Magnus Carlsen, Norway Chess: Ein paar Zahlen

von Johannes Fischer
06.06.2017 – Heute, Dienstag, den 6. Juni 2017, 16 Uhr, beginnt die erste Runde des 5. Altibox Norway Chess Turniers. Heimspiel für Weltmeister Magnus Carlsen und das Auftaktblitzturnier hat der Weltmeister auch souverän gewonnen. Aber so richtig rund lief es in den bisherigen vier Turnieren nicht für Carlsen. Ein paar Zahlen.

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Beim Norway Chess Turnier geht es um viel Prestige. Das Turnier begann am 5. Juni mit einem Blitzturnier und endet am 17. Juni. Es ist das stärkste Turnier des Jahres und eines der stärksten Turniere der Schachgeschichte. Zehn Spieler sind dabei, der Letzte der Setzliste ist Anish Giri, mit einer Elo-Zahl von 2771 aktuell die Nummer 12 der Welt. Hätte das Turnier eine Woche früher begonnen, wären sogar die Top Ten der Welt am Start gewesen, doch in der Juni-Liste der FIDE haben sich Shakhriyar Mamedyarov und Ding Liren, die in Norwegen nicht dabei sind, unter die zehn Besten der Welt gedrängelt. Mamedyarov war im Mai die Nummer 12 der Welt, jetzt ist er die Nummer 5, Ding Liren war im Mai offiziell die Nummer 11 der Welt, jetzt ist er die Nummer 10.

Top 12 im Juni

Rank Name Title Country Rating Games B-Year
 1  Carlsen, Magnus  g  NOR  2832  0  1990
 2  So, Wesley  g  USA  2812  9  1993
 3  Kramnik, Vladimir  g  RUS  2808  13  1975
 4  Caruana, Fabiano  g  USA  2808  2  1992
 5  Mamedyarov, Shakhriyar  g  AZE  2800  22  1985
 6  Vachier-Lagrave, Maxime  g  FRA  2796  13  1990
 7  Aronian, Levon  g  ARM  2793  2  1982
 8  Anand, Viswanathan  g  IND  2786  2  1969
 9  Nakamura, Hikaru  g  USA  2785  9  1987
 10  Ding, Liren  g  CHN  2783  10  1992
 11  Karjakin, Sergey  g  RUS  2781  9  1990
 12  Giri, Anish  g  NED  2771  17  1994

Doch egal, ob Top Ten oder fast Top Ten, als Weltmeister und Nummer eins der Welt ist Carlsen natürlich Favorit. Das war er allerdings auch bei den vier vorherigen Norway Chess Turnieren, aber gewinnen konnte er nur 2016. Beim Debüt 2013 wurde Carlsen Zweiter hinter Sergey Karjakin und auch beim zweiten Anlauf musste er wieder hinter Karjakin mit Platz 2 vorlieb nehmen.

Sergey Karjakin, Norway Chess 2013 (Foto: Norway Chess)

Zu einer Katastrophe für Carlsen entwickelte sich das 3. Altibox Norway Chess Turnier. In der ersten Runde überschritt Carlsen in Unkenntnis der Bedenkzeitregelung im 60. Zug in Gewinnstellung gegen Veselin Topalov die Zeit. Eine bittere Niederlage mit Nachwirkungen. In Runde 2 verlor Carlsen gegen Fabiano Caruna und nach einem Remis gegen Anish Giri in Runde 3 folgte gegen Vishy Anand in Runde 4 eine weitere Niederlage. Carlsen startete mit 0,5/4 ins Turnier und landete am Ende mit 3,5/9 auf dem achten und vorletzten Platz.

Doch im Jahr darauf klappte es endlich: Im vierten Anlauf gewann Carlsen das Norway Chess Turnier mit 6,0/9 (4 Siege, 4 Remis und eine Niederlage).

Insgesamt holte Carlsen aus den 36 Partien, die er bislang bei den Norway Chess Turnieren gespielt hat, 11 Siege und 19 Remis – in 6 Partien erlitt er eine Niederlage, vier davon 2015. 9 seiner 11 Siege erzielte er mit den weißen Steinen und so ist seine Schwarzbilanz insgesamt negativ: 2 Siegen stehen 4 Niederlagen und 10 Remis gegenüber. Tatsächlich hat Carlsen in den letzten drei Jahren bei den Norway Chess Turnieren keine einzige Partie mit Schwarz gewonnen.

Dafür gelang Carlsen sein allererster Sieg in der Turnierserie mit Schwarz. Nach vier Remis zum Auftakt gewann er 2013 in Runde 5 mit Schwarz aus schlechterer Stellung heraus gegen Sergey Karjakin:

 

Generell lässt sich Carlsen Zeit. Kurze, schnelle Siege sind in seiner Praxis selten, beim Norway Chess Turnier gab es sie bislang gar nicht. Seine bislang kürzeste Gewinnpartie spielte er 2016 gegen Pavel Eljanov in der letzten und entscheidenden Runde des Turniers. Carlsen gewann in 35 Zügen und sicherte sich damit den Turniersieg.

 

Drei Züge länger brauchte er 2016, um gegen Nils Grandelius zu gewinnen – sein zweitkürzester Sieg der gesamten Turnierserie.

 

2016 erlitt Carlsen allerdings auch seine kürzeste Niederlage: Er verlor in nur 31 Zügen gegen Levon Aronian.

 

Zum „Ausgleich“ gelang Carlsen gegen Aronian seine bislang längste Gewinnpartie der Norway Chess Turniere: 2014 besiegte er den Armenier in 93 Zügen.

 

Das Blitzturnier zum Auftakt hat Carlsen überlegen gewonnen. Aber man kann gespannt sein, wie er dieses Jahr in den klassischen Partien spielt. Gelingt Carlsen in seinen vier Partien mit Schwarz endlich wieder ein Sieg? Kann er eine Partie in weniger als 35 Zügen gewinnen? Ein Debakel wie 2015 wird es wahrscheinlich nicht wieder geben, aber gelingt Carlsen nach seinem Erfolg aus dem Vorjahr der zweite Sieg in Folge oder muss er einem seiner Rivalen den Vortritt lassen? Für Carlsen geht es um viel.

Denn das Norway Chess Turnier nicht nur das stärkste Turnier des Jahres, sondern gibt Carlsen auch Gelegenheit zu zeigen, dass er immer noch die klare Nummer eins der Schachwelt ist. Die Zeit dafür hält er sicher für gekommen. Denn schließlich hat er den WM-Kampf gegen Sergey Karjakin nur mühsam gewonnen und musste beim Tata Steel Turnier in Wijk aan Zee und bei den GRENKE Chess Classic mit dem zweiten Platz vorlieb nehmen, in Wijk hinter Wesley So, bei den GRENKE Classic hinter Aronian. Auch Carlsens Vorsprung in der Weltrangliste ist nicht mehr so groß wie früher. Wesley So liegt nur noch 20 Punkte hinter Carlsen, Kramnik und Caruana nur noch 24 Punkte. Das kann sich schnell ändern.

Wie gut Carlsen in Form ist, zeigt sich vielleicht schon in der ersten Runde des Altibox Norway Chess Turniers. Sie beginnt um 16 Uhr und die Partien werden live auf dem playchess.com Server übertragen.

Turnierseite Norway Chess 2017

(Das Foto von Carlsen zu Beginn des Artikels stammt von Tone Marie Haubrick, die Partien und Kommentare stammen von der neuen Master Class DVD über Magnus Carlsen.)


Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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