Leon Mons und Julian Martin holen GM-Norm beim Sants Open in Barcelona

von Gerd Densing
29.08.2017 – Für die beiden jungen deutschen Spieler Leon Mons (Bild) und Julian Martin lief das stark besetzte Sants-Open in Barcelona gut. Sehr gut sogar. Julian Martin belegte mit 8,0/10 einen Spitzenplatz und holte eine GM-Norm, Leon Mons hatte mit 7,5/10 einen halben Punkt weniger, aber holte ebenfalls eine GM-Norm. Turniersieger wurde Rinat Jumabayev aus Kasachstan. Gerd Densing berichtet.

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Starke junge Deutsche beim Sants-Open in Barcelona, aber Rinat Jumabayev gewinnt 19. Sants Open

Vom 18.-27. August 2017 fand die 19. Auflage des beliebten Sants-Opens in Barcelona statt. Das Turnier „Sants, Hostafrancs“ ist die letzte Station der diesjährigen katalonischen Grand Prix-Serie. Mit insgesamt 755 Teilnehmern in der offenen A-Gruppe, einer B- und C-Gruppe war es wieder ein sehr großes Schach-Event. Überschattet wurde das Turnier zu Beginn vom Terroranschlag in Barcelona am Nachmittag des 17. August. Dies hat dazu geführt, dass einzelne Teilnehmer nicht angereist sind und das Turnier nicht mehr mitspielten. Die Turnierveranstalter haben auf der Webseite eine Mitteilung veröffentlicht, dass das Turnier stattfindet und dass wir Schachspieler unser Leben nicht durch Terroranschläge verändern werden.

Blick auf die Spitzenbretter

Aus Deutschland waren mit GM Gerald Hertneck und Schachjournalist IM Georgios Souleidis (unter griechischer Flagge) einerseits „ältere“ bzw. erfahrene starke Titelträger am Start, andererseits waren auch die jungen GM Jan-Christian Schröder und Andreas Heimann in der Setzliste  weit vorne zu finden. Besonders gute Eindrücke hinterließen bei dem Turnier jedoch die beiden jungen Spieler IM Leon Mons und FM Julian Martin, denn sie erzielten beide eine GM Norm und landeten am Ende weit vorne in der Spitzengruppe.

Julian Martin (links, mit Weiß) spielt beim Stichkampf um die Plätze gegen Dmitry Svetushkin

Julian Martin gewann die Wertungskategorie „Bester Spieler U16“. Leon Mons konnte mit seinem Remis in der Schlussrunde gegen GM Grigoriy Oparin aus Russland noch seine ELO auf über 2500 bringen. Da dies seine dritte GM-Norm war und mit dem Turnier das Elo-Kriterium erfüllt wurde, wird ihm wohl bald der GM-Titel verliehen. Herzlichen Glückwunsch dazu!

GM-Norm für Leon Mons

Die Top-Platzierten deutschen Spieler Julian Martin, Jan-Christian-Schröder (beide 8 Punkte aus 10 Partien) und Leon Mons (7,5 Punkte) nahmen dann auch am Tiebreak beim Kampf um die Plätze 2-4 sowie 5-8 teil. In den Tiebreaks (5 Min. Blitzpartien mit 3 Sek. Inkrement) erwiesen sich die Gegner - trotz zäher Gegenwehr - jedoch etwas zu stark. Einen starken Auftritt zeigte auch der junge, für Königsspringer Hamburg, spielende Jakob Pfreundt, der zwar keine Norm erzielte, aber auf 6,5 Punkte kam (mit Remisen gegen IM Christiansen, GM Hertneck, GM Blomqvist und IM Vera Siguenas). Überhaupt waren in jeder Runde an den vorderen Brettern auf der Tribüne immer junge deutsche Spieler zu finden.

Jakob Pfreundt

GM Jan Christian Schröder

Verdienter Sieger wurde der junge kasachische Großmeister Rinat Jumabayev, der auch die Setzliste anführte. Er startete mit 6 aus 6 in das Turnier und gab im weiteren Verlauf nur 3 Remis ab. Dabei hatte er in den Runden 7 bis 10 jeweils interessante Partien und immer sehr schwierige Situationen und Stellungen „zu überstehen“. Oft kam er in hochgradige Zeitnot. Seine Nervenstärke und sein Siegeswillen waren für die Zuschauer in jeder Partie spürbar. Mit 8,5 Punkten und einer Turnierperformance von ca. 2750 ELO wurde er alleiniger Sieger und musste nicht in die Tiebreaks.

