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M-Tel Schlussbericht
Von Dejan Bojkov
Bis eine Runde vor Schluss war der Ausgang des Turniers schwer vorherzusagen.
Praktisch alle Spieler (außer Adams) hatten noch Chancen auf den Turniersieg.
Höchstwahrscheinlich würde es zum ersten Mal in der Geschichte des M-Tel
Masters zu einem Tie-Break kommen.
Topalov kam in der letzten Runde nach dem frühen Bauernvorstoß b4-b5 am Damenflügel etwas besser aus der Eröffnung heraus; er tauschte seinen schwarzfeldrigen Läufer und verbesserte die Stellung seines weißfeldrigen Läufers. Mit seinem schlecht stehenden Läufer auf b7 konnte Sasikiran nur abwarten. Kurz vor der Zeitkontrolle gab Topalov der Partie eine dramatische Wendung: Er opferte eine Figur für unangenehmen Angriff.
Sasikirian erklärte auf der Pressekonferenz, dass er dieses
Läuferopfer gesehen hatte, aber den unerfreulichen Trend der Partie irgendwie
ändern wollte. Mit nur wenig Zeit auf der Uhr übersah der Inder die
remisträchtige Möglichkeit 38…Dd4, wonach die Stellung nach 39.Kg3 Kh6! Remis
zu sein scheint. Doch plötzlich und anstatt Bauern auf dem Damenflügel
einzusammeln tauschte Topalov die Damen, was ihm ein Endspiel einbrachte, dass
nicht ganz so klar schien. Dem Publikum bescherte er damit ein paar spannende
Momente, aber am Ende erwies sich Topalovs Einschätzung des Endspiels als
richtig und er beendete die Partie stilvoll.
“Mit dem gleichen Ergebnis wäre ich letztes Jahr nur Dritter geworden”,
bekannte der Ex-Weltmeister, “Es ist unglaublich, ein Turnier mit diesem
Ergebnis zu gewinnen. Ich erinnere mich nur an ein Turnier, das ich mit einem
+1-Ergebnis zusammen mit Judit Polgar gewonnen habe, aber damals waren nur
vier Spieler dabei.”
Ich fragte Lev Psakhis, den Trainer von Sasikiran, ob er mit dem Ergebnis
seines Schützlings zufrieden ist. “Es ist noch zu früh, um irgendetwas
Endgültiges zu sagen. Den Großteil des Turniers hat er gut gespielt, aber am
Ende hat er den Sieg verschenkt. Aus den letzten drei Partien hätte er 2 bis
2,5 Punkte holen können. Ein solches Finish hinterlässt unangenehme Gefühle,
aber ich bin sicher, er wird, wenn er nach einigen Monaten zurückblickt,
erkennen, dass das M-Tel Masters ein gutes Turnier für ihn war. Alle Spieler
wurden am Ende sehr müde.”
Nisipeanu und Mamedyarov strengten sich beide an, ihre Partie zu gewinnen,
aber nach Massenabtausch standen die Könige beider Seiten ungeschützt dar und
Remis durch Dauerschach war unvermeidlich. Beide Spieler zeigten sich
zufrieden über ihr kreatives Spiel im Turnier, aber der aserbaidschanische
Großmeister haderte mit seinem Ergebnis.
Nisipeanu erklärte, dass er sich wünschen
würde, seine Eröffnungsvorbereitung wäre auf einem höheren Niveau als in
diesem Turnier war.
Mamedyarov räumte ein, das gleiche Problem mit seiner Eröffnungsvorbereitung
gehabt zu haben. Er erklärte, dass Adams das beste Schach gespielt hätte, aber
bei der Verwertung seiner Stellungen sehr unglücklich agiert hätte.
Kamsky spielte die Eröffnung in der Schlussrunde schlecht. GM Ermenkov, der
die Partien fürs Publikum kommentierte, zählte mit, und stellte fest, dass 10
der ersten 18 Züge von Kamsky Bauernzüge waren.
