Keine halben Sachen: "Semi-Tarrasch" von Mihail Marin

von ChessBase
20.01.2017 – Zur Beherrschung einer Eröffnung gehört beides: konkretes Variantenwissen und ein allgemeines Verständnis der Stellungstypen. Eine Eröffnungs-DVD muss also beides vermitteln, sonst lässt man am am Brett entweder die Finessen liegen oder man hat keinen Plan, sobald der Gegner "die Theorie" verlässt. Mihail Marins DVD über Semi-Tarrasch ist offenbar ein gelungenes Beispiel: "Die Balance ist diesmal besonders gut geglückt", schreibt Robert Klenk in seiner Rezension. Mehr...

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Mihail Marin: "Semi-Tarrasch: eine Universalwaffe gegen 1.d4"

Rezension von Robert Klenk (München)

Die Vorgeschichte

Während der Vorbereitung auf eine Schwarzpartie stieß Ihr Rezensent auf eine Begegnung seines Gegners mit ebendieser Eröffnung. Bis dato hatte ich sie nur mal im Blitzen hin und wieder gespielt, und eine ganz konkrete Zugfolge war mir noch bekannt. Doch wie sich in der zur Verfügung stehenden halben Stunde vernünftig vorbereiten?

Da kam mir eben jene Marin- DVD in den Sinn, die erst einige Wochen auf dem Markt war, und ich erinnerte mich an eine ziemlich ausführliche Inhaltsangabe der Zugfolgen auf der CB-Website. Im Einleitungstext war erfreulicherweise auch noch eine Art Kochrezept enthalten: Figuren tauschen und den möglicherweise entstehenden weißen d-Freibauern belagern. Schnell noch ein paar Klassiker und moderne GM-Partien in der Megabase durchgeklickt und fertig. Nach 30 Zügen war die folgende Stellung entstanden:

Schwarz pflückte nach 30. ...Td5, 31. Sg5 mit Txd6 den kecken Freibauern
und konnte anschließend seinen Mehrbauern verwerten.

In der Folge machten es mir manche Gegner beim Blitzen* allerdings deutlich schwerer, und so war ich neugierig, was der Meister dazu zu sagen hat. Vier Wochen später hatte ich die Ehre, gegen DEN Gupta zu spielen (GM, ELO 2624), über 500 Punkte Unterschied. Ich wählte die letzte Variante der DVD - und obwohl Gupta schon in Zug 9 neuerte, zeigte Fritz 15 in der Analyse nach 30 Zügen =0.19 ... sehen Sie mir also meinen Enthusiasmus nach. Partie Gupta-Klenk vom Open in Bad Wiessee zum Nachspielen...

Inhalt

Kurz zum Formellen, mit 6h 14min Laufzeit und 34 Clips mit taktischen Testfragen und zusätzlich 50 Modellpartien ist das Werk eines der längeren. Prinzipiell bildet die Zugfolge aus schwarzer Sicht kein geschlossenes Repertoire gegen das abgelehnte Damengambit, da Weiß nach d4, c4 und Sf3 bzw. Sc3 im 4. Zug auch den Damenläufer nach g5 anstatt seines 2. Springers entwickeln kann, wonach der Zug 4. ... c5 nicht optimal ist. Insofern eine kleine Kritik am Titel der DVD, Universalwaffe ist etwas übertrieben, aber Marketing muss es schließlich auch geben ...

Allerdings hat man einige immer wiederkehrende Probleme umschifft: Der Nimzo-Indisch-Anhänger kann auf diese Weise gefährliche Damenindisch-Varianten umgehen, der Damengambit-Spieler das immer beliebtere 5. Lf4 und die Abtausch-Variante: Auf 3. Sc3 nebst 4.cd: kann man nun mit dem Sf6 nach d5 schlagen und kommt nach 5. e4 Sxc3, 6.bxc3 c5 6.Sf3 wieder in den Semi-Tarrasch. Gegen schwächere Gegner kann man nach meinem (subjektiven) Eindruck außerdem eher "kneten" als etwa mit den klassischen Gegenmitteln, und sei es nur deshalb, weil die Stellungen den Weißen oft weniger vertraut sind.

Im ersten Teil geht es um weiße Pläne mit 6.g3 nebst Lg2. Heißer Tipp für Trainer, eine sehr gute Ergänzung für Ihre Isolani-Lehrdatenbank. Danach wird der ruhigere Aufbau mit 6. e3 besprochen, gefolgt vom raumgreifenden 6.e4 - Weiß ergreift hier schneller die Initiative, muss dafür aber den Tausch eines Figurenpaares - die schwarzfeldrigen Läufer - zugestehen. Diese Zugfolgen weisen meist eine Grünfeld-Indische Struktur auf. In der Folge entsteht oft ein weißer Freibauer, der aber bei bestem Spiel zuverlässig blockiert werden kann. Schwarz setzt dann seine Mehrheit am Damenflügel in Bewegung und gleicht somit das Spiel aus.

Beispielvideo - Semi-Tarrasch 1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.Sf3 d5 4.Sc3 c5 5.cxd5 Sxd5 Vorstellung

 

Bewertung

Allein Clip 2 zu den Berührungspunkten mit den o.g. Eröffnungen und die Inhaltsangabe sind ein Genuss, wer nur über dieses Wissen verfügt kann schon ganz viel damit anfangen (siehe Vorgeschichte oben)! Besondere Erwähnung verdienen folgende Punkte:

• Marin zeigt oft einige ältere Partien und warum Schwarz von dieser oder jener Zugfolge abgekommen ist, was das Verständnis ungemein fördert.
• Das Prinzip der nachrückenden Figur, wenn ich es mal so nennen darf: Ein Bauer zieht im eigenen Lager und macht einer Figur das Feld frei. Ein Fianchetto z.B., der g-Bauer zieht, der Läufer rückt nach. Soweit nix Neues, aber kannten Sie das Prinzip auch mit f7-f7 nebst Sc6-d8-f7? Oder a2-a3 nebst Ta1-a2, gefolgt von b2-b4 nebst Ta2 und Td2? Schöne neue Muster, für mich jedenfalls, nicht nur für diese spezielle Eröffnung sehr nützlich.
• Eigene Neuerungen: Wo erforderlich, hat der Autor auch mal die ein oder andere Variante repariert und nicht nur vorhandenes Material erklärt.

Obwohl ich schon einige seiner gewohnt hochwertigen Beiträge gesehen habe und niemanden so leicht über den grünen Klee lobe, neige ich dazu, dieses Werk als Marins bisher Bestes zu sehen. Sowohl Klubspieler als auch stärkste Amateure können - jeder auf seiner/ihrer Ebene - etwas mitnehmen. Die Balance zwischen allgemeinen Prinzipen auf der einen und Details mit ihren Tiefen auf der anderen ist diesmal besonders gut geglückt. Ich kann nur meinen Hut ziehen und freue mich schon auf die nächste Arbeit (*und auf die nächsten Blitzpartien mit den oben erwähnten stärkeren Gegnern ...:-))

Mihail Marin: Semi-Tarrasch: eine Universalwaffe gegen 1.d4


• Videospielzeit: 6 Std. 14 min (Deutsch)
• Interaktiver Taktiktest mit Videofeedback
• Exklusive Datenbank mit 50 Modellpartien
• Mit ChessBase Reader

€ 29,90

Lieferbar per Download oder auf DVD-ROM (Post). Kostenlose Lieferung innerhalb Deutschlands.

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