3. Pivdenny Bank Chess
Cup in Odessa
Von Misha Savinov
Pivdenny Bank Chess Cup, Odessa: Alle Partien...
Sommer in Odessa
Die Oper, gleich neben dem Turnier
Das Londonskaya Hotel
Der stilvolle Turniersaal
Nach dem zweiten Tag des 3. Pivdenny Bank Chess Cups hatten zwei "chuks" die
Tabelle angeführt. Alexander Grischuk gewann am ersten Tag alle Partien.
Alexander Grischuk
Ivanchuk gelang das gleiche Kunststück am zweiten Tag.
Vassily Ivanchuk
Ein gewisser Zufall bei
Schnellschachtunieren sorgt dafür das die zugelosten Gegner des Tages entweder
in schlechtere oder besserer Form sind. So hatte Smirin zum Beispiel am ersten
Tag "die lange Rochade" hingelegt, schlug am nächsten Tag aber Grischuk, und
brachte Gelfand in Bedrängnis. Tukmakov hingegen erwischte einen schlechten Tag
und spielte 0,5:2,5.
Viele hochklassige Partien gab es zu sehen. Die Spieler sind entspannt und
scheuen nicht die wildesten Verwicklungen. Die Geldpreise liegen nicht weit
auseinander (außer für die letzten drei Plätze), was den Mut der Spieler
fördert. In dieser Hinsicht bedaure ich das Format, denn beim K.o.-Turnier
könnte man den die Partien viel intensiver verfolgen, wenn jeweils nur eine zur
gleichen Zeit ausgetragen würde, so wie beim ACP World Cup im Januar am gleichen
Ort. Die Zuschauer vermissen außerdem die großartigen Kommentare von Kortchnoi
und Beim.
Für Viktor L’vovich läuft es
nicht so gut, aber er hat eine Erklärung.
"Normalerweise muss ich mich nur auf
eine Partie vorbereiten, hier aber auf drei pro Tag. Wenn die Partien beginnen,
habe ich schon Kopfschmerzen." Doch sein taktischer Blick ist immer noch wscharf. So bedrängte er Tukmakov mit dem überraschenden Schlag
19.Lg6!! am ersten Tag.
Etienne Bacrot bewahrte sich trotz
schlechter Ergebnisse Galgenhumor.
Bacrot und Gelfand
"Immerhin erreiche ich gute Positionen. Ich
kann sie nur nicht zum Punkt konvertieren," kommentierte der Franzose den
zweiten Tag.
Tukmakov erlitt am zweiten Tag einen psychologischen
Rückschlag, als er eine gewonnene Partie gegen Shirov noch verlor. Gegen
Radjabov ließ er sich einen ganzen Turm in der Brettmitte einfangen und musste
nach 21 Zügen aufgeben.
Ein andere Spieler aus Odessa, Yury
Drozdovskij, nutzte die Gunst der Stunde und schlug Tukmakov ebenfalls.
Der "Elo-Underdog" liegt nun zusammen mit Gelfand im Mittelfeld - nicht
schlecht.
Odessa Derby
Boris Gelfand ist müde nach seinem Schach-Marathon
Elista-Dormund-Odessa, aber er bleibt seinem Stil treu und liefert interessante
Partien, immer auf der Suche nach der Wahrheit. Man sehe zum Beispiel seine Partie
gegen Radjabov. Er hatte eine völlig verlorene Stellung gegen Smirin, stiftete
Verwirrung und seinem Landsmann entglitt der Sieg.
Und los geht's...
Übrigens: Die erste Partie
zwischen den beiden wurde schon 1979 gespielt und Gelfand gewann damals.
Radjabov und Shirov liegen einen Punkt hinter den
Führenden, aber ich bin sicher, dass sie es noch schaffen könne, an die Spitze
zu kommen. Radjabov ist im Moment etwas weniger auf Schach fixiert.
Er lehnte
die Einladung zum Aerosvit-Turnier ab, weil er in Projekte der UNICEF
eingebunden ist.
Allerdings lässt er sich keine Chance entgehen, wie wir schon
in seiner Partie gegen Tukmakov gesehen haben.
Alexei Shirov spielt im Ruhemodus, vielleicht genau das richtige für den
Feuerwerker aus Riga.
Sein Sieg gegen Smirin ist ein Beispiel für Shirovs Gespür
für langfristige Kompensation. Manchmal typisch für Alexei verwandelte er auch
hier eine ausgezeichnete Stellung gegen Grischuk in eine Niederlage.
Vassily Ivanchuk
begann den
zweiten Tag mit 1.5/3 und Schwarz gegen Radjabov.
Schlüsselpartie des zweiten Tages
Wer
hätte auf Benoni gewettet? Offenbar fühlte sich Chuky verpflichtet, auf Sieg zu
spielen und erreichte dies auch, was ihm viel Schub für den ganzen Tag lieferte.
Ivanchuk ist von allen Spielern hier der eifrigste. Nach jeder Runde schaut er
sich die Partien der anderen an.
"Ich schaue nicht nur nach den Eröffnungen",
antwortete er, als er daruf angsprochen wurde.
Alex Grischuk erfährt viel Unterstützung von seiner Frau
Natalia Zhukova und seiner Tochter Masha, die jeden Tag in das
Londonskaya Hotel kommen.
Alexander konnte den Speed des ersten Tages nicht halten. Gestoppt wurde er von
Kortschnoj, der ihm einen halben Punkt abnahm und dann von Smirin, der den
ganzen Punkt einkassierte. Immerhin konnte Grischuk gegen Shirov gewinnen.