Endstand nach 10 Runden

1 1
 
GM JUMABAYEV Rinat   KAZ 2610 8,5
2 10
 
GM SVETUSHKIN Dmitry   MDA 2558 8,0
3 77
 
FM MARTIN Julian A-16 GER 2353 8,0
4 12
 
GM SCHROEDER Jan-Christian   GER 2539 8,0
5 9
 
GM GRIGORYAN Karen H.   ARM 2570 7,5
6 4
 
GM VOCATURO Daniele   ITA 2596 7,5
7 25
 
IM MONS Leon   GER 2483 7,5
8 3
 
GM AGDESTEIN Simen   NOR 2604 7,5
9 101
 
FM KARTHIK Venkataraman A IND 2316 7,5
10 2
 
GM OPARIN Grigoriy   RUS 2609 7,5
  11
 
GM ORTIZ SUAREZ Isan Reynaldo   CUB 2556 7,5
12 13
 
GM NOVIKOV Stanislav   RUS 2538 7,5
13 5
 
GM HEIMANN Andreas   GER 2591 7,5
14 14
 
GM KRYSA Leandro   ARG 2537 7,5
15 38
 
IM TRENT Lawrence   ENG 2439 7,5
16 32
 
GM GONZALEZ ACOSTA Bernal   CRC 2467 7,5
17 8
 
GM MOUSSARD Jules   FRA 2571 7,5
18 22
 
IM VALSECCHI Alessio   ITA 2493 7,5
19 24
 
IM PRAGGNANANDHAA R 14 IND 2487 7,0
20 35
 
IM GOH Wei Ming Kevin   SGP 2446 7,0
21 47
 
IM ERDOGDU Mert   TUR 2415 7,0
22 39
 
FM DIAZ CAMALLONGA Carles   CAT 2437 7,0
23 60
 
IM OBLITAS Carlomagno A PER 2397 7,0
24 27
 
IM MORONI Luca Jr   ITA 2476 7,0
25 28
 
IM RIOS Cristhian Camilo   COL 2475 7,0

...

Turniersieger Rinat Jumabayev

Wenngleich im Turnier keine starken 2680er oder gar 2700er GMs zu finden waren, war das Open im Spielstärkebereich 2200 – 2550 sehr gut besetzt und brachte viele interessante und spannende Partien hervor. Im Turnier wurden vier IM- und vier GM-Normen erzielt (davon 2 GM-Normen für deutsche Spieler).

Ein Publikums-Magnet war auch das junge indische Nachwuchstalent, IM Praggnanandhaa, der in der Schlussrunde gegen FM Julian Martin verlor.

IM Georgios Souleidis (links, mit Weiß) bei seiner Partie gegen Rameshbabu Praggnanandhaa

Bestaunt wurde aber auch der sehr junge Lev Zverev, der im B-Open antrat. Da das Spitzenbrett des B-Opens auch auf der Bühne spielte, konnte man den 2010 geborenen jungen Mann von der „Botvinnik Chess School“, ELO 1372, des Öfteren dort sehen. Im Blitztempo spielte er seine Züge runter und erzielte einige Überraschungsergebnisse gegen seine erwachsenen Gegner. Mit einer beeindruckenden Performance von 2065 mit 7,5 Punkten landete er schließlich auf Platz 6 in der B-Gruppe. Die Mannschaftswertung im A-Open gewann übrigens auch die Botvinnik Chess School.

