Karjakin: "Ich brauche ein Superteam"

von ChessBase
12.04.2016 – In einem Interview mit dem russischen Sport-Express erklärt Sergey Karjakin, warum er das Norway Chess-Turnier in Stavanger abgesagt hat und wie er sich auf seinen WM-Kampf gegen Magnus Carlsen, vor dem er großen Respekt hat, vorbereiten will. Zur Zeit ist der WM-Herausforderer allerdings noch damit beschäftigt, etwas für die Popularisierung des Schachs zu tun. Mehr...

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Sergey Karjakin: "Um Carlsen zu besiegen, braucht man ein Superteam."

Der russische Großmeister Sergey Karjakin hat beim Kandidatenturnier einen souveränen Sieg errungen und ist zurzeit ständig im Fernsehen und in jeder Zeitung zu sehen. Abgesehen vom aktuellen Erfolg ist aber schon jetzt Zeit, daran zu denken, wie die verbleibende Zeit eingeteilt werden soll, um das Match mit Magnus Carlsen um die Weltmeisterschaft im November effektiv vorzubereiten. Wie man den starken und gefürchteten Norweger besiegen kann, hat Karjakin der Zeitung „Sport Express“ erzählt.

Wir brauchen Unterstützung von allen Seiten

Haben Sie Ihren Trainingsplan für die nächste Zeit schon aufgestellt?

Ja, ich habe schon jetzt einen Plan bis zum 10. November aufgestellt (dem Tag des Matchbeginns – Anm. der Red.). Jetzt, wo es die Möglichkeit gibt, Werbung für das Schachspiel zu machen, tue ich trotz großer Müdigkeit nach dem Kandidatenturnier noch etwas für unsere Sportart. Ich bin davon überzeugt, dass wir dank meines Sieges und des bevorstehenden Duells mit Carlsen das Schachspiel Schach wieder so populär wie, sagen wir mal, 1972 machen können, als Spasski und Fischer um die Krone gekämpft haben und tatsächlich die ganze Welt ihren Wettkampf verfolgt hat.

In Ihrem Stab gibt es jetzt drei Trainer: Vladimir Potkin, Yury Dokhoian und Alexander Motylev. Wollen sie noch andere zur Vorbereitung des Matchs hinzuziehen?

Diese drei Lehrer sind das Gerüst meiner Mannschaft. Es sind ausgezeichnete Spezialisten und ihr Beitrag an meinem Sieg beim Kandidatenturnier ist riesengroß. Aber um Carlsen zu besiegen, braucht man ein Superkollektiv.

Was ist darunter zu verstehen und wie viel könnte das kosten?

Wie teuer das ist, sollte man Carlsen fragen. Magnus wird großartig unterstützt. Ich kann keine Namen nennen, aber da gibt es ein paar sehr bekannte und erstklassige Großmeister, die zu seinem inoffiziellen Stab gehören. Wenn Magnus isst, schläft oder Fußball spielt, arbeiten kluge Köpfe für ihn und spielen ihm neue Ideen zu. Carlsen bekommt alles auf den Rechner. Jeden Tag erhält er neue Varianten, von denen er auswählt, was ihm zusagt. Außerdem hat er persönliche Sporttrainer, Masseure, Ärzte und Leute, die sich professionell um die Medienarbeit kümmern. Dann gibt es noch seinen supermodernen leistungsstarken Computer, ohne den nichts läuft. Magnus kann an jedem beliebigen Ort der Welt ein Trainingslager organisieren. Das alles zusammen kostet Millionen von Euros. Der Norweger kann es sich erlauben, weil er vom Staat und ungefähr zehn persönlichen Sponsoren unterstützt wird.

Wie sieht es bei Ihnen aus?

Der Sportminister Vitaly Mutko hat uns gleich nach dem Sieg empfangen, wofür ich ihm persönlich danken möchte, und versprochen uns zu helfen. Ich führe gerade Verhandlungen über die Verlängerung der Verträge mit meinen persönlichen Sponsoren – den Gesellschaften Alpari und Morton (ihnen ein großes Dankeschön für ihre Unterstützung des Schachs). Mein Manager ist mit potentiellen anderen Sponsoren im Gespräch. Ich bin sicher, dass ein solches Ereignis, wie das Match um die Weltmeisterschaft, Leute aus dem Business interessiert. Und wenn ich diese Supermannschaft habe, kann ich den Weltmeister ins Visier nehmen.

