Erfolgreiche Reise nach Budapest

von ChessBase
25.09.2003 – Budapest ist eine der schönsten Städte Europas. Dort veranstaltete die deutsche Computerfirma transtec auf Initiative von Matias Rajkay einen Wettkampf zwischen dem von einem transtec-Dual 2x3Ghz Xeon angetriebenen Shredder und dem jungen ungarischen Großmeister Peter Ács (sprich "Atsch"). Wenn man als Programmierer in einer atemberaubenden Stadt zwei Punkte und viele Freunde gewinnt und außerdem kein Auto verliert, weil man diesmal gar keins dabei hat, kann man eigentlich nur rundherum zufrieden sein. Stefan Meyer-Kahlen ist es. Hier sein Bericht: Bericht und Fotos aus Budapest...

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Reise nach Budapest
Von Stefan Meyer-Kahlen

Wettkämpfe Mensch gegen Maschine sind zur Zeit sehr beliebt und interessant, deshalb war ich auch sehr erfreut, eine Einladung der Firma transtec zu bekommen, mit Shredder einen Wettkampf über zwei Schnellschachpartien gegen den Peter Acs zu spielen, den viertbesten Spieler aus Ungarn. Mit transtec arbeite ich schon länger zusammen. Seit 1999 unterstützt mich transtec regelmäßig bei wichtigen Computerschachturnieren mit spezieller Hardware. Unsere Zusammenarbeit war bisher sehr erfolgreich, Shredder hat auf transtec-Hardware vier seiner fünf Computerschachweltmeistertitel gewonnen. Neben guten Platzierungen in allen bedeutenden Computerschachturnieren haben wir auch dreimal zusammen das jährlich stattfindende Internationale Paderborner Computerschachturnier gewonnnen. Aber auch in Wettkämpfen Mensch gegen Maschine haben wir schon gemeinsame Erfahrungen gesammelt. Hier gelang uns bereits 1999 ein Remis in einer Turnierpartie gegen Anatoly Karpov auf einem handelsüblichen PC.

Transtec will nun auch den Markt in Ungarn erobern und hat sich dazu zu einer Kooperation mit der Budapester IT-Firma flag entschlossen. Im Rahmen der Präsentation dieser Zusammenarbeit sollte auch der Wettkampf gegen Peter Acs in Budapest stattfinden.

Als ich den Austragungsort Budapest hörte, musste ich aber erstmal schlucken und tief durchatmen. Mein letzter Besuch in Budapest liegt mittlerweile nun schon neun Jahre zurück, wird mir aber wohl immer unvergessen bleiben. Damals wurde mir dort nämlich mein Auto geklaut, was unendlich lange und stressige Diskussionen und ellenlange Aussagen mit den ungarischen Behörden zur Folge hatte. Natürlich auf Ungarisch, am Ende fairerweise dann sogar mit einem Dolmetscher. Unnötig zu erwähnen, dass das Spiel zurück in Deutschland dann genauso weiter ging. Es ist anscheinend wirklich schwer zu vermitteln, dass man ein Auto nur in eine Richtung durch denn Zoll bringt, und dann ohne wieder zurück will. Meine Versicherung fand die ganze Geschichte natürlich auch nicht so toll. Ich war also vorgewarnt, doch diesmal konnte so was nicht passieren: Ich sollte nämlich fliegen.

Wie erwartet verlief der Flug ohne Probleme, der Weg vom Flughafen in die Innenstadt brachte dann aber schon die ersten Überraschungen: Offensichtlich hatte sich Budapest seit meinem letzten Besuch sehr verändert. Es wird wohl immer mehr zu einer typischen europäischen Großstadt, McDonalds und Burgerking an jeder Ecke, riesige Plakatwerbung für Nokia und Siemens und Wegweiser zum nächsten Mediamarkt und IKEA. Auch das Büro der Firma flag, wo ich Shredder auf dem Wettkampfrechner installieren sollte, könnte auch überall sein. Das typische IT-Büro eben, überall Computerteile und Speisekarten von diversen Pizzabringdiensten an der Wand. Der Rechner war erste Sahne: Ein Dual 3.06 GHz Intel P4-Xeon mit 2 GB RAM, einem großen Festplatten RAID und eine dreifach abgesicherte Stromversorgung mit drei Netzteilen und drei dazugehörigen Stromkabeln. Die haben allerdings auch alle nichts geholfen, als ich beim Installieren aus Versehen mit dem Fuß auf den Netzschalter der Mehrfachsteckdose gekommen bin, in der sinnvollerweise alle drei Stromkabel steckten.



Die Partien sollten erst am nächsten Tag stattfinden, so dass noch genügend Zeit bliebt, das Nachtleben von Budapest zu erkunden. Unsere Gastgeber von flag zeigten hier ein gutes Gespür für die Wünsche ihrer Gäste und führten uns in einen Schuppen mit exzellentem ungarischen Essen und Trinken sowie Livemusik nach dem Essen, welche dann zwar eine Konversation erschwerte, der guten Stimmung aber keinen Abbruch tat.