Lev Zwerev in Aktion

Die Rankings der deutschen Teilnehmer

Snr   Name EloI 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Pkt. Rg. Gruppe
22   SCHILLING Florian 1892 ½ 1 0 1 1 1 1 ½ 0 0 6,0 44 Grup B
78   BRUNNER Juergen 1808 1 1 ½ 0 0 1 1 0 ½ 0 5,0 92 Grup B
117   ROOS Karin 1758 1 0 0 1 0 1 0 1 ½ 0 4,5 139 Grup B
207   KURT Herbert 1588 0 1 1 0 0 ½ 1 1 0 ½ 5,0 100 Grup B
38   SIEGEL Rainer 1551 0 1 1 1 1 ½ 1 1 ½ 1 8,0 4 Grup C
5 GM HEIMANN Andreas 2591 1 1 ½ ½ 1 ½ 1 ½ ½ 1 7,5 13 Grup A
12 GM SCHROEDER Jan-Christian 2539 1 1 0 ½ 1 1 1 ½ 1 1 8,0 4 Grup A
20 GM HERTNECK Gerald 2498 1 1 1 ½ 0 ½ 1 ½ ½ 1 7,0 29 Grup A
25 IM MONS Leon 2483 1 1 1 1 0 1 ½ ½ 1 ½ 7,5 7 Grup A
33 IM NEEF Maximilian 2451 1 1 1 0 1 1 0 ½ 1 0 6,5 42 Grup A
43   COLPE Malte 2424 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,0 384 Grup A
64   PFREUNDT Jakob 2388 1 0 1 1 1 ½ ½ ½ ½ ½ 6,5 51 Grup A
72 IM GRAFL Florian 2364 1 1 1 ½ 0 ½ 1 0 1 ½ 6,5 44 Grup A
77 FM MARTIN Julian 2353 1 1 ½ 1 0 1 1 1 ½ 1 8,0 3 Grup A
83 FM RIETZE Clemens 2343 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,0 387 Grup A
88 FM JAHNCKE Giso 2338 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,0 388 Grup A
90   UKSINI Bardhyl 2334 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,0 389 Grup A
91 FM KRAMER Julian 2333 ½ ½ 1 ½ 1 ½ 1 ½ 0 1 6,5 62 Grup A
104 FM HENRICH Thomas 2310 ½ 1 1 0 0 0 1 ½ 0 ½ 4,5 235 Grup A
132   HAAG Gregor 2252 1 0 1 1 ½ 0 1 ½ 0 0 5,0 162 Grup A
134   GROETZBACH Julian 2251 ½ ½ 1 1 1 0 1 0 1 ½ 6,5 55 Grup A
141   HILDENBRAND Peter 2232 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0,0 391 Grup A
154 FM PAJEKEN Wolfgang 2218 1 0 ½ ½ 1 ½ ½ ½ 0 0 4,5 215 Grup A
160   HINRICHS Lars 2207 1 0 1 0 1 0 1 0 1 1 6,0 103 Grup A
223   PAJEKEN Jakob Leon 2094 0 1 ½ ½ ½ ½ 1 0 1 ½ 5,5 122 Grup A
285   BRUNNER Jan 1992 0 1 0 ½ 0 1 ½ ½ 1 ½ 5,0 189 Grup A
298   NEDERVELD Dieter 1969 0 0 ½ ½ 0 1 0 1 ½ 0 3,5 326 Grup A
299   DIRMEIER Carolin 1968 0 0 1 0 ½ 1 0 1 ½ 0 4,0 278 Grup A
318   SKUTTA Bernd Dr. 1934 0 0 0 1 1 0 1 1 ½ ½ 5,0 202 Grup A
322   WERNER Holger 1926 0 0 1 ½ 0 0 1 1 0 0 3,5 321 Grup A
324   BECKER Tobias 1917 ½ 0 1 0 1 0 1 0 1 0 4,5 217 Grup A
338   PROBSDORFER Guenther 1892 0 0 0 0 1 0 0 0 1 1 3,0 353 Grup A
339   SCHUETZHOLD Frank 1891 0 0 0 0 ½ 1 0 0 0 0 1,5 373 Grup A
365   HEYNE Regina 1830 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1 4,0 304 Grup A
382   DENSING Gerd 1764 0 0 0 ½ ½ 0 1 1 0 0 3,0 346 Grup A
388   RUDOLPH Klaus 1742 0 0 0 0 1 0 ½ 1 0 ½ 3,0 352 Grup A

Die Turnierorganisation verlief insgesamt routiniert und gut. Die Liveübertragung vor Ort mit vielen Zuschauerreihen war sehr schön und die Ergebnis-Publikation bzw. Mitteilung der Paarungen am Vorabend via „chess-results“ lief reibungslos. Für mich als Erstteilnehmer sind jedoch ein paar Sachen auffällig und verbesserungswürdig gewesen. Einerseits wurde recht wenig auf Englisch übersetzt, fast alle Ansagen und Ankündigungen waren auf Spanisch. Spieler mit wenig Turniererfahrung könnten dadurch Probleme bekommen.

