Schachfestival in Korfu

von ChessBase
14.10.2007 – Eigentlich hätte es nur ein Open sein sollen, das Chess-Org-Organisor Jürgen Wempe in Korfu organisieren wollte, doch die griechischen Schachfreunde des Schachklubs Korfu erweiterten es in Erinnerung an die großen Korfu-Turniere vergangener Zeiten zum Festival mit mehreren Turnieren. Zwar ging im Laufe der Vorbereitung der lange reservierte Turniersaal wegen einer kurzfristig anberaumten Veranstaltung verloren, wurde aber dank griechischer Improvisationskunst rasch ersetzt. Die aus Deutschland angereisten Arkadij Rotstein und Felix Levin machten im Open den Turniersieg unter sich aus. Oliver Zierke aus Norderstedt wurde Dritter und schrammte knapp an einer IM-Norm vorbei. Bettina Trabert hat die Geschehnisse in Wort und Bild festgehalten. Mehr...

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Schachfestival in Korfu
von Bettina Trabert

Eigentlich sollte es nur ein kleines Open sein, das der immer nach neuen Ideen suchende Chess-Org-Turnierorganisator Jürgen Wempe auf der griechischen Insel Korfu in Zusammenarbeit mit dem hiesigen Schachclub ausrichten wollte. Doch die griechische Seite war sich schnell einig: „Wir haben so schöne Festivals gemacht – ein Open allein reicht nicht!“. In den 80er und 90er Jahren fanden hier etliche hochkarätige Veranstaltungen statt - Kasparow, Karpow, Timman, die Polgars und viele andere Spitzenspieler besuchten die Insel. Das letzte internationale Schachevent war ein Vergleichskampf zwischen der deutschen und der griechischen Nationalmannschaft 1999, dann schlief die Organisation ein... Wie Spyridon Skembris, der einzige aus Korfu stammende Großmeister meinte: „Wir brauchten einen ‚Otto Rehhagel’, der uns wieder auf Trab bringt!“

Schließlich wurden es vier Turniere, die dieses Jahr vom 1.-12.Oktober auf Korfu ausgetragen wurden: Neben dem Open gab es ein GM-Turnier, ein Schnellturnier und ein Touristenturnier mit verkürzter Bedenkzeit. Dass „Organisation“ auf griechisch allerdings eine etwas andere Bedeutung hat und für deutsche Nerven nicht immer leicht zu verkraften ist, musste Jürgen Wempe bei seinem Kurzbesuch zwei Wochen vor Beginn des Festivals feststellen: Bei der Inspektion des Spiellokals stellte sich heraus, dass im schon vor vielen Monaten für das Turnier reservierten Stadttheater inzwischen eine mehrtägige politische Versammlung mit den Bürgermeistern aus ganz Griechenland geplant war, um über die Folgen der Brandkatastrophen im Sommer zu beraten. Da einerseits bei der Brisanz dieses Themas die Politiker nicht wieder ausgeladen werden konnten, andererseits die angebotene Ausweichmöglichkeit innerhalb des Theaters aus Lautstärkegründen kaum in Frage kam (wer einmal bei einer griechischen politischen Diskussion zugehört hat, weiß was ich meine…), war auf einmal kein Turniersaal mehr vorhanden. Da halfen auch Aufmunterungsversuche wie „Mach Dir keine Sorgen, so haben wir auch die Olympiade organisiert“, nicht wirklich weiter.

Doch als sich das Organisationsteam gegen Abend etwas deprimiert auf den Weg machte, zeigte sich die positive Seite der „griechischen Organisation“, nämlich dass alles auch noch in letzter Sekunde auf die beste Weise möglich ist… Zufällig lief man dem Bürgermeister der Stadt Korfu über den Weg, erklärte die Situation – und innerhalb von 10 Minuten war das Problem gelöst und ein neuer Spielsaal gefunden. Und dieser war tatsächlich sehr viel besser als nur eine Notlösung!


Blick auf den Spielsaal

Das Kongresszentrum Faliraki liegt direkt unterhalb der Stadt auf einer kleinen Halbinsel neben einem Badestrand und bot den Teilnehmern so die Alternative, während oder nach den Partien baden zu gehen…


…oder aus dem Fenster heraus die vorbeifahrenden Schiffe zu beobachten.


Blick vom Spielsaal auf die venezianische Festung aus dem 16. Jahrhundert...


 
… und in den Spielsaal hinein

Und damit sind wir zunächst einmal bei den Turnieren: Das GM-Turnier bot viele spannende Partien, aber letztlich schaffte keiner der Normanwärter das erwünschte Ziel.


Das GM-Turnier, vorne Simeonidis gegen Khetsuriani, dahinter Elena Dembo und Shavtvaladze


Elena Dembo, Nr.1 der griechischen Frauenrangliste, kam auf 50%.


