte Partie. 26.e5! gewinnt, weil die schwarze Dame das Feld d8 nicht unter Kontrolle halten kann: 26...Dg6 27.Td8+ Kh7 und nun noch das prophylaktische 28.h4, und Schwarz kann sich nicht rühren.

26...Lxd7 27.Dxb8+ Kh7 28.Dc7?

28.e5 Lf5 29.h4 war erforderlich. Weiß befindet sich bereits in der Verteidigung - vermutlich hat Robert dies im Eifer des Gefechts nicht realisiert, nachdem er die ganze Partie über am Drücker war.

28...Le6 29.Dxc6 Dxb2 30.Dxa6

30.h4 hilft schon nicht mehr. Nach 30...Dxa2 sind die schwarzen Bauern zu stark.

30...Db1+ 31.Lf1 Lc4 und Schwarz gewann.

Diyor Bakiev

U10w

Saskia Pohle baute ihren Vorsprung an der Tabellenspitze auf 1,5 Punkte aus. Heute überzeugte sie mit einem schön vorgetragenen Angriff bei ungleichfarbigen Läufern.

Saskia Pohle

U12

Das bleibt in diesem Jahr wohl die spannendste Altersklasse der DEM. Wer führt, verliert. Wer Meister werden will, sollte anstreben, vor der letzten Runde auf dem 2. Platz zu stehen analysierte ein intimer Kenner der Szene beim gestrigen Frühstück die Lage. Die Partie am Spitzenbrett endete gestern zwar Remis, aber nach Rundenschluss stehen vorne fünf (!) Spieler mit je 6 Punkten, gefolgt von drei Spielern mit einem halben Punkt Rückstand.

U12w

Hannah Oswald remisierte, so dass die Verfolgerinnen auf einen halben Punkt herankamen. Neben der Favoritin Antonia Ziegenfuß lauern Kristin Dietz und Elisa Reuter auf einen Ausrutscher von Hannah, die gegen alle Drei schon gespielt hat.

U14

Tragischer Held der 7. Runde ist Jakob Leon Pajeken: Obwohl ein Remis zur Verteidigung der Tabellenführung ausgereicht hätte, spielte er gegen Frederik Svane in einem Damenendspiel mit nur minimalem Vorteil auf den ganzen Punkt und irrte mit seinem König auf der Flucht vor dem Dauerschach so lange über das Brett, bis er in ein einzügiges Matt lief (Diagramm 2):

73...Kf5?? 74.De4#

Frederik führt nun zusammen mit Luca Suvorov die Tabelle an (5,5), dahinter folgen fünf Spieler mit 5 Punkten.

U14w

Melanie Müdder steht vor dem Titelgewinn: Sie gewann eine sehr wechselhafte Partie gegen Nina Rothenberg, während die Verfolgerinnen nur Remis spielten. Dadurch wuchs ihr Vorsprung auf 1,5 Punkte - diesen Vorteil wird sie kaum noch aus der Hand geben.

Melanie Müdder

U16

Die U16 ist nach der Niederlage von Valentin Buckels wieder offen: Alexander Rieß profitierte in ursprünglich leicht schlechterer Stellung von suboptimalen Abtauschoperationen Valentins, die ihm einen unvertreibbaren Zentralspringer auf d4 gegen den ¥g2 bescherten. Valentins Versuch, den Gaul mit f2-f4 zu entwurzeln und seinen Läufer zu aktivieren, führte zu einer letztlich verhängnisvollen Schwächung seiner Königsstellung. Eine strategisch sehr interessante und lehrreiche Partie, durch die Alexander in der Tabelle mit Valentin gleichzog (5,5 Punkte).

U16w

Lara Schulze und Leonore Poetsch gewannen ihre Partien auf recht unterschiedliche Weise: Lara eroberte schon im 9. Zug die Qualität, Leonore dagegen geriet gegen Rebecca Brownings Flügelgambit gehörig ins Schwitzen (Diagramm 3):

21.e6! Txe6 22.Taf1?

