
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan.
„Die Männer werden immer bevorzugt“
Interview mit Elisabeth Pähtz, Nummer 1 des deutschen Damenteams
Von Sebastian Siebrecht
Elisabeth Pähtz ist seit
zweieinhalb Jahren die Nummer 1 im deutschen Damenschach und aktuell die Nummer
26 der Weltrangliste. Gestern saß sie in der vierten Runde der Olympiade
gegenüber der Inderin Dronavalli Harika am Brett und spielte remis. Zuvor
plauderte die gebürtige Erfurterin über ihren Werdegang, ihre Ziele, über
Dresden und die Annehmlichkeiten des Schachspiels.
Frage: Wie ist Deine Beziehung zu Dresden?
Elisabeth Pähtz: Ich mag Dresden sehr, eine wunderschöne Stadt. Von 2002 bis
2005 bin ich hier zum Sportgymnasium gegangen. Und ich spiele seit vielen Jahren
in der Liga für Dresden. Da ich durch die ganze Welt reise, wohne ich aber seit
zwei Jahren in Berlin, da dort mehr Flugrouten vorhanden sind und ich zentraler
lebe. Meine größten Erfolge, den Gewinn der U18- und der U20-Weltmeisterschaft
fallen in meine Dresdner Zeit. Nach wie vor spiele in für den USV TU in der
Damenbundesliga.
Wie wird man die beste deutsche Spielerin?
Ich habe das Schach von meinem Vater gelernt, mit ihm und meinem Bruder in der Jugend viele Turniere gespielt. Da ging es in den Ferien nicht an den Strand von Mallorca, sondern zum Turnier nach Gelsenkirchen. Wenn du wirklich gut werden möchtest, musst du hart trainieren und vor allem viele Turniere spielen. Je stärker die Turniere, desto besser. Auf dem Sportgymnasium in Dresden habe ich von 2002 bis 2005 mit Miroslav Shvartz und später mit Davit Lobzhanidze, der jetzt Trainer des Nationalteams ist, zusammengearbeitet.
Was war dein schönstes Schach-Erlebnis?
Das ist eine schwere Frage: Vermutlich mein WM-Titel im Jahre 2002 in Heraklion auf Kreta. Da ist der ganze Ballast und Stress von mir abgefallen. Ich war unglaublich glücklich.
Und deine schönste
Partie?
Mir gefällt die Partie gegen die Inderin Subbaraman Vijayalakshmi im Jahr 2005
beim Einladungsturnier im schweizerischen Biel ganz gut.
Was ist anders,
wenn du gegen Männer spielst?
Manche Männer haben Probleme damit, gegen Frauen anzutreten. Mein stärkstes
„Opfer“ im Turnierschach ist Normunds Miezis – er liegt bei Elo 2557, war sogar
schon einmal bei 2601. Er sitzt hier am Spitzenbrett der Herrenmannschaft von
Lettland. Im Schnell- und Blitzschach waren auch schon noch Stärkere dabei,
unter anderen die Nummer zwei unserer Herrenmannschaft Igor Khenkin, der auf Elo
2647 verweisen kann. Igor konnte ich schon als 16-Jährige schlagen. Und nicht
nur einmal (lacht).
Welche Turniere
stehen nach der Olympiade an?
Erst das ND-Turnier, ein starker Schnellschachkampf in Berlin am 4. Dezember
gegen Almira Skriptschenko. Sie hat Elo 2455 und spielt für Frankreich. Andere
Gegner sind Anna Zatonskih – die Ehefrau von Daniel Fridman liegt bei Elo 2440 –
und die Slowenin Anna Muzychuk mit einer Elo 2508. Das Turnier habe ich die
letzten beide Jahre wohl etwas zu einfach gewonnen. Es folgt Ende Januar
vermutlich ein Open für Frauen in Moskau, sonst ein bisschen Bundesliga.
Welche Ziele hast Du noch?
Ich will in die Top Ten der Frauen. Auch wenn ich gerade etwas schlechtere
Resultate hatte, habe ich dieses Ziel nicht aufgegeben. Und für die Olympiade:
Ich möchte vor heimischen Publikum meine Elo-Zahl verbessern.
Du bist bei der Bundeswehr angestellt.