Ich war vom Phantom der Oper begeistert

Was haben Sie diese Tage Interessantes erlebt?

Am 1. April habe ich an einer witzigen Weltmeisterschaft für Räuberschach teilgenommen. Es war eine sehr gelungene Veranstaltung im "Zentralen Haus der Literaten". Ich hatte das in meiner Kindheit zum letzten Mal gespielt und wusste, dass es kompliziert ist, es gibt da eine Menge Bücher drüber. Im ZHL traten einige Spieler gegen mich an, die schon seit ein paar Jahrzehnten Räuberschach spielen. Dennoch konnte ich sie im Turnier besiegen, nachdem ich mich mit den Regeln beschäftigt hatte.  Übrigens habe ich dort den ehemaligen Fußballspieler von Dynamo Moskau, Pavel Ivanov, kennengelernt, der heute Geschäftsmann ist. Er hat mich zum Musical „Das Phantom der Oper“ eingeladen. Seine Frau Tamara Kotov hat dort die Hauptrolle.

Haben sie Zeit gefunden hinzugehen?

Ich konnte nicht gut ablehnen, und habe es auch nicht bedauert hinzugehen, ganz im Gegenteil. Es war eine tolle Show im "Palast der Jugend", die Dekoration und die Kostüme waren großartig, die Stimmen zauberhaft. Nach dem Musical hat Pavel uns zum Essen eingeladen. Später sind dann die Stars der Vorstellung dazugekommen, seine Frau Tamara und Ekaterina Lyochina. Wir haben uns großartig unterhalten und wollen uns, wenn es geht, häufiger treffen. Ich freue mich darüber, dass ich neue Fans gewonnen habe, feine Menschen in jeder Hinsicht, und dazu noch so berühmt.

Und was haben sie in nächster Zeit vor?

Morgen fahre ich in die juristische Fakultät der Moskauer Staatlichen Universität. Ich halte einen Vortrag und werde im Schachclub vorbeischauen. Dort warten einige treue Fans auf mich. Zu den leidenschaftlichsten gehört der Präsident des Clubs Alexander Korneyev. Er hat während des Titelanwärterturniers begeistert mitgefiebert, ich muss ihn also unbedingt besuchen.

Haben Sie keine Angst, dass solche Veranstaltungen Sie vom Schachspiel ablenken?

Ich sagte schon, dass in meinem Kalender jeder Tag genau geplant ist. Zurzeit arbeite ich ein paar Stunden alleine zu Hause. Solange noch etwas Zeit dafür ist, versuche ich etwas für die Popularisierung des Schachspiels zu tun. Anschließend fahre ich mit meiner Frau Galiya für ein paar Wochen zur Erholung ans Meer. Ja, und im Mai beginnt dann die harte Arbeit, d.h., die unmittelbare Vorbereitung auf das Match.

Warum haben Sie Ihre Teilnahme am Superturnier in Stavanger, das in zehn Tagen beginnt, abgesagt?

Ich habe dieses Turnier zwei Mal gewonnen. Zum dritten Mal hat man mich nicht eingeladen, man hat mir vielmehr vorgeschlagen als zweifacher Sieger ein Qualifikationsturnier zu spielen (er lacht). Aber ich möchte die Sache gleich auf den Punkt bringen. Das geschah nicht aus einer Laune heraus, nicht aus Überheblichkeit oder Rache. Meine Absage ist reine Notwendigkeit. Ich muss mich von der Anstrengung erholen. Und ich habe gemeinsam mit der Leitung des russischen Schachverbands und meiner Mannschaft die Entscheidung getroffen auf diese Reise zu verzichten. Die offiziellen Briefe nach Norwegen sind schon abgeschickt. Ich hoffe, dass sie sich in meine Lage versetzen können. Unter anderen Bedingungen hätte ich sehr am Turnier in Stavanger mitgespielt.

Das Interview führte Kirill Sangalis

Original bei Sport-Express...

 

 


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