Elisabeth Pähtz als Thüringer Orakel

von ChessBase
10.01.2013 – Zum Jahreswechsel bat die „Thüringer Allgemeine“ fünf namhafte Thüringer aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Sport zum Weimarer Orakel ins Kaminzimmer des altehrwürdigen Stadtschlosses. Neben dem Politologen Torsten Oppelland, dem Chef der Weimarer Klassik-Stiftung, Hellmut Seemann, MP3-Erfinder Professor Karlheinz Brandenburg und Sparkassen-Chef Dieter Bauhaus gehörte Elisabeth Pähtz zu der Runde. Gemeinsam warfen die fünf einen Blick auf die Höhepunkte des bevorstehenden Jahres, wagten Prognosen und nannten persönliche Ziele. Axel Eger hat die Vorhersagen der Erfurter Großmeisterin, die sich auf den Sport im Allgemeinen und das Schach im Besonderen bezogen, notiert. Thüringer Allgemeine...Zur Vorhersage...

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„Sebastian Vettel wird wieder Weltmeister"
Aufgezeichnet von Axel Eger



DAS JAHR
Im persönlichen Leben denke ich eigentlich gar nicht groß voraus. Da lasse ich alles auf mich zukommen. Das entspricht ein bisschen meinem Schachstil - lieber taktisch als strategisch. Sportlich habe ich bis März geplant. Ende Januar spiele ich bei einem Open in Gibraltar und danach bei einem Turnier in Indien. Dazu kommen vielleicht die griechische Liga im Sommer und die Einzel-Europameisterschaften im Juni in Belgrad.



Den Großmeistertitel der Männer zu schaffen, ist ein Ziel. Das Turnier in Gibraltar bietet eine gute Chance, die zweite Norm zu erfüllen. Aber wichtiger wäre es mir, unter die Top Ten in der Weltrangliste zu kommen. Derzeit bin ich Nummer 22. Heutzutage wird man eher nach dem Weltranglistenplatz eingeladen als nach einem Titel. Rein statistisch hätte ich sicherlich eine bessere Chance auf einen Weltmeister-Titel als unsere Nr. 1 bei den Männern, Arkadij Naiditsch.


Arkadij Naiditsch

Der Weg zum Thron ist dort ungleich schwerer. Anna Ushenina, jüngst überraschend Weltmeisterin geworden, liegt ja in der Weltrangliste noch hinter mir. Aber das ist alles Spekulation. Glück gehört auch immer dazu. In absehbarer Zeit wird es im Erwachsenenbereich jedenfalls keinen Weltmeister aus Deutschland geben.

Führende Schachnation bleibt sicher Russland. Bei den Frauen ist China jedoch insgesamt stärker und wird wohl demnächst vorbeiziehen. In diesem Jahr noch nicht, aber bald.

LEISTUNGSSPORT
Dem Fußball wird‘s auch in diesem Jahr sehr gut gehen, den Tennisspielern wohl auch immer noch. Bei einem, der Volleyball spielt oder Basketball - wenn er nicht gerade Nowitzki heißt - sieht das schon anders aus. Es kommt auch künftig auf die Sportart an und darauf, ob man Leistungssport als Hobby betreibt oder wirklich als Beruf. Sportarten, die im Blickpunkt des Fernsehens stehen, bekommen halt mehr vom Kuchen ab.

DOPING
Es wird leider auch 2013 wieder genügend Fälle geben, dafür sind offenbar die Verlockungen zu hoch und die Hemmschwellen einiger Sportler zu niedrig. Schach wird mit elektronischem Doping - also Betrügereien mit Computerprogrammen auf dem Handy - stärker in die Schlagzeilen rücken. Ich denke aber, mit der Verschärfung einiger Regeln kann man das wirkungsvoll unterbinden. Das kostet freilich - man bräuchte eine Art Flughafenschleuse, um mit einem 'Piep" mutmaßliche Betrüger zu entlarven. Eine andere Möglichkeit wäre es, dem Schiedsrichter Kontrollen zu erlauben. Wer ein Handy dabei hat, hat die Partie verloren. Aber was wäre in diesem Fall mit jemandem, der unterm Haar versteckt einen Knopf im Ohr trägt? Allerdings habe ich im Frauenschach noch nie etwas von Betrugsversuchen gehört. Es scheint dann doch eine Männerdomäne zu sein . . .