“Das ist nie ein gutes Zeichen” erklärte er und behielt damit Recht. Adams
gelang es, eine typische Stellung herbeizuführen, in der sein Springer dem
gegnerischen Läufer weit überlegen war. Später gewann Adams einen Bauern, aber
sein amerikanischer Gegner verteidigte sich hartnäckig. Einmal mehr
demonstrierte Kamsky seine Kampfkraft und rettete den halben Punkt. “Ein
Albtraum” war sein einziger Kommentar zu seinem Spiel in der Schlussrunde. “Es
war eine seltsame Partie” stimmte Adams höflich zu.
So blieb der Tie-Break aus.
Einer der Schiedsrichter, Boris Postovsky, erklärte, das das einzige Problem,
das sie hätten lösen müssen, in der neunten Runde aufgetaucht sein, als alle
Uhren plötzlich nicht mehr liefen und ersetzt werden mussten. “Zum Glück
geschah das unmittelbar nach der Zeitnotphase und hatte keine großen Folgen.”
Zum Abschluss lobten alle Spieler die Turnierorganisation und brachten ihren
Wunsch zum Ausdruck, hier wieder spielen zu können.
Silvio Danailov eröffnet die Preisverleihung
Alle Spieler erhalten Karikaturen ihrer selbst
Topalov mit der Ikone für den Sieger
Bilder von der Abschlussfeier:
Veselin Topalov freut sich über den Turniersieg
Die frühere Weltmeisterin Antoaneta Stefanova
Das neue Talent Berbatov zwischen Ivanov und Cheparinov
Psakhis und Mamedyarov
Sasikiran gibt Autogramme
Stefanova und Topalov
Topalov im Interview
Cathy und Ian Rogers im Pressecenter
Interview mit Dr. Stefan Sergiev, Präsident des Bulgarischen Schachverbandes
Mr. Sergiev, Sie haben einen offenen Brief an die FIDE
geschrieben, in dem es um die Teilnahme von Veselin Topalov an der
Weltmeisterschaft in Mexiko geht.
Ja, ich habe diesen Brief im Namen des Bulgarischen Schachverbands
geschrieben. Wir versuchen, Topalovs Interessen zu wahren und ihm die
Teilnahme an diesem Turnier möglich zu machen. Es würde einen Präzedenzfall
darstellen, wenn der Ex-Weltmeister im WM-Zyklus bei Null startet.
Haben Sie eine Antwort erhalten?
Leider nein. Aber ich habe nicht mit einer Antwort gerechnet. Das Problem mit
der FIDE besteht darin, dass sie für gewöhnlich erklären: “Es wurde
beschlossen, dass…” Aber wer hat die Entscheidung gefällt? War es Präsident
Kirsan Illumzhinov oder stammt sie aus irgendeiner Kommission? Wer trifft denn
tatsächlich die Entscheidungen der FIDE? Dies ist ein wirkliches
Durcheinander.
Glauben Sie, die FIDE gibt Topalov eine Chance, um den Titel zu spielen?
Im Moment sieht es so aus, als würden sie ihm diese Chance nicht geben. Aber
wir müssen es weiter versuchen.
Was sagen Sie zu dem Umstand, dass der Zeitplan für die FIDE
Kandidatenturniere mit dem Zeitplan für das M-Tel Masters Turnier kollidiert?
Ich hoffe, dass es dafür keine heimlichen Gründe gibt.
Der bulgarische Präsident Georgi Parvanov ist jetzt schon das dritte
Jahr Schirmherr des Turniers. Ist er Schachfan?
Ja, er hat sogar eine Zeit lang Schach studiert und es ist ein merkwürdiger
Zufall, dass ich sein Trainer war.
Was ist der Grund dafür, dass es dieses Jahr kein offenes Turnier gibt?
Wir wollten einen Interessenkonflikt vermeiden. Der bulgarische Schachverband
hat einen Vertrag mit dem Unternehmen Bulgarian Telecommunication geschlossen,
das ein Konkurrent von M-Tel ist. Deshalb haben wir uns entschieden, dass
offene Turnier zu verschieben.
Vielen Dank für das Gespräch.