Der in Griechenland lebende IM Nikoloz Shavtvaladze sicherte sich den 2.-3.Platz, spielte aber in der zweiten Turnierhälfte zu vorsichtig, um die GM-Norm zu schaffen.


Stanislav Savchenko, der ELO-schwerste Teilnehmer (2.-3.Platz).

Der ukrainische GM staunte übrigens nicht schlecht, als er am ersten Tag mit einem Moped abgeholt wurde, um von seinem erstklassigen Hotel zum Spielsaal zu fahren! Eine der vielen kleinen Widersprüchlichkeiten, die griechische Turniere so liebenswürdig machen…


And the winner is... Alexander Karpatchev – der hier von Alex Koskeros, dem Ehrenpräsidenten des Schachclubs Korfu, den Sonderpreis überreicht bekommt – ein eigens für das Turnier geschaffenes Werk des auch international bekannten Künstlers Nikos Mihalopoulos.


Die Preisträger im GM-Turnier…


Und die Preisträger des Opens und Touristenturniers, von links nach rechts: Georgiadis, Kostiukova, Zierke, Kleifges, Dettmann, Papenbrock, Iatros, Levin, Halderakis, Rotstein.

Im Open zogen die beiden aus Deutschland angereisten Großmeister Arkadij Rotstein und Felix Levin ihre einsamen Runden und teilten sich mit großem Abstand zum übrigen Feld den ersten Platz. Den dritten Platz erreichte FM Oliver Zierke, der in der letzten Runde nur knapp eine IM-Norm verfehlte.


Oliver Zierke aus Deutschland


Marina Makropoulou, Mitglied der griechischen Frauennationalmannschaft


Jürgen Wempe am Brett

Was macht der Hauptorganisator am Schachbrett? Als sich zu Beginn eine ungerade Teilnehmerzahl ergab, sprang Jürgen Wempe kurzerhand selbst ein. Wer allerdings dachte, dass er nur zum Spaß nebenbei ein paar Partien spielen wollte, hatte sich geirrt: Alle Partien wurden ausgefochten, frühzeitige Remisangebote abgelehnt, und mit einem Sieg in der Schlussrunde hätte der Turnierorganisator es sogar noch selbst in die Preisränge geschafft!


All das war nur möglich durch die erfahrene Leitung von Sotiris Logothetis, der nicht nur als des Schiedsrichter fungierte, sondern nebenbei auch das Bulletin erstellte. Hier schauen ihm seine Ehefrau Elena Dembo und Marina Makropoulou über die Schulter. 


Das Schnellturnier sicherte sich IM Spiros Kapnisis vor den GMs Karpatchev, Skembris und Grivas. Der griechische IM trainierte seine Blitzstärke übrigens auch im GM-Turnier immer wieder durch haarsträubende Zeitnotschlachten…


Kampf der korfiotischen Lokalmatadoren: Alexandros Georgiadis, Mihalis Agistriotis und Konstantinos Georgiadis.

Man sollte die korfiotischen Schachspieler nicht unterschätzen! Wer am Wochenende einen Spaziergang durch die Stadt Korfu macht, hat gute Chancen, starke Gegnerschaft für Blitzpartien im Kaffeehaus zu finden. Korfu besitzt übrigens eine recht lange Schachtradition: 1923 wurde hier der erste Schachclub Griechenlands gegründet.


Unter den Arkaden auf dem zentralen Spianadaplatz befand sich früher der Schachclub.


Inzwischen sind die Schachspieler auf die andere Seite des Platzes ins Art-Cafe umgezogen. Hier Nikos Skiadapoulos, Präsident der Nord-West-Griechischen Schachunion, Alex Koskoros und Spiros Skembris bei der Analyse


Eine historische Rarität ist das Schachbrett von Captain Evans, welches der Erfinder des Evansgambits auf einer seiner Reisen durchs Mittelmeer in Korfu gelassen hat. IM Valerij Bronznik und Spiros Skembris bei der Besichtigung.

Da viele Teilnehmer mit Familie angereist waren, bot das Rahmenprogramm aber auch nicht-schachliche Ausflugsziele. Am freien Tag wurde eine Rundfahrt zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Insel organisiert.


Garten des Achillons, der Sommerresidenz von Kaiserin Elisabeth (Sissi), benannt nach ihrem Lieblingshelden Achill.


Blick aus dem Garten des Achillons und ein Eindruck der „grünen Insel“.


Das Kloster Paleokastritsa von außen…


 …und von innen


Aber am meisten Spaß macht eine Sightseeing- und Shoppingtour doch nach einem gewonnenen Turnier… Die GMs Rotstein und Levin mit ihren Ehefrauen in Korfu Stadt.


Und was wäre eine Griechenlandreise ohne den Besuch einer echten griechischen Taverne?

Yamas, kai tou chronou! - Herzliche Grüße aus Korfu!

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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