15.12.2016 – Großartige 6. Runde bei den London Chess Classic: Fabiano Caruana liefert gegen Hikaru Nakamura eine Glanzpartie mit Damenopfer ab. Wesley So brilliert mit einem Königsangriff gegen Veselin Topalov. Maxime Vachier-Lagrave profitiert von Levon Aronians zu optimistischen Spiel. Für Anish Giri war gegen Anand vielleicht auch mehr drin als Remis. Nur Vladimir Kramnik und Michael Adams teilten einigermaßen sachlich den Punkt. Mehr...
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Daniel King zeigt die Highlights der 6.Runde
Was für eine 6. Runde in London. Nach dem Ruhetag waren die Spieler nicht ausgeruht, sie waren aufgedreht und einige ließen es richtig krachen.
This #LondonChess Classic is like a protest against the style of the World Championship.
Mit Veselin Topalov und Wesley So trafen heute der Tabellenletzte auf den Spitzenreiter. Bislang hat Topalov vier Partien verloren, dabei auch einmal eine versteckte Gewinnmöglichkeit ausgelassen, und einmal Remis gespielt. Die Behauptung, Topalov sei hier in London nicht in Form, wäre reichlich untertrieben. Zur Zeit rasselt er gerade mit einigem Tempo die Weltrangliste hinunter. In dieser Verfassung nun gegen den prächtig aufgelegten Wesley So spielen zu müssen, ist sicher keine leichte Aufgabe.
Topalov gegen So
Topalov verzichtete auf die Spanische Partie und wählte Italienisch. Auf diesem Gebiet werden im Spitzenschach derzeit viele interessante neue Nuancen entdeckt. Wesley So drängte beispielsweise noch vor der eigenen Rochade einen weißen Läufer mit h6 und g5 ab, rochierte dann kurz und ging nun weiter am Königsflügel vor. Topalov rochierte dort notgedrungen hinein, da er sich am Damenflügel mit frühem a4 kompromittiert hatte. Mit seinem Raumvorteil am Königsflügel entwickelte der Amerikaner aber nun einen gefährlichen Angriff und überwältigte schließlich den weißen König recht schnell im Mattangriff. Nach 27 Zügen war schon Schluss.
Topalov nicht mehr unter den Top 20
Vachier Lagrave-Aronian
Auch am Brett von Maxime Vachier-Lagrave und Levon Aronian konnten sich die Zuschauer über die neuesten Trend in der Italienischen Partie informieren. Auf den Modezug 6.a4 - das stand beim WM-Match in New York bei Carlsen und Karjakin zweimal zur Diskussion - antwortete Aronian 6...a5. Auf diese Idee sind zuvor nur wenige gekommen. Dann öffnete der Armenier mit d7-d5 das Zentrum. Schwarz stand ordentlich und hatte mit den Bauern e5 und f5 die Herrschaft im Zentrum. Vachier-Lagrave entschloss sich deshalb nach dem Vorstoß 18...e4 zu einem Figurenopfer - am Ende der Abwicklung verlieb er mit Dame, Turm und Läufer gegen Dame und zwei Türme plus Drei-zu-Zwei-Majorität am Königsflügel.
Aronian wollte zuviel
Die Position war objektiv vielleicht in etwa ausgeglichen, doch Aronians Schwerfigurenattacken gegen den weißen König gingen ins Leere und unterdessen ließ er sich sämtliche Bauern am Damenflügel wegnehmen. Gegen vier verbundene weiße Freibauen in Phalanx-Formation gab es dann nichts mehr zu erfinden.
Frenchman Maxime Vachier-Lagrave scores a first victory in this event after Aronian overpressed a pleasant position. Photo: @LennartOotespic.twitter.com/QG9ksfCinz
Fabiano Caruana muss doch vom Geiste des Rashid Nezhmetdinovs beseelt gewesen sein oder wies sonst soll man sich sein Damenopfer auf f6 erklären?
Hilfe von oben?
Der große Taktiker, heute vor 104 Jahren geboren, opferte einst in einer seiner Glanzpartien seine Dame auf f6 - für nur zwei Leichtfiguren. Und Caruana tat es ihm heute in einem scharfen Abspiel der Najdorf-Variante gleich:
Tausch der Dame auf f6 für zwei Leichtfiguren, in diesem Falle zwei Springer, und eine allerdings starke Initiative.
Mauric Ashley erklärt, was vor sich geht
Offenbar eine logische und objektiv gute Wahl, denn führende Engines hätten genauso gespielt. Die schwarze Dame kam nach der Abwicklung auch ordentlich ins Gedränge, hatte kaum Felder und die marode schwarze Stellung brach unter den Attacken der agilen weißen Kavallerie und den übrigen Figuren dann sehr schnell auseinander. Caruana rückt Carlsen in der Eloliste immer näher. Wenig mehr als zehn Elopunkte trennen die beiden noch.
Caruana mit Glanzpartie
Anand-Giri
Und auch am Tische von Anand und Giri wurde auf Sizilianischem Terrain gerungen. Hier stand ebenfalls die Najdorf-Variante zur Debatte, aber Anand wählte die mit 6.h3 eingeleite Najdorf-Version des Keres-Angriffs. In einer schon zuvor einige Male gespielten Variante rochierte Anand nach bekanntem Muster lang, Giris 15...Sc5 war technisch gesehen die "Neuerung". Giri marschierte mit seinen Truppen am Damenflügel auf. Anand wollte dem schwarzen Angriffs nun die Spitze abzubrechen, indem er auf b5 einen Springer opferte und dafür die beiden schwarzen Damenflügelbauern und noch den Kollegen auf d6 erhielt. Giri konterte jedoch mit einem Rückopfer und schickte in der Folge den weißen König ins Freie. Anands König begab sich auf die Flucht, erst vom Damenflügel zum Königsflügel, dann wieder zurück. Er wurde gejagt, aber nicht erlegt. Zum Lohn gab es einen halben Punkt.
Da war wohl mehr drin für Anish Giri
Kramnik-Adams
Eine gesunde Partienanlage, die man auch einem Schachschüler guten Gewissens zeigen könnte, wurde von Kramnik und Adams gezeigt. Kramnik befindet sich in Bezug auf die Eröffnungstheorie derzeit in einer Fastenzeit. Heute eröffnete er mit dem Zukertort-System. Adams baute sich symmetrisch auf. Zwar gab es ein Geplänkel am Damenflügel, doch an der Symmetrie der Stellung änderte sich kaum etwas. In ausgeglichener Stellung forcierten die Spieler ein Remis durch Dauerschach.
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