Angenommenes Shabalov-Shirov-Gambit
Von Michal
Krasenkow
1.d4 d5 2.c4 c6 3.Sf3 Sf6 4.Sc3 e6 5.e3
Sbd7 6.Dc2 Ld6 7.g4 Sxg4 8.Tg1
Allgemein ist das Gambit ein
bisschen umstritten und reflektiert moderne Trends in der Schachstrategie
("zweite Eröffnungsrevolution der 90er"?). Das Zentrum ist weder stabil noch
wird es von Weiß dominiert, wie also kann ein solcher Flankenangriff Erfolg
haben. Doch die schwarzen Bemühungen um Gegenspiel im Zentrum (7...dxc4 mit der
Idee ...e6-e5; 7...Lb4 mit Kampf um
das Feld e4; schließlich, 7...h6 nebst ...e6-e5 oder ...d5xc4 Lf1xc4 b7-b5 mit der Idee ...Lc8-b7
und ...c6-c5, was von L.Schandorff untersucht wurde), wiewohl völlig
gerechtfertigt und positionell korrekt, haben keinerlei "Widerlegung" geliefert.
Es ist bemerkenswert, dass GM Boris Gelfand, der früher immer über das
Shabalov-Shirov-Gambit zu witzeln pflegte ("in den entstehenden Stellungen würde
sich Weiß oft freuen, g4-g2 zu spielen"), später darauf zurückkam und es in
seiner eigenen Praxis anwandte!
Vor kurzem wandte GM Vladimir
Kramnik seinen Blick wieder dem offensichtlichsten Zug zu:
7...Sxg4
Diese Annahme des
Shabalov-Shirov-Gambits ist absolut logisch, und man mag sich wundern, weshalb
sie in der Großmeisterpraxis nicht besonders populär ist. Wie so oft sind die
Gründe überwiegend historischer Natur. Im Jahr 1992, als das ganze System zu
dämmern begann, erzielte Weiß in diesem Abspiel einige überzeugende Siege
(wenngleich nicht auf höchster Ebene), wonach es für lange Zeit ad acta gelegt
wurde. Heutzutage (vor allem nach der vor kurzem gespielten Partie Morozevich,A
- Kramnik,V) könnte der Prozess der Neuentdeckung und -entwicklung endgültig
einsetzen. Wenn Sie daher dieses System als Weißer spielen, sollten Sie darauf
gefasst sein, damit konfrontiert zu werden, und zwar sehr, sehr bald.
Nach 8.Tg1
hat Schwarz in der Praxis die folgenden Möglichkeiten angewandt:
C) 8...Df6.
Ein wichtiger Zug. Nach 9.Txg4 Dxf3 10.Txg7 gewinnt Weiß den
Bauern zurück, aber die schwarze Dame auf f3 ist recht lästig.
Schwarz kann seine Entwicklung
auf zweierlei Weise fortsetzen:
C1) 10...Sf6.
Meines Erachtens lautet die beste weiße Erwiderung 11.Tg5!
(drohend, den Eindringling mittels 12.Lg2
zu fangen). Nach 11...Se4 (andere
Optionen werden erwähnt in den Anmerkungen zu
Benitah,Y - Flear,G 1-0) 12.Sxe4
kann Schwarz mit der Dame oder dem Bauern wiedernehmen. Diese beiden
Möglichkeiten werden untersucht in
Benitah,Y - Flear,G 1-0 bzw. Gonzalez
Vidal,Y - Mosquera,M 0-1. Sowohl im Endspiel als auch im Mittelspiel bewahrt
Weiß ein kleines Plus.
C2) 10...Sf8
(drohend 11...Sg6) 11.Tg1
(11.Tg5!? ist auch hier
interessant, allerdings gibt es zu wenig Material, um irgendwelche Schlüsse zu
ziehen). Schwarz kann nun einmal mehr Material gewinnen (auf h2 und später sogar
auf f2), aber Weiß behauptet, nachdem er die lange Rochade vorbereitet,
Entwicklungsvorsprung und eine starke Initiative. In der Praxis sah man 11...Sg6
(Krasenkow,M - Piket,J ½-½); 11...Lxh2
12.Le2 und nun 12...Df6
(Sadykov,R - Sveshnikov,E 1-0) oder
12...Dh3 (Agrest,E
- Korobov,A 1-0).
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