Vor dem dritten Tag konnten noch vier Spieler auf den
Turniersieg hoffen. Im Falle von Gleichstand war ein Blitz-Stichkampf
vorgesehen.
Wie erwartet setzten die beiden "chuks" dann
am dritten Tag ihren Wettstreit um den Turniersieg fort. In der 7. Runde
schlugen sie Smirin bzw. Tukmakov.
In der achten Runde wurde Grischuk von einem
sehr guten vorbereiteten
Drozdovskij aufgehalten - remis. Auch
Ivanchuk, der dem Druck von Shirov standhielt remisierte. So entschied alles
erst in der letzten Runde, wo Ivanchuks Chancen leicht besser waren, denn er
spielte gegen Tukmakov, während Grischuk es mit dem gefährlichen Radjabov zu tun
hatte, der noch den dritten Platz erreichen konnte.
Die letzte Runde brachte
dann nicht allzu viele Überraschungen. Ivanchuk überspielte Tukmakov und
Grischuk erarbeitete sich Vorteil gegen Radjabov. Diesen verwandelte er in eine
Endspiel mit drei gegen zwei Bauern am Königsflügel. Er tauschte ein paar Steine
um mit Springer gegen Läufer übrig zu bleiben. Doch Radjabov verteidigte sich
ruhig und hielt die Stellung. Im 82sten Zug endete die Partie remis. Damit war
Ivanchuk Erster, Grischuk Zweiter und Radjabov Dritter wegen der besseren
Sonderwertung gegenüber Shirov.
Sieger und Dritter
Pressekonferenz im Atrium
Die Organisatorinnen der Pivdenny Bank
Der arme Vladimir Tukmakov
schaffte nicht ein Remis in den letzten beiden Tagen. Außer Müdigkeit kann es
kaum eine andere Erklärung geben. Er hatte einen guten ersten Tag und einige
viel versprechende Positionen danach, aber...
Ilya Smirin
teilte den 9ten und 10ten Rang mit
Tukmakov. Sein Sieg über Grischuk blieb sein einziger ganzer Punktgewinn. Die
war allerdings eine entscheidende Partie für den Turniersieg. Ivanchuk muss sich
beim israelischen Großmeister bedanken.
Viktor Korchnoi
beendete
Das Turnier auf Platz acht. Er entkam dem letzten Platz mit einer teuflischen
Falle in seiner Schlussrundenpartie gegen Smirin, der nach 25. Sc1!! sofort
aufgab.
Die war der einzige Sieg
Korchnois in Odessa. In diesem Jahr. Wer weiß, ob
Viktor L’vovich
nicht im nächsten Jahr besser sein wird!
Bacrot machte drei Remis am
dritten Tag, spielte solide und erreichte so den 7ten Platz. Ettiene muss froh
sein, dass das Turnier nicht gewertet wird.Bis zu letzten Runde war der Franzose
übrigens der Einzige, der Lokalmatador
Drozdovskij
schlagen konnte.
Yury
Drozdovskij wurde Sechster.
Sein früherer Trainer, der
alle Partien im Presseraum beobachtete, vergleicht seinen Stil mit dem
Petrosians. Der Ukrainer liebt ebenfalls ausgefeilte Manöver mit strategischen
Ideen. Mit 1,5 aus 3 erzielte er das beste Ergebnis gegen die dreiPreisträger.
Der fünfte Platz von Boris
Gelfand ist vielleicht das beste, was man nach einem solchen Schachmarathon
bekommen kann. Er hätte mehr punkte machen können, wenn er seine Partien weniger
ehrgeizig angelegt hätte. Als Zuschauer bin ich ihm dankbare, dass er daran noch
nicht einmal im Traum gedacht hat. alle seine Niederlagen waren spektakulär.
Alexei Shirov teilte den
dritten Platz mit Radjabov, wegen der schlechteren Sonderwertung wurde er
Vierter. Seinen Sieg über Gelfand wird man sich lange merken.
Es gab eine studienartigen
Gewinnidee - Schwarz gibt seine Dame und setzt mit dem Läufer matt -, die auch
nur im Problemschach funktioniert und niemals in der Praxis: Doch Shirov
marschierte mit 38...Kg6!! (es droht 41...Df4) genau in dieser Richtung. Im 41.
Zug gab es eine interessante Idee für Weiß. Nach 41.Txc5 (statt wie gespielt
41.Tf5 wonach Df4!! folgte), gefolgt von 42. De5!!? würde das Nehmen der Dame
zum Patt führen. Schwarz muss den Bauern auf g5 schlagen und eine Serie von
Damenschachs zulassen. Vielleicht kann der schwarze König entkommen, vielleicht
nicht, wer weiß?
Teimour
Radjabov’s Vorstellung war etwas
unausgewogen. "Ich sollte vielleicht mehr wie Kramnik spielen", meinte er auf
der Pressekonferenz, "solide und sicher, wenn ich mich in einer schlechten
Stellung befinde." Ein dritter Platz ist allerdings kein schlechtes Ergebnis
Alexander Grischuk war mit seinem zweiten
Platz nicht zufrieden, aber angesichts des 7 aus 8 Ergebnis von Ivanchuk gegen
alle anderen Spieler außer Grischuk war mehr nicht drin.
Grischuk mit Tochter Masha
Für Ivanchuk war es sogar
der zweite Sieg in einem großen Turnier in Folge. Es
ist schade, dass er sich nicht für die WM qualifiziert hat. Sein nächstes
Turnier ist Montreal. Gibt es einen Hattrick.