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Schachspektakel in Mainz
Von Johannes Fischer, Fotos: Hartmut Metz
"Mir ist jedes Mittel recht, um Schach für Publikum und Sponsoren attraktiver zu
gestalten" erklärte Hans-Walter Schmitt, der Organisator der Chess Classics, in
Mainz am Mittwoch zum Auftakt der Veranstaltung. Schmitt setzt auf Show,
Spektakel und hohe Preisgelder. Die Show lockt Zuschauer, Presse und Fernsehen
nach Mainz, während die Profis vom Preisgeld träumen. So spielen 31 der
Top-Hundert der Welt im Chess 960 oder Fischer-Random Open, das heute zu Ende
geht. Mit dabei sind u.a. Spieler wie Etienne Bacrot, Alexander Morosewