Lüneburg 1947

von ChessBase
19.12.2007 – Eines der Turniere, mit denen das Schachleben in Deutschland nach dem Krieg wieder in Gang gebracht wurde, war das Meisterturnier von Lüneburg im Jahr 1947. Im repräsentativen Rathaus der Stadt traf sich ein Teil der damaligen deutschen Schachelite, darunter Bogoljubow, Ahues, Sämisch und Rellstab, sowie eine Reihe starker Meisterspieler der Region zu einem 18-Mann starken Rundenturnier. Nach verhaltenem Beginn mit mehreren Punkteteilungen in Folge drehte der zu dieser Zeit bereits 58-jährige Bogoljubow auf und holte sich nach 10,5 P. aus den restlichen 11 Partien den Turniersieg. Frank Große ( www.schachlinks.com ) berichtet. Mehr...

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Das Meisterturnier in Lüneburg 1947
von Frank Große ( www.schachlinks.com )

 


[1] Rathaus Lüneburg

60 Jahre ist es mittlerweile her, dass im niedersächsischen Lüneburg (heute 70.000 Einwohner, damals ca. 53.000 Einwohner) mit dem „Meisterturnier Lüneburg“ ein kleines, aber nicht unbedeutendes Turnier mit namhaften Vertretern der deutschen Schachgarde damaliger Zeit stattfand. Während heutzutage die Turnierarenen fast inflationär Woche für Woche den besten Spielern Gelegenheit zum Wettstreit bieten, war es insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg eine Besonderheit, wenn mit Bogoljubow, Ahues, Heinicke, Rellstab, Dr. Rödl und Sämisch ein Großteil der namhaftesten und stärksten deutschen Meister vertreten war. Das Meisterturnier in Lüneburg wurde neben dem Essener Turnier als das erste größere Turnier nach dem Krieg veranstaltet.


[2] Rathaus Lüneburg - heute

Das Rathaus Lüneburg, dessen Bau bereits im Jahre 1230 begonnen wurde, entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte zum größten Rathaus des Mittelalters in Norddeutschland. Somit war ein würdiger Rahmen für das von den Lüneburger Schachfreunden durchgeführte Turnier gegeben, das eine besondere Note dadurch erhielt, dass der frühere Weltmeisterschaftsanwärter Bogoljubow nach mehrjähriger Pause wieder einmal mit der deutschen Spitzenklasse antrat. Somit war ein spannender Turnierverlauf vorprogrammiert, bei dem der spätere Sieg Bogoljubows keineswegs abzusehen war. Dr. Rödl, der sich nach größeren Erfolgen noch vor 1937 vom Schach zurückgezogen hatte, schritt von Sieg zu Sieg, dicht gefolgt von Ahues und Rellstab.


[3] Bogoljubow


[4] Carl Ahues, rechts vorn, 1929

Ahues,Carl Oscar - Rellstab,Ludwig Sr [D48]
Lueneburg (11), 04.05.1947

1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sc3 c6 4.e3 Sf6 5.Sf3 Sbd7 6.Ld3 dxc4 7.Lxc4 b5 8.Ld3 a6 9.0–0 c5 10.De2 Lb7 11.Td1 Le7 12.e4 cxd4 13.Sxd4 0–0 14.e5 Sd5 15.Lxh7+ Kxh7 16.Dh5+ Kg8 17.Td3 S5f6 18.exf6 Sxf6 19.Dh3 Dc8 20.Lh6 Se8 21.Tc1 e5 22.Sf5 De6 23.Td7 Lc8 24.Sd5 Lf6 25.Txc8 Txc8 26.Sde7+ Lxe7 27.Sxe7+ Kh7 28.Dxe6 fxe6 29.Sxc8 Sf6 30.Txg7+ Kxh6 31.Tc7 Td8 32.h3 Td1+ 33.Kh2 Td2 34.Tc6 Txb2 35.Txa6 Kg6 36.Txe6 Kf5 37.Tb6 Txf2 38.Se7+ Ke4 39.Kg1 Txa2 40.Txf6 Ta7 41.Te6 b4 42.Sc6 Ta1+ 43.Kf2 Kd5 44.Tg6 b3 45.Sxe5 b2 46.Tb6 b1D 47.Txb1 Txb1 48.Sd3 Ke4 49.Sc5+ Kd5 50.Sd3 Kc4 ½–½


Diagramm 1
: Stellung nach 25… Lf6;
Carl Oscar Ahues – Ludwig Rellstab

Ahues ist nach vielversprechendem Anfang in der zweiten Turnierhälfte zurückgefallen, was bei der Turnierlänge und dem Alter von 63 Jahren keine Überraschung war. Ludwig Rellstab, der in der obigen Diagrammstellung noch ein Remis erreichen konnte, folgte mit Heinicke auf den Plätzen 3 und 4, sowie einigem Abstand dem Turnierzweiten Dr. Rödl, der wiederum Bogoljubow dem Vortritt lassen musste. Letzerer hatte das Turnier mit vier Punkteteilungen in den ersten sechs Runden begonnen, konnte sich aber mit 10,5 aus 11 (!) deutlich steigern und blieb zudem als einziger ungeschlagen … Damit hatte er die in ihn gesetzten Erwartungen vollauf gerechtfertigt und primär seine Überlegenheit in der für ihn typischen Partieanlage demonstriert, die darauf ausgerichtet war, das Spiel verwickelt zu gestalten und Abtausch oder Vereinfachung zunächst zu vermeiden, um einen eventuell errungenen Stellungsvorteil konsequent festzuhalten. Oft wählte er weniger gebräuchliche Abspiele, um die Gegner auf unbekannteres Terrain zu locken, was selbigen manchmal aber auch nicht zu unterschätzende Chancen einräumte.