SCHACH BEI OLYMPIA
Ich weiß nicht, ob das sein muss. Schach ist deutlich attraktiver geworden - gerade auch für Frauen. Es gibt mehr Turniere, das zweite Großmeisterturnier, das jetzt Ende Dezember in Erfurt stattfand, ist auch ein Beleg. Deshalb ist es für die Profis wohl nicht so wichtig, ob es nun olympisch wird oder nicht. Natürlich hätte man als olympische Sportart den Vorteil, dass man mehr Förderung bekäme. Ich habe einst für meinen WM-Titel einen Gutschein für eine Fahrschule von 500 Euro bekommen. In anderen Ländern ist für Schach mehr da: Die Inderin Koneru etwa, die vier Jahre vor mir Junioren-Weltmeisterin wurde, hat ein Haus und 50 000 Euro von ihrem Bundesstaat bekommen.



TRAINERJOB
Ich habe fast ein Jahr lang in der Türkei als Trainerin der B-Nationalmannschaft der Frauen gearbeitet. Das ist eine Option für die Zukunft. Gut möglich, dass ich in diesem Jahr wieder in irgendwelchen Ländern Lehrgänge gebe. Befristet allerdings, vielleicht zwei, drei Mal. Das wird wohl auch das sein, was ich in naher Zukunft beruflich mache. Allerdings nicht in Deutschland, weil es hier ein solches Konzept für Mädchen und Frauen nicht gibt. In arabischen Ländern, den Emiraten etwa, werden Train-rinnen gesucht, weil Männer nicht mit Frauen arbeiten dürfen. In drei, vier, fünf Jahren könnte ich mir vorstellen, so eine Aufgabe langfristig zu übernehmen und dann auch in einem solchen Land für eine bestimmte Zeit zu leben.


Elisabeth Pähtz im Trikot einer türkischen Mannschaft

SPONSOREN
Die Türken haben mit der Isbank einen Sponsor, der hat einen Millionenbetrag investiert. Schach wurde Unterrichtsfach, da ist die Türkei inzwischen eines der Vorzeigeländer. Und das zahlt sich im Nachwuchsbereich aus. Die andere Seite ist die, wie sich ein Verband aufstellt. Gibt es einen Präsidenten, der das alleinige Sagen hat, so wie es dort der Fall ist?

Ich habe das Gefühl, in Deutschland wird vieles oft zerredet. Manchmal braucht es diese klare Entscheidungsgewalt. Aber wir haben auch in Deutschland durchaus Potenzial - wenn es Leute gibt, die sich engagieren. Da gab es zwei wunderbare Schach-Events im Potsdamer Kaiserbahnhof. Da steckt der Finanzvorstand der Deutschen Bahn, Dr. Richard Lutz, dahinter. Der war früher selbst ein passabler Schachspieler. Und das Erfurter Frauenturnier haben wir vor allem dem Engagement des Thüringer Justizministers Holger Poppenhäger (SPD) zu verdanken.

FORMEL 1
Ich traue Sebastian Vettel zu, auch in diesem Jahr den Titel zu holen. Obwohl mich die Formel 1 nicht unbedingt interessiert. Das ist ja ein Sport, bei dem alles wunderbar ist, solange es gut geht. Wenn nicht . . .

FUSSBALL
Was die Bayern angeht, schließe ich mich der landläufigen These an: Die sind in der Bundesliga nicht mehr einzuholen. Rot-Weiß wird die 3. Liga halten, das neue Stadion wird dafür wohl noch seine Zeit brauchen. Bei Jenas Wiederaufstieg bin ich mir nicht so ganz sicher. Dafür aber, dass eine deutsche Mannschaft die Champions League gewinnt. Schließlich sind noch drei dabei. Weil die Bayern national vorn sind, setze ich international auf Dortmund.

LEICHTATHLETIK
Ich mag die Leichtathletik. Deshalb werde ich auch die Weltmeisterschaften im August in Moskau verfolgen - mal sehen, vielleicht sogar vor Ort, wenn es in meinen Zeitplan passt. Ein paar Medaillen wird Deutschland bestimmt holen. Das Schöne bei der Leichtathletik ist, dass man immer sieht, wer führt. Und es geht schnell. Die springen, dann ist das in zwei Sekunden vorbei, die laufen, dann ist es in zehn Sekunden oder zehn Minuten vorbei. Das gefällt mir.

LAUFEN
Vor ein paar Jahren habe ich mit dem Laufen als Ausgleich zum Schach begonnen. Ich finde es beachtlich, was da für den Volksläufer auch in diesem Jahr landauf, landab für Wettkämpfe auf die Beine gestellt werden. Ob ich selbst mal bei einem solchen Lauf, eventuell sogar dem Rennsteiglauf-Halbmarathon dabei bin? Oh, ich glaube, da müsste ich erst wieder intensiver üben.


Vlastimil Hort, Elisabeth Pähtz, Nigel Short


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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