Rustam Kasimdzhanov: Beating the French Vol 1 – Rezension

von Markus Hochgräfe
06.04.2017 – Was tut der 1.e4-Spieler gegen Französisch? Rustam Kasimdzhanov, ehemaliger FIDE-Weltmeister, Theorieexperte, langjähriger Sekundant von Vishy Anand und erfolgreicher Eröffnungstrainer der deutschen Mannschaft, die 2011 überraschend Europameister wurde, empfiehlt 3.Sc3. In Band seiner Reihe "Beating the French" zeigt er, was man gegen die Winawer-Variante spielen kann. Markus Hochgräfe hat sich die DVD angesehen.

Beating the French Vol.1 Beating the French Vol.1

In his DVD series on the French Defence, Rustam Kasimdzhanov presents a promising White repertoire based upon 3.Nc3. Topic of the fi rst DVD is the position following 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Nc3 Bb4 4.e5, in which the pawn on e5 secures the first player a space advantage in the centre and on the kingside.

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Rustam Kasimdzhanov war 2004 FIDE-Weltmeister und lange Jahre Sekundant von Viswanathan Anand – Kasimdzhanov half Anand Weltmeisterschaften von 2008, 2010 und 2012. Kasimdzhanov gilt als einer der führenden Theorie-Experten und hat bislang 19 ChessBase-DVDs veröffentlicht.

Auf der vorliegenden DVD empfiehlt Kasimdzhanov Weiß-Spielern ein Repertoire gegen die Winawer-Variante im Franzosen: 1.e4 e6 2.d4 d5 3.Sc3 Lb4 4.e5. Dabei empfiehlt er grundsätzlich die Hauptvarianten und rät zum Winawer mit 7.Dg4. Hier konzentriert sich Kasimdzhanov hauptsächlich auf die Hauptvariante 6 ... Se7 7.Dg4 0-0, die Alternative 7 ... Dc7 wird nur kurz behandelt. Kasimdzhanov präsentiert sein Material anhand von zehn kompletten Partien und drei Theorievideos.

Generell erklärt Kasimdzhanov die strategischen Ideen des Winawer sehr gut. Ist man mit der Materie noch nicht sehr vertraut und sind konkrete Theorievarianten (noch) zweitrangig, dann ist dieses Video das Richtige. Kasimdzhanov geht nicht zu tief in die Varianten – mit Ausnahme der Hauptvariante nach 6 ... Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Sbc6 9. Dh5 Sg6 10. Sf3 Dc7 11.Le3 c4 12.Lxg6 fxg6. Hier finden Sie drei Kapitel nur zu diesem Thema: "theorypart3" sowie die Partien "Karjakin-Jussupow" und "Macieja-Vaisser".

Die Kapitel im Detail:

Intro: Winawer 3…Lb4 4.e5.
Outro: Winawer 3…Lb4 4.e5.
theorypart1:  Winawer 3…Lb4. Kurzübersicht über alle Varianten.
theorypart2:  Winawer 3…Lb4. Hauptvariante 6…Se7 7.Dg4, alle möglichen Varianten.
theorypart3:  Winawer 3…Lb4. Hauptvariante 6…Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Sbc6 9. Dh5 Sg6

Karjakin-Jussupow: Hauptvariante 6…Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Sbc6 9. Dh5 Sg6
Macieja-Vaisser: Hauptvariante 6…Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Sbc6 9. Dh5 Sg6
Dominguez-Barsov: 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Da5
Ponomariov-Ivanchuk: 6…Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 f5
Morozevich-Lputian: 6…Se7 7.h4
Kasparov-Short: 6…Dc7 7.Dg4 f5
Kobalia-Akopian: 6…Da5 7.Ld2 Da4
Shirov-Atalik: 4…Se7 and 6…b6
Fine-Flohr: 5.Ld2
Volokitin-Lputian: 4…c5 5.a3 La5

Meine Bemerkungen zu den Kapiteln:

Karjakin-Jussupow: Hier habe ich einen großen Fehler in Kasimdzhanovs Anmerkungen gefunden. Seine strategische Einschätzung ist richtig, aber Schach ist ein konkretes Spiel: 14 ... Lb5?? 15.Lxb5! Da5 16.Sd2 Dxb5 17.h5 + -.
Dominguez-Barsov: 7.Dg4 0-0 8. Ld3 Da5. Die Partie selbst ist sehr beeindruckend. Auf der Suche nach Überlebenschancen für Schwarz fand meine Engine 20 ... Dc7 und 21 ... Kh8 als eine sehr unklare Alternative. Wenn Sie nach einer Alternative für Weiß suchen, kann man 13.c4 statt des sehr scharfen 13.g4 wählen. Und das ist der Grund, warum ich diese Variante als extrem (zu) riskant für Schwarz betrachte – und heute wird sie auch kaum noch gespielt.

Ponomariov-Ivanchuk: Nach 6 ... Se7 7.Dg4 0-0 8. Ld3 ist 8…f5 für Schwarz spielbar. Nach 9.exf6 Txf6 10.Lg5 Tf7 11. Dh5 g6 12.Dd1 Da5 13.Ld2 Sbc6 14.Sf3 mag ich für Schwarz 14 ... Dc7 15.0-0 e5. Weiß hat einen bescheidenen Vorteil, aber Schwarz ist okay. Ein aktuelles Beispiel liefert Eljanov-Naiditsch.

Kobalia-Akopian: 6 ... Da5 7.Ld2 Da4. Diese sehr blockierte Position ist nach wie vor beliebt. Kasimdzanov mag 8.Db1 mehr als 8.Dg4. Ich denke, das ist eine Frage des Geschmacks.

theorypart 3: Hier taucht Kasimdzhanov sehr tief in die Theorie ein. Er empfiehlt 15.Dh3 Taf8 16.Sg1!?, aber meine Engine mag 16 ... Db6 17. Se2 Db2 18.Kd2 Sa5 19. Thb1 Sb3 und Dxa1 mit Ausgleich. Diese Idee wurde in Pavlidis-Golubov nach 15.Sg1 Db6 gespielt! Ich denke, dass Schwarz nahe am Ausgleich ist.

Zusammenfassung:

Diese DVD richtet sich vor allem an Spieler mit einer Elo-Zahl zwischen 1800-2400. Für Spieler mit mehr als 2400 Elo ist der Theorieteil nicht tief genug und manchmal hatte ich auch den Eindruck, dass Kasimdzhanov einige seiner Hausvarianten verbirgt. Für Spieler unter 2200 und Winawer-Neulinge besteht der Hauptgewinn dieser DVD im Lernen strategischer Ideen – besonders nach 7.Qg4 0-0. Allerdings müssen sie noch ein paar Theorievarianten zusätzlich lernen. Die von Kasimdzhanov präsentierten Partien decken viel Theorie ab, aber nicht alle notwendigen Varianten. Einige von Kasimdzhanovs Anmerkungen sind falsch. Insgesamt gebe ich der DVD eine „2“.


Markus Hochgräfe - Jahrgang 1972, ist ein deutscher FIDE-Meister. Er ist ehemaliger Hamburger Jugendmeister und war mehrmaliger Teilnehmer an den Deutschen Jugendmeisterschaften. Im Jahr 2000 vertrat er Königsspringer Hamburg in der 1.Bundesliga. Seine aktuelle Elozahl (Stand April 2017) beträgt 2411.

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