22.Txa6! war der richtige Weg. Danach hat Schwarz große Probleme, die Stellung zusammen zu halten.

22...Te7 23.Sb4 Dxc3 24.Txf7 Dxd4+ 25.Kh1 Kd7 26.Df5+

26.Dh3+ war das bessere Schach: 26...Kc7 27.Dg3+ Kb7 28.Dd6! mit komplizierter Stellung.

26...Kc7 27.Sxa6+?

Mit 27.Txf8 Txf8 28.Sxa6+ Kb7 29.Dxf8 konnte Weiß noch weiter kämpfen.

27...Kb7 28.Txf8 Kxa6 [Nun hat Schwarz eine Figur mehr - vielleicht hat Rebecca übersehen, dass der Th8 nun gedeckt ist!?

U18

Roven Vogel (Sachsen) hat mit 5,5 Punkten die Tabellenspitze übernommen! In einer hochklassigen Partie gegen Bardhyl Uksini schlug sein Angriff am Königsflügel durch - die in der offenen a-Linie trippelierten weißen Schwerfiguren richteten nicht schnell genug Schaden an. Leonid Sawlin musste sich gegen Thilo Ehmann nach einem wilden taktischen Schlagabtausch mit Remis begnügen.

Roven Vogel

U18w

Hier gab es zwei Kurzpartien an den ersten beiden Brettern (Diagramm 4):

20...Db2

Diesen Zug spielte Carolin Gatzke gegen Teodora Rogozenco mit 1:33 auf der Uhr noch immer á tempo. In einer Vorgängerpartie geschah 20...g6 mit späterem Remis.

21.Te5!

21.Td8? funktioniert wegen 21...Db6 nicht so gut.

21...Db6?

Jetzt ist das keine so gute Idee, weil die weiße Dame nicht aus der schwarzen Stellung verjagt werden kann. 21...g6 halten die Engines für ausreichend zum Ausgleich - aber natürlich muss Schwarz weiterhin höllisch aufpassen, dass der weiße Entwicklungsvorsprung nicht doch durchschlägt.

22.De7 h6?

22...g6 ist hier das bessere Luftloch, weil der weiße Läufer weißfeldrig ist.

23.Le4

Da ist der Feind schon!

23...f5 24.Lf3 Tf7

Auch nach 24...f4 25.g4 fällt es Schwarz schwer, einen Zug zu finden.

25.Td8+ Kh7 26.De8 1-0

(Diagramm 5)

Mit dem Minoritätsangriff b2-b4-b5 hatte Paula Wiesner ihrer Gegnerin Fiona Sieber nur in die Karten gespielt.

Es folgte 18...d4!

Der gut getimte Vorstoß des Bauern stellt Weiß vor unlösbare Probleme.

19.Dd3

Die Öfffnung der e-Linie mit 19.exd4 cxd4 erleichtert die weiße Stellung nicht.

19...dxc3 20.Lxc3 De4 21.Dxe4 Sxe4

Figur weg - Weiß bleibt nur die Aufgabe! 0-1

Fiona Sieber

ODJM A

Dem Tabellenführer Jari Reuker gelang es, gegen Ramil Sabirov ein Turmendspiel mit drei verbundenen Bauern gegen drei Einzelbauern zu gewinnen. Verfolger Jakob Hartmann nutzte die Abwesenheit der weißen Figuren vom Königsflügel zum Angriff an diesem Brettabschnitt, der durch ein schönes Läuferopfer auf h2 eingeleitet wurde. Diese beiden liegen also weiter mit 6,5 bzw. 6 Punkten in Front.

ODJM B

Sönke Leßmann verteidigte durch ein Remis gegen Zheheng Ding die Tabellenspitze mit nunmehr 6 Punkten. Auf den Plätzen lauern Maximilian Thorz, Zheheng Ding und Jakob Rautenberg (alle 5,5) auf einen Ausrutscher.


Bernd Rosen ist Schachtrainer und Autor mehrer Schachlehrbücher.

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