Ja. Bis zum 30. April 2009 bin ich noch bei der Sportfördergruppe, bei der ich
ein Zeitsoldatengehalt erhalte. Das erleichtert mir die Vorbereitung und die
Auswahl der stärksten Turniere immens. Bei starken Turnieren bekomme ich zudem
zumeist Hotel und Essen bezahlt. Bei ganz besonderen auch ein zusätzliches
Startgeld wie zum Beispiel im Sommer im russischen Krasnatourinsk.
Wieviel Olympiaden hast Du bisher gespielt, was ist das Besondere?
Bisher habe ich 1998 in
Elista in der südrussischen Teilrepublik Kalmückien, 2000 in Istanbul, 2002 in
Bled, 2004 auf Mallorca und 2006 in Turin gespielt. Am besten hat es mir in
Slowenien gefallen, aber Turin war auch schön. Die Eröffnungsfeier in Dresden
war die beste, die ich je gesehen habe.
Was machst du sonst während des Turniers?
Ich telefoniere viel (schmunzelt). Vorgestern bin ich mit Davit Lobzhanidze für
seine Frau Rosen kaufen gegangen, selbst habe ich mir ein paar Stiefel gegönnt.
Wenn es klappt, möchte ich in die Karaoke-Bar. Meine Lieblingssongs sind „Ein
bisschen Frieden“ von Nicole und „These boots are made for walking“ von Nancy
Sinatra (lacht).
Was fasziniert dich am Schach?
Die Kriegsführung. Es ist ähnlich wie bei meiner Ausbildung bei der Bundeswehr.
Erst werden die Bauern geopfert, die stärkste Figuren werden geschützt. Der
Gegner versucht diese abzuschießen. (zeigt Kriechübung, da sie selbst bei der
Bundeswehr nur ein „Bauer“ ist).
Wie ist dein Verhältnis zur Presse?
Gut. Meistens sind die Leute nett. Jetzt ist es ein wenig stressig wegen der
Olympiade. Vor ein paar Tagen wollte ein Reporter von der Deutschen Welle
unbedingt Fernsehaufnahmen machen. Ich sollte mir am Montag oder Dienstag drei
Stunden Zeit nehmen – direkt vor der Olympiade. Ich sagte ihm nach Rücksprache
mit unserem Nationaltrainer, das funktioniere nicht. Und da wurde der Typ frech.
Er meinte, ich sei unprofessionell. Er kannte noch nicht einmal den Namen
unseres Trainers. Wer hier unprofessionell arbeitet, kann sich jeder selbst
ausmalen. Ich werde auch manchmal während einer laufenden Partie angesprochen,
das ist sehr störend. Sonst macht es Spaß, auch wenn Reportagen und Portraits
für mich manchmal sehr anstrengend sind.
Was liegt dir sonst auf dem Herzen?
Ich bin Aktivensprecherin im Deutschen Schachbund. Mir fällt immer die
Ungleichbehandlung von Männern und Frauen im Schach und insbesondere in unserem
Schachbund auf. Ich weiß, dass Geldmangel herrscht. Aber immer werden die Männer
bevorzugt, das ist ungerecht. Als es darum ging, einen zweiten Trainer zu
verpflichten, haben die Männer mit Christopher Lutz natürlich einen starken
Großmeister bekommen. Bei Frauen ist dafür keine Position vorgesehen, obwohl es
vorher ausgemacht wurde.
Du bist selbst aktiv geworden.
Wir haben mit Marta und Keti zwei weitere Spielerinnen in den Top 100 der Welt.
Als vom Schachbund nichts kam, habe ich mich selbst um einen zweiten Trainer
bemüht, den Georgier Davit Shengelia gewonnen, der in Wien lebt und mit mir im
Herren-Bundesligateam in Berlin spielt. Hier sollte Davit dann bei der
Jugendnationalmannschaft wohnen, das wäre eine halbe Stunde von unserem Hotel
entfernt gewesen. Das hätte die Vorbereitung erheblich erschwert. Ich bin
deswegen mit meiner Mannschaftskollegin Sarah in ein Doppelzimmer gezogen, so
dass Davit nun doch ein Zimmer in unserer Nähe hat.
Interview: S. Siebrecht