Zum 110. Geburtstag von Alexander Tolusch

von Dagobert Kohlmeyer
01.05.2020 – Alexander Tolusch gehörte Mitte des 20. Jahrhunderts zu den besten sowjetischen Spielern, durfte aber nur selten im Ausland spielen. Als Spieler führte er eine scharfe Klinge. Als Trainer unterstützte er Paul Keres und später Boris Spassky. Sein Schüler Spassky nannte ihn einen "Meister der Eingebung". Heute jährt sich Toluschs Geburtstag zum 110. Mal. | Foto: Tolusch, re., in einer Partie gegen Olafsson

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In der früheren Sowjetunion gab es viele hervorragende Schachspieler, deren Namen die junge Generation von heute kaum noch kennt.  Zu ihnen gehörte der Großmeister und namhafte Trainer Alexander Tolusch. Er wurde am 1. Mai 1910 in St. Petersburg geboren. Tolusch wirkte fast sein ganzes Leben in dieser Stadt, die einige Jahrzehnte lang Leningrad hieß. Er war für sein scharfes Angriffsspiel berühmt und nahm an zehn UdSSR-Meisterschaften teil. Im Jahre 1950 wurde Tolusch geteilter Zweiter hinter Paul Keres, den er von 1947 bis 1955 trainierte. Er war darüber hinaus auch Trainer von Ludmilla Rudenko (von 1949-53) und Boris Spasski (von 1952-1960). Außerdem arbeitete Tolusch als Schachjournalist und Radiokommentator. Der Großmeister starb am 3. März 1969 in Leningrad.

Alexander Tolusch verbrachte bis auf seine Militärzeit - er war während des Zweiten Weltkrieges Offizier der Roten Armee - sein gesamtes Leben in Leningrad. Auch seine ersten schachlichen Erfolge feierte er in seiner Heimatstadt. In den Jahren zwischen 1938 und 1947 gewann er dreimal die Leningrader Stadtmeisterschaften, außerdem teilte er den ersten Platz 1937 und 1954. Im Jahre 1938 teilte Tolusch den siebten Platz beim Halbfinale der XI. UdSSR-Meisterschaft in Leningrad, wodurch er sich für das im Jahr darauf – ebenfalls in Leningrad – stattfindende Finale qualifizierte. Bei 18 Teilnehmern kam er dort allerdings nicht über den geteilten 15. bis 16. Platz hinaus. Es gewann der spätere Weltmeister Michail Botwinnik.

Toluschs nächste Teilnahme an den Landesmeisterschaften im Jahre 1944 verlief erfolgreicher. Er bezwang dort unter anderen den späteren Sieger Botwinnik und erreichte am Ende den siebten Platz. Tolusch nahm noch an weiteren UdSSR-Champinonaten teil und erreichte bei den Meisterschaften 1950, nachdem er 1946 und 1947 jeweils den fünften Platz belegt hatte, den geteilten zweiten Rang hinter Paul Keres, mit nur einem halben Punkt Abstand zum Ersten. Daraufhin wurde Tolusch der Titel eines Internationalen Meisters zuerkannt.

v.l.: Botwinnik, Smyslow, Tolusch, Keres, Geller, Petrosjan beim Maroczy Memorial 1952

Beim Kartenspiel, u.a. mit Tajmanov, Tolusch rauchend, während des Turniers Züroch 1953 (Quelle: Zürich Chess Club) 

Seinen größten Turniererfolg errang Alexander Tolusch beim stark besetzten internationalen Turnier von Bukarest 1953, wo er nur dem späteren Weltmeister Wassili Smyslow unterlag und das Turnier vor so starken Spielern wie Petrosjan, Boleslawski, Spasski und Szabó mit einem vollen Punkt Vorsprung gewann (+10, −1, =8). Aufgrund dieser Leistung wurde Tolusch vom Weltschachbund FIDE der Großmeister-Titel verliehen.  

Das Archivfoto von Bukarest 1953 zeigt (von links) Boleslawski, Smyslow, Petrosjan, Tolusch und Spasski.

Zweimal wurde Tolusch in die sowjetische Nationalmannschaft berufen, mit der er 1957 in Baden/Österreich und 1961 in Oberhausen die Mannschafts-Europameisterschaft gewann.

Alexander Tolusch galt als hervorragender Kombinationsspieler und Taktiker, der zahlreiche Schönheitspreise gewann. Auf der anderen Seite sagte man ihm Schwächen im Positionsspiel und beim Lavieren nach. Von seinem taktischen Talent profitierte der Weltmeister von 1969 bis 1972 Boris Spasski, der acht Jahre lang von Tolusch trainiert wurde. Spasski bezeichnete seinen Trainer einmal als „Spieler der Eingebung“.

Großmeister Michail Judowitsch, ein sowjetischer Zeitgenosse von Alexander Tolusch, charakterisierte ihn so: „Gegen Tolusch zu spielen, war sehr interessant, aber auch schwer. Er war ein Schachmeister, der Überraschungen schaffen konnte, die den Charakter des Kampfes scharf änderten. Alexander Tolusch gewann und verlor schön, weil er bis zum letzten Bauern kämpfte. In schwierigen Stellungen vermochte er es, listige Fallen zu stellen und geschickt Hindernisse auf dem Brett zu errichten.“

Hier einige Partien, die Toluschs Schachstil kennzeichnen. Als junger Mann besiegte er, noch ehe seine Schachkarriere richtig Fahrt aufnahm, den großen Capablanca beim Simultan.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Dagobert Kohlmeyer gehört zu den bekanntesten deutschen Schachreportern. Über 35 Jahre berichtet der Berliner bereits in Wort und Bild von Schacholympiaden, Weltmeisterschaften und hochkarätigen Turnieren.

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