Kasparov: Zweischneidig - Danielsen: Ausgezeichnet

von ChessBase
09.02.2015 – Garry Kasparov zeigt seine besten Partien, und Sie schauen ihm dabei zu. Wen reizt das nicht? Nils Schlumbohm hat sich für seine Rezension daher die DVD "How I became World Champion Vol.1" ausgesucht. Sein Fazit fällt allerdings "zwiespältig" aus. Ein dickes Lob von Marcus Dehn erfährt dagegen Henrik Danielsen für seine Einführung in das Londoner System. Mehr...

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Garry Kasparov: „How I became World Champion, Vol.1“

Rezension von Nils Schlumbohm (Oberursel)

Der Name Garry Kasparov hat für Schachspieler einen nahezu magischen Klang. Er steht für exzellente Vorbereitung, hervorragende Rechenkünste und eindeutigen Siegeswillen. Er prägte als Weltmeister mindestens eine ganze Dekade durch sein Schachspiel und hielt in dem Duell Mensch gegen Computer bis zu dem Duell gegen Deep Blue die Fahne der Menschheit hoch. Er war und ist ein Mensch -an und nebem dem Brett- mit deftigen Ecken und Kanten.

ChessBase bietet mit dem Produkt „How I became World Champion, Vol.1“ ein Produkt an, mit dem man Garry nahekommen und hoffentlich mit seiner Hilfe schachlich reifen kann. Wer kann da widerstehen? Ich nicht.

Garrys erste Sätze stellen aber eine Überraschung dar:
Er verweist auf sein Buch, welches er geschrieben hat und welches ihm als Blaupause für diese DVD dient. Weiterhin erläutert er, dass er wirklich nur wenige Partien aus dem Buch zeigen könne und diese leider auch nur oberflächlich und er bittet darum, wegen detaillierter Analysen doch dieses Buch als Referenz zu nutzen. Das muß erstmal bei mir sacken.

Das erste Kapitel dauert knapp 45min und Garry stellt 4 Partien vor; das macht er teilweise so schnell, daß ich die Züge am Bildschirm nicht mehr nachvollziehen kann. Alle besprochenen Partien stehen allerdings auch als Partienotation zur Verfügung.

Es wird schnell klar, dass Garry mit seiner Darstellung der Partien nur die Leitplanken für die eigene Analyse seiner gezeigten Partien zieht; will der Zuschauer die Partie wirklich verstehen, so bleibt ihm eine nachträgliche Analyse der gezeigten Partien nicht erspart. Das kann man so machen - erwartet habe ich allerdings etwas anderes.

Es irritiert mich allerdings, das Garry des öfteren sinnierend in seinem Buch liest, um die richtigen Zug-Alternativen in einer Stellung zu finden. Ich fühle mich so nicht angesprochen und genieße die wenigen Momente, in denen er das Buch zu Seite legt, auf dem Bildschirm blickt und sich scheinbar in die Stellung vertieft.

Das ändert sich vor allem in der zweiten Hälfte der DVD. Hier zeigt Garry seinen Weg durch den Kandidatenzyklus zur Weltmeisterschaft, beginnend mit Beljavsky. Er stellt dabei jeweils nur eine einzige Partie vor.

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Er erläutert zu Beginn frei die Ausgangssituation für ihn selbst und skizziert sehr offen den Verlauf des Matches bis zu der Partie, die er dem Nutzer vorstellt. Das macht er natürlich auch hier kurz und knackig, aber ansonsten hervorragend.

In diesem Stil demonstriert Garry jeweils eine Partie gegen Beljavsky, Kortchnoi und Smyslov. Abgeschlossen wird diese DVD mit einem Kapitel über Karpov. Garrys Englisch ist gut, er spricht fließend mit gutem Vokabelschatz und schneller Aussprache. Der Nutzer selbst sollte über gute Englischkenntnisse verfügen.