Am nächsten Tag gab es dann kurz vor der Partie doch noch ein Problem. Wir wollten die Partien eigentlich auf dem ChessBase-Server live übertragen. Dazu brauchten wir vor Ort lediglich eine Internetanbindung, die uns vom Hotel Novotel in Budapest, in dessen Räumen die Veranstaltung stattfand, schon lange vorher zugesagt worden ist. Kurz vor Beginn gab es dann wohl doch vom IT-Leiter des Hotels irgendwelche Sicherheitsbedenken. Wo genau das Problem lag, ist mir bis heute nicht klar, vielleicht hatten sie Angst, dass wir zusammen mit den Schachzügen geheime Informationen aus dem Hotel transferieren könnten. Das Problem war aber wohl sehr ernst für sie, denn trotz guter Verbindungen von flag in der Accor-Hotelgruppe kam dann schließlich das endgültige Nein aus der IT-Zentrale von Accor aus Paris.



Peter Acs war sehr früh da, und da der Rechner auch schon lief, bot ich ihm an, ein paar Blitzpartien gegen Shredder zu spielen. So konnte er zwar evtl. etwaige Schwächen im Programm ausloten, jedoch war die Atmosphäre sehr freundschaftlich und entspannt, so dass mir nicht nach großer Geheimnistuerei war. Außerdem wollte ich auch zu gerne wissen, wie Shredder sich denn so schlägt. Nun, Shredder schlägt wohl sehr gut, vor allem mit dem großen Holzhammer. Ich weiß natürlich über die aktuelle Stärke von Shredder auf guter Hardware gegen Menschen Bescheid, dass es aber im 5-Minutenblitzschach so düster für die Menschen aussieht, hat mich doch etwas überrascht.


Acs und Kallai im Blitz

Mit großem Spaß und vielen Sprüchen auf Ungarisch hat sich der anwesende ungarische GM Gabor Kallai die ganze Sache angeschaut und wollte dann auch mal sein Glück versuchen. So richtig erfolgreich war er dabei allerdings auch nicht.



Im Rahmen der transtec und flag Präsentation wurden dann die beiden offiziellen Partien Shredder gegen Peter Acs gespielt. Die erste mit einer Bedenkzeit von 25 Minuten pro Partie, die zweite dann mit 30 Minuten pro Partie und Spieler. Peter hatte in der ersten Partie Weiß und wählte dann auch eine Eröffnung, die er schon in den vorherigen Blitzpartien ausprobiert hatte und von der er sich am meisten gegen Shredder versprochen hatte. Er konnte die Stellung sehr lange geschlossen halten und eine Zeit lang sah es so aus, dass er einen gefährlichen Angriff gegen Shredders König starten könnte. Shredder spielte dann 22..h5 und mir wurde etwas mulmig, da dieser Zug nach meinem Schachverständnis sehr ungewöhnlich und zu optimistisch aussah. Shredder spielt jedoch um Klassen besser als ich und auch nach Aussage von Peter nach der Partie ist der Zug wohl gut. Es wird für mich immer schwerer zu folgen, was auf dem Brett vor mir passiert. Kurz danach wurde es dann schnell sehr taktisch, was die Sache für den Menschen nicht gerade einfach macht, so dass Shredder eine schöne erste Partie für sich entscheiden konnte. Zwischenzeitlich lief er dabei mit seinem König mitten auf dem Brett umgeben von gegnerischen Figuren seelenruhig umher. Das hätte wohl kein Mensch riskiert, anscheinend war es aber wohl ok und Shredder behielt alles im Griff.

In der zweiten Partie wurden dann schnell die Damen getauscht, was nach einhelliger Meinung von Vorteil für den Mensch ist, und wir landeten in einem Endspiel mit leichten Vorteilen für Weiß. Peter sagte mir nach der Partie, dass er sich sehr sicher fühlte und nicht glaubte, die Partie noch zu verlieren. Doch auch hier spielte Shredder sehr gut und gewann zunächst einen Bauern und schließlich auch die ganze Partie. Weiter unten sind die Partien mit den Bedenkzeiten für jeden Zug sowie der Bewertung und Rechentiefe von Shredder während der Partie.

Mit beiden Partien und auch dem gesamten Wettkampf, der in sehr freundschaftlicher Atmosphäre stattfand, war ich natürlich sehr zufrieden. Er war ein weiterer Mosaikstein in der Beantwortung der brennenden Frage, wie gut Schachprogramme heute Schach spielen können. Auch für transtec und flag war die Veranstaltung ein voller Erfolg, so dass alle Beteiligten sehr zufrieden waren. Mein Bild von Budapest hat sich natürlich deutlich verbessert, nach neun Jahren kann ich nun endlich sagen, dass ich mich schon auf meinen nächsten Besuch in der ungarischen Hauptstadt freue.

Fotos: Stefan Meyer-Kahlen, Matias Rajkay



 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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