Mädchen- und Frauenschachkongress in Mettmann

von Jörg Schulz
20.09.2017 – Frauen und Mädchen sind beim Schach eine Minderheit. Bei Turnieren und in Vereinen. Aber warum ist das so? Und kann man das ändern? Und ist das nur beim Schach so oder auch beim Bridge? Beim Frauen- und Mädchenschachkongress in Mettmann suchte man nach Antworten auf diese und ähnliche Fragen.

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Mädchen- und Frauenschachkongress in Mettmann

Anfang September trafen sich rund 30 am Mädchen- und Frauenschach Interessierte zum dreitägigen Kongress in Mettmann bei Düsseldorf

Wer hat den Schlüssel, um die Tür aufzumachen und Schachspielerinnen in die Vereine zu lassen? Wahrscheinlich keiner. Oder doch einige? Denn wenn Eberhard Schabel von TuRa Harksheide berichtet und von 47 weiblichen Mitgliedern erzählt, gut fünfzig Prozent der Mitglieder, dann bekommt man das Gefühl, er hat diesen Schlüssel. Ein wichtiger Punkt ist sein Angebot „Schach auf dem Reiterhof“, das nicht nur von Mädchen in seinem Verein und aus seinen Schulschachgruppen wahrgenommen wird, sondern zu dem viele Mädchen aus ganz Deutschland anreisen. Weshalb man anderen Regionen nur raten kann, solch ein Angebot auch zu schaffen.

Das Podiumsgespräch mit Eberhard Schabel eröffnete den Kongress und versprühte eine positive Grundstimmung, die den gesamten Kongress über anhielt. Es ist etwas machbar und man muss sich nicht mit der Situation zufrieden geben, dass in vielen Vereinen keine Frauen zu finden sind.

Obgleich immer wieder irritierte, dass gerade der DSB-Vertreter des Frauenschachs, Dan-Peter Poetke, auf den Unterschied zwischen weiblich und männlich hinwies: „Die Männer müssen akzeptieren, Frauen ticken nun  mal anders“ war ein mehrfach wiederholter Satz von ihm.

Eberhard Schabel setzte dagegen, dass es überhaupt keine Unterschiede gibt und man diese im Training und im Vereinsleben auch nicht machen  müsse. „Stellt doch nicht immer heraus, dass es wenige Mädchen und Frauen gibt, sondern stellt das Positive heraus“, war seine wiederholte Forderung. Jeder mag für sich entscheiden, welche der beiden Aussagen uns voranbringt.

Ein fester Bestandteil des Kongresses ist der Blick über den Zaun: Was machen andere Verbände, welche Lösungen haben sie? Dieses Mal war der Deutsche Bridge Verband zu Besuch. In der öffentlichen Wahrnehmung ist Bridge ein Spiel für Frauen gesetzteren Alters. Dabei ist Bridge nicht nur ein Spiel, sondern auch ein Sport mit Europa- und Weltmeisterschaften. Und siehe da, in der Leistungsspitze gibt es so gut wie keine Frauen, nur Männer. „Es gibt die emotionalen Spieltypen und die strategisch spielenden. Frauen gehören zu den emotionalen.“ So die Analyse des Ehemannes von Kareen Schroeder, einer der besten Bridgespielerinnen in Deutschland – sie wollte ihrem Mann nicht widersprechen.

Kareen Schroeder, Vizepräsidentin des Verbandes, und der Präsident Kai-Ulrich Benthack gaben interessante Einblicke in den Verband.

Kai-Ulrich Benthack (links), Jörg Schulz, Kareen Schröder

Auch sie versuchen über die Schule den Jugendanteil im Bridge zu erhöhen und gehen schon an junge Kindern heran. Im Deutschen Schachbund soll es ja immer noch Vertreter geben, die finanzielle Ausgaben und Initiativen im Schulbereich für Aktivitäten halten, die nicht zu den Verbandsaufgaben gehören. Damit könnten diese Vertreter ein Alleinstellungsmarkmal im deutschen Sport haben!

In zwei Workshops wurde den Fragen nachgegangen, wie man Frauen, die nach der Jugendzeit aufgrund anderer Verpflichtungen mit dem Schach aufgehört hatten, zum Wiedereinstieg ins Schachleben motivieren kann. Eine Hamburger Initiative vereinsungebundener Frauen - die Schachbrett-Tulpen -  gab dafür bemerkenswerte Anregungen, die allerdings an den Grundfesten der Vereine rütteln: keine Termingebundenheit, „wir suchen uns unsere Termine selbst per Doodle“, eine gemütliche Atmosphäre für den Schachtreff, nicht die Kühle eines Vereinsspiellokales, ernst genommen werden als Gruppe, die aus Freude ohne Leistungsgedanken Schach spielt und auch lernen will, aber ohne großen Ehrgeiz ist.

Workshop-Atmosphäre

Die andere Fragestellung lautete, wie man junge Frauen, die sich nach der Schule neu organisieren müssen, was meist mit Umzug, neuer Umgebung und neuen Bezugspersonen verbunden ist, und leider oft mit dem Verlassen des Schachvereins einhergeht, beim Schach halten kann. Wie kann man die älteren Mädchen so vernetzen, dass sie sich gegenseitig motivieren, dabei zu bleiben, welche Angebote – zum Beispiel an den Hochschulen – muss man schaffen, um sie beim Schach zu halten? Eine direkte Idee der Vernetzung wurde vor Ort umgesetzt und eine Facebookgruppe geschaffen

Viele Informationen wurden gegeben, viele Ideen vorgestellt, so dass jeder etwas mit nach Hause nehmen konnte. So waren am Ende des Kongresses nicht nur die Abschlussworte des DSB-Frauenreferenten Dan-Peter Poetke („Ich habe viel gelernt an diesem Wochenende“) von Hanna Marie Klek, Mädchenreferentin der Deutschen Schachjugend, und vom Vorsitzenden der DSJ, Malte Ibs, positiv, sondern auch die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wobei letztere in der absoluten Minderheit waren: auch mal schön im Schach! Sieben Männer sahen sich zweiundzwanzig Frauen gegenüber!


Jörg Schulz war über viele Jahre Geschäftsführer der Deutschen Schachjugend.

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