Fazit: Ingesamt hinterläßt diese DVD bei mir einen zwiespältigen Eindruck.

Einerseits sind die ausgewählten Partien wirklich interessant und Garry läuft bei der Darstellung der Matches in dem Kandidatenzyklus zu Hochform auf, anderseits wirken aber das Tempo, mit dem er durch die Partien fegt und die Pausen, die er einlegt, wenn er im Buch nach den richtigen Fortsetzungen schaut, wirklich störend und demotivierend. Ich kann die DVD für alle Schachspieler empfehlen, die von der Person Garry Kasparov fasziniert sind, gute Englischkenntisse haben und keine Scheu davor haben, die gezeigten Partien nachträglich einer eigenen Analyse zu unterziehen. In diesem Fall erhält der Nutzer ein interessantes, vielseitiges Paket.

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Henrik Danielsen: Druck von Anfang an – das Londoner System 1.d4 d5 2.Lf4

Rezension von Marcus Dehn

Es gibt insgesamt nicht viel Theoriematerial zum „Londoner System“, was von Vorteil sein kann, denn beide Spieler bewegen sich oft bereits nach wenigen Zügen in unbekanntem Gewässer.

Ich (derzeit DWZ 2100, ELO 2152) habe es jahrelang gespielt (Verbandsliga bis 3.Liga) aus den banalen Gründen:

  1. Es ist eine solide und sichere Eröffnung, die entstehenden Endspiele sind meist etwas besser: am Damenflügel steht Weiß normalerweise vorteilhaft.
  2. Man hat ggf. zur Verteidigung den (Lf4-g3-h2)- Läufer, und muss sich weniger Sorgen um seinen Königsflügel machen.

Sicher konnte ich nicht sein, ob meine Pläne und Ideen im Londoner die Richtigen sind. So war ich sehr gespannt , ob ein GM die o.g. Vermutungen bestätigt, und ob ich neue Ideen durch das 1-stündige Seminar von GM Danielsen bekommen würde.

Ausgezeichnete Lehrstunde, völlig neue Perspektive erhalten.

Henrik Danielsen moderiert in nachvollziehbarem Tempo und in verständlicher Weise durch das Londoner System aus seiner Sicht. Mit normalen Schulkenntnissen in Englisch benötigt man kein zusätzliches Brett und kann den Kommentaren des Großmeisters gut folgen. Seine Analysen und Stellungsbewertungen sind zusätzlich abgesichert durch den Einsatz starker Schach-Programme.

Danielsen reklamiert Vorteil für Weiß, möchte sich auf ausgeglichene Stellungen gar nicht erst einlassen, und behandelt den Londoner sehr aktiv, Weiß muss Initiative anstreben. Gegen Lf5- oder gegen Sc6-Aufbauten plädiert er für ein frühes c2-c4. Da habe ich bisher grundsätzlich zu passiv gespielt, fast immer den c-Bauern nur bis c3 gezogen.

Auch steht der Springer manchmal auf c3 optimal, wenn der Bauer sich noch auf c2 befindet. Konsequent sollte man Sg1-f3 so spät wie möglich spielen. Das sind für mich neue Erkenntnisse, die ich bei meinen nächsten Londoner-Partien berücksichtigen möchte.

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Insgesamt eine sehr empfehlenswerte Trainingsstunde für Spieler, die das „Londoner System“ bisher zu langweilig fanden, oder die ihre Grundkenntnisse in diesem System vertiefen wollen.

Für absolute Einsteiger, die das taktische Spiel dem positionellen bevorzugen, ist das Material ebenfalls geeignet. London-typische Endspiele bzw. Übergänge in diese werden kaum behandelt. Danielsen sagt manchmal zu einer nach 15 Zügen resultierenden Stellung, dass diese im Prinzip gewonnen ist, die Maschinen bestätigen das. Aber er zeigt leider nicht auf, wie der Gewinn herzustellen ist, das würde aber auch den Rahmen von einer Stunde sprengen.

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