Surmann,Friedrich - Bogoljubow,Efim [E12]
Lueneburg (12), 05.05.1947
1.d4 Sf6 2.Sf3 b6 3.c4 Lb7 4.Sc3 e6 5.Dc2 c5 6.e4 cxd4 7.Sxd4 Lc5 8.Sb3 Sc6 9.Sxc5 bxc5 10.Ld3 Sg4 11.Lf4 Df6 12.Lg3 Sge5 13.Dd1 La6 14.0–0 0–0 15.Le2 Lxc4 16.Lxc4 Sxc4 17.Dxd7 Sb4 18.Db5 Sxb2 19.e5 De7 20.De2 S4d3 21.Se4 Tfd8 22.Dh5 Td5 23.f4 f5 24.Lh4 De8 25.Dxe8+ Txe8 26.Sd6 Tb8 27.Tab1 Tb4 28.Le7 Txf4 29.Txf4 Sxf4 30.Lg5 Sfd3 31.Sc8 Td7 32.h4 c4 33.Ld2 Tc7 0–1


[5] Gruppenaufnahme der Teilnehmer (von links nach rechts): Sitzend: Herren Schramm und von Freymann (Turnierleitung);
die Meister: Rellstab, Heinicke, Bogoljubow, Brinkmann, Dr. Rödl, Sämisch, Ahues, Surmann
Stehend: Herr Rössner (Turnierleitung), Harms (Lüneburg) Meister Kuppe, Schulz (Lüneburg), Meister Hermann,
Laaser (Lüchow), Meister Rankis, Menke (Lüneburg), Hohlfeld (Lüneburg), Meister Rautenberg
3. Reihe: Herren von Pohl (Celle) und Dr. Törber (Hamburg)

Dr. Rödls Vorliebe für offene Stellungen war offensichtlich! Wenn sich die Grundlage für einen Angriff bot und er der Meinung war, dass dieser auch Erfolg haben könnte, schlug er zu, so dass am Ende nur eine einzige Niederlage zu Buche stand und er sonst kaum ernstlich in Verlustgefahr schwebte. Seine Partie gegen Dr. Törber zeugte von seinem Einfallsreichtum und wurde mit einem Schönheitspreis belohnt:

Toerber,Claus - Roedl,Ludwig [B18]
Lueneburg (10), 03.05.1947

1.e4 c6 2.d4 d5 3.Sc3 dxe4 4.Sxe4 Lf5 5.Sg3 Lg6 6.Sf3 Sd7 7.Lc4 e6 8.0–0 Sgf6 9.De2 Le7 10.Td1 0–0 11.Se5 Sxe5 12.dxe5 Sd5 13.Lb3 Dc7 14.Te1 Tfd8 15.Dg4 Sb4 16.Sh5 c5 17.a3 Sc6 18.f4 Sd4 19.Le3 c4 20.Lxd4 Txd4 21.c3 Lxh5 22.Dxh5 Txf4 23.Lc2 Db6+ 24.Kh1 g6 25.Dh6 Df2 26.Le4 Td8 27.Lxb7 Td3 28.g3 Txg3 29.hxg3 Dxg3 30.Te4 Df3+ 31.Kh2 Df2+ 32.Kh1 Df3+ 33.Kh2 Tf5 34.Tg1 Th5+ 35.Dxh5 Dxh5+ 36.Kg2 Dg5+ 37.Kh2 Dh6+ 38.Kg3 f5 39.exf6 Ld6+ 40.Kf3 Dh3+ 41.Ke2 Dd3+ 42.Ke1 Db1+ 43.Kd2 Dxb2+ 44.Ke3 Lc5+ 45.Kf3 Df2+ 0–1


Diagramm 2
: Stellung nach 28. g3;
Dr. Törber – Dr. Rödl

Zu der Überraschung des Turniers kann der bis dato unbekannte Essener Surmann gezählt werden, der zum ersten Mal in diesem bedeutenden Kreise mitwirkte und mit seinem kompromisslosen Stil einige Glanzleistungen erwirkte, wovon sein Sieg über Kuppe mit dem ersten Schönheitspreis ausgezeichnet wurde:

Surmann,Friedrich - Kuppe,Wilhelm [D48] Lueneburg (10), 03.05.1947 1.d4 d5 2.Sf3 Sf6 3.c4 c6 4.e3 e6 5.Sc3 Sbd7 6.Ld3 dxc4 7.Lxc4 b5 8.Ld3 a6 9.a4 b4 10.Sb1 c5 11.Sbd2 Ld6 12.Sc4 Lc7 13.0–0 a5 14.e4 cxd4 15.e5 Sd5 16.Te1 Sc5 17.Lg5 Se7 18.Sd6+ Lxd6 19.Lb5+ Kf8 20.Dxd4 Db6 21.exd6 Sf5 22.Le7+ Sxe7 23.dxe7+ Kxe7 24.Dxg7 Ld7 25.Se5 Lxb5 26.Dxf7+ Kd8 27.axb5 Kc8 28.Tac1 Ta7 29.Df6 Te8 30.Sd3 Tc7 31.Sxc5 Txc5 32.Dd4 1–0


Diagramm 3
: Stellung nach 21… Sf5;
Surmann - Kuppe

 

Die Abschlusstabelle

Bildnachweis

[1] Werner Laaser “Das Lüneburger Schachturnier 1947”
[2] http://partnerschaftsverein-lueneburg.de/
[3] http://canal-h.net/
[4] Kaissiber 20
[5] Werner Laaser “Das Lüneburger Schachturnier 1947”

 

 

 

 


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