Zudem wurden viele Dinge nicht so publik gemacht, wie man sich es als „Neuling“ gewünscht hätte. Beispielsweise war nicht ersichtlich, wo die verschiedenen Rahmenveranstaltungen stattfanden. Genauso wenig, dass man als Turnierteilnehmer in einem separaten Raum nicht nur eine Quittung für das Startgeld abholen konnte, sondern auch ein schönes Turnier-T-Shirt in Wunschgröße bekam.

Die Tiebreaks fanden mit zeitlicher Verspätung statt, da einige Spieler gar nicht wussten, dass sie einen Tie-Break spielen (dürfen/müssen). So kam Leon Mons ca. 15 Minuten zu spät und völlig unvorbereitet in den Turnierbereich und war überrascht, dass er einen Tiebreak spielen sollte. GM Simen Adgestein trudelte erst nach einer Dreiviertelstunde als Zuschauer rein – da aber hatte man die ersten Tiebreak-Runden bereits gespielt. Interessant ist, dass man sich zu Turnierbeginn nicht zu registrieren braucht. Es wird einfach die erste Runde ausgelost … basta. Unangenehmer Nebeneffekt war, dass im A-Open in der ersten Runde an über 30 Brettern kampflose Punkte  zu verzeichnen waren – nicht so schön, wenn man Startgeld zahlt und spielen möchte. Das Procedere sei wohl in Spanien so, berichtete mir ein anderer Spieler. In der letzten Runde gab es auch zahlreiche kampflose Ergebnisse, weil manche Spanier keine Lust auf die letzte Runde hatten, sich aber nicht abmeldeten. Die Namensschildchen hatten eine sehr kleine Schrift und unglückliche Farbwahl. Der Name stand in dünner  weißer Schrift auf blauem Grund, ganz schlecht lesbar für Kiebitze. Interessant auch, dass es nicht nur eine spanische Elozahl gibt, sondern auch eine eigene katalanische ELO. Während die spanische Zahl wohl nur ein wenig höher als die FIDE-ELO ist, war die katalanische Zahl oftmals 200-300 Punkte höher als die FIDE-ELO.

Positiv hervorgehoben wird, dass – entgegen früherer Hören- und Sagen-Berichte – die Turnierräumlichkeiten (auch die Nebenräume für die letzten Bretter) alle vorzüglich klimatisiert waren.

Die Turnierorganisatoren gaben sich wirklich Mühe und stellten auch ein gutes Rahmenprogramm auf die Beine: von einem Simultan über Tandem bis hin zum Hallen-Fußballturnier und einem Blitzturnier.

Das Blitzturnier war für mich ein Highlight, nicht nur weil ich dort eine gute Performance hinlegte, sondern weil das Turnier wohl auch für die Blitz-ELO gewertet wird – und ich somit bald auch eine FIDE-Blitz-ELO habe. In Erinnerung bleibt aber festzuhalten, dass die im Blitzturnier zur Startrangliste zugrunde gelegte Wertungszahl in vielen Fällen die katalanische Zahl war. Das heißt, man hat sich vielleicht schon über einen Sieg gegen einen 2100er Spieler gefreut – stellt dann aber später feest, dass dieser Spieler eine FIDE-Elo von nur 1850 hat. Das ist …, naja, gewöhnungsbedürftig.

Trotz ein paar nicht ganz runden Details fand ich das Turnier insgesamt sehr schön und halte es für empfehlenswert.

Der Spielsaal von außen

Die Atmosphäre war sehr freundschaftlich und angenehm. Zudem ist das Turnier in einer „guten“ Jahreszeit in einer für Touristen wunderschönen Stadt, sodass ich irgendwann sicherlich noch einmal nach Barcelona zurückkehre, um das Sants Open zu spielen! Als Hotel kann ich das Expo-Hotel, das in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs Sants und nur zehn Fußminuten vom Turnierort (Cotxeres-Casinet) liegt, sehr empfehlen.

Ergebnisse bei chess-results

Turnierseite

 


Gerd Densing ist ein begeisterter Vereins- und Turnierspieler. Seine Eindrücke hat er in vielen Berichten auf der ChessBase-Nachrichtenseite festgehalten.

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