Keine Angst (mehr) vor Königsindisch

von André Schulz
12.02.2015 – Die Königsindische Verteidigung ist eine bissige Eröffnung, auf die man als d4-Spieler eine gute Antwort parat haben muss. Auf seiner neuen DVD "Gewinnen gegen Königsindisch mit der Hauptvariante" empfiehlt Mihail Marin, den Königsindischen Stier bei den Hörnern zu packen und auf prinzipielle Weise mit der Hauptvariante zu bekämpfen. Empfohlen für ambitionierte Klub- und Turnierspieler.Mehr...

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Keine Angst vor Königsindisch

Viele d4-Spieler haben Angst vor der Königsindischen Verteidigung. Das ist nicht ganz unberechtigt, denn diese Eröffnung ist giftig und oftmals taktisch kompliziert. Zudem hat Schwarz, natürlich abhängig davon, wie Weiß sich aufbaut, eine Reihe von verschiedenen Möglichkeiten, sein Spiel zu entwickeln.

Wenn man jetzt als Weißspieler nicht die Flinte ins Korn werfen möchte, zum Beispiel mit körperlosem Eröffnungsspiel wie 1.d4 2.Sf3 und 3.Lf4, dann muss man gegen Königsindisch eine gute Antwort parat haben. Eine prinzipielle, gleichzeitig aber auch die natürlichste Reaktion ist die Klassische Variante. Weiß macht einfach die "normalen" Züge, also:

1.d4 Sf6 2.c4 g6 3.Sc3 Lg7 4.e4 d6 5.Sf3 0–0 6.Le2

 

Der Vorteil dieser Spielweise ist, dass man die Figuren einfach auf die "üblichen" Felder stellt, und dies zudem auch in der "richtigen" Reihenfolge. Im Unterschied zu anderen Spielweisen bekommt man in der Klassischen Variante keine Sorgen mit der Aufstellung seiner Figuren (Sämisch: Wohin mit dem Sg1?), kommt nicht in Entwicklungsrückstand (Vierbauernangriff) und hat keine Schwächen (Fianchetto: Schwacher Bauer c4). Sollte man tatsächlich mal auf eine Lücke beim Variantenwissen stoßen oder der Gegner macht einen selten gespielten Zug, dann ist man nun mit einem "normalen" Entwicklungszug immer auf der sicheren Seite.

Das ist erst einmal ein gesunder Ansatz, aber natürlich ist es noch nicht die ganze Wahrheit. Schwarz hat nämlich nun eine Reihe von recht verschiedenen Spielweisen zur Verfügung - eigentlich ein gutes Zeichen, offenbar gibt es kein Patentrezept - und nun hängt es vom Ehrgeiz des Weißen ab, wie er jeweils darauf reagiert.

Spielen Sie die Hauptvariante

Mihail Marin ist ziemlich ehrgeizig, allerdings mit gewissen pragmatischen Zugeständnissen. Das heißt, er empfiehlt auf dieser DVD Hauptsysteme, folgt aber nicht der allerneusten Mode. Es gibt also etwas zu lernen, aber auch der aktive Turnierspieler muss nicht nicht jede Woche neue "heiße" Abspiele dazu lernen.

Nach 6... e5 (auch 6... Lg4 und 6... c5 ist möglich und wird auf der DVD behandelt) 7.0-0 (Die Alternativen sind 7.Le3, 7.d5 oder 7.dxe5, doch diese Züge sind hier nicht das Thema) entsteht eine wichtige Ausgangstellung:

An dieser Stelle muss Schwarz sich entscheiden, welchen Weg er gehen will.

1) Zur scharfen Mar-del-Plata-Variante führt 7...Sc6 8.d5 Se7. Weiß hat dann die Wahl. Recht "trendy" ist 9.b4, allerdings mit einigem Theorieaufwand. Auch gut, aber nicht ganz so oft gespielt, ist der von Mihail Marin empfohlene Zug 9.Sd2. Häufig lässt Weiß auch hier b4 folgen, ist aber besser auf den kommenden schwarzen Angriff am Königsflügel vorbereitet.

Die Vorstellung der verschiedenen Varianten nach 9.Sd2 nimmt den größten Raum dieser DVD ein. Marin erläutert die Ideen, Pläne und dazu gehörenden Züge in nicht weniger als 20 Videoclips. Oberflächlichkeit konnte man dem rumänischen Großmeister noch nie vorwerfen.

Ein Intensiv-Kurs

In der Mar-del-Plata-Variante spielen beide Seiten auf ihrem Flügel. Weiß greift am Damenflügel an, Schwarz am Königsflügel. Meist ist das weiße Spiel schneller, aber wenn das schwarze Spiel durchdringt, ist es gefährlicher - Weiß könnte Matt werden. Vielleicht ist die Variante mit 9.Se1 (und 10.Le3) die schärfste, 9. b4 ist dank Kramnik wohl die modernste. Mit 9.Sd2 (oft gefolgt von b4, c5 und Sc4) bewegt sich Weiß in der Mitte.

Die Pläne sind klar, aber die Dinge sind nicht ganz so forciert. Eine Reihe von Spielern haben mit Weiß gerne dieses Abspiel gewählt und vor allem Mikhail Gurevich hat viel zur Entwicklung beigetragen.

 

Gurevichs Bilanz mit 9.Sd2

In den folgenden acht von insgesamt 30 Videolektionen zeigt Mihail Marin, wie man gegen die schwarzen Alternativen zur Hautvariante spielen kann, das sind 6...Sbd7 und 6...Sa6 und 6...exd4. Marin empfiehlt interessante Spielweisen, die zwar nicht unbedingt die Hauptabspiele gegen diese schwarzen Systeme sind, aber trotzdem gutes Spiel versprechen, und besonders, wenn Schwarz sich nicht auskennt.

2) Marins Vorschlag gegen 7...Sbd7 lautet 8.Dc2 und nach 8...c6 9.d5.

3) Gegen 7...Sa6 zeigt Marin die Variante mit 8...Te1 und 9... Lf1. In der Regel wird das Zentrum danach auch mit d4-d5 geschlossen.

4) Schließlich kann Schwarz auch zu 8...exd4 greifen und nach 9.Sxd4 mit 9... Sc6 oder 9... c6 fortsetzten. Auch auf diese Spielweise muss sich Weiß vorbereiten, was mit der Hilfe von Marin mit gutem Erfolg möglich ist.

Schließlich gibt es noch zwei wichtige Alternativen für Schwarz im 6. Zug. Dort kann Schwarz statt mit 6...e5 auch mit 6... c5 oder 6...Lg4 fortsetzten. In der Praxis werden diese Spielweisen nicht allzu oft vorkommen, da sie nicht unbedingt zu den Strukturen führen, die der Königsindisch-Spieler sich wünscht. Trotzdem sind auch diese Varianten nicht schlecht und Weiß muss wissen, was er machen soll. Marin widmet diesen Abspielen zwei weitere Aufnahmen.

Mihail Marins DVD mit einem Weißrepertoire gegen Königsindisch auf der Basis der Klassischen Hauptvariante ist ein Intensivkurs, mit dessen Hilfe man ein umfangreiches Verständnis für die gezeigten Spielweisen erhält. Die gewählten Varianten sind aussichtsreich, aber nicht der Tagesmode unterworfen, können also auch noch im nächsten oder übernächsten, sehr wahrscheinlich auch noch in fünf oder zehn Jahren mit Erfolg angewandt werden.

Für Einsteiger ist diese DVD nicht geeignet und auch nicht für Spieler, für die die Eröffnung ein notwendiges Übel darstellt, das man irgendwie überleben muss. Marin wendet sich an den ambitionierten Klub- und Turnierspieler, der interessante und gehaltvolle Eröffnungen spielen und Druck machen will und der auch nichts gegen Eröffnungsvorteil einzuwenden hat.

Dies ist ein Weißrepertoire. Aber natürlich können auch die Schwarzspieler einige Erkenntnisse gewinnen. Etwas Spionage hat noch nie geschadet.

Einigen zusätzlichen Nutzen - in Verbindung mit den Videolektionen - bietet die Ergänzungsdatenbank mit ca. 280 Musterpartien, zum Teil ausführlich kommentiert. Hier sieht man, wie sich die Partien aus den Eröffnungen weiterentwickeln können.

Mihail Marin hat zudem von den interaktiven Möglichkeiten des  ChessBase Aufnahmesystems reichlich Gebrauch gemacht und lädt zum Mitdenken ein.

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Im ChessBase Shop kann man dank neuer Techniken nun richtig gut stöbern. Zum Einen gibt es für den Eröffnungsbereich einen Index im klassischen Stil mit den Eröffnungsnamen:

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Der Eröffnungsindex

Königsindisch aus allen Blickwinkeln

 

Außerdem gibt es noch einen Zugriff auf alle Eröffnungsbeiträge (Fritztrainer, 60-Minutes, Magazin) über eine Schachbrett. Man gibt einfach die Züge ein und sieht alle Produkte, in denen diese Eröffnung behandelt wurde. Sie glauben ja gar nicht, was es alles gibt!

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André Schulz, seit 1991 bei ChessBase, ist seit 1997 der Redakteur der deutschsprachigen ChessBase Schachnachrichten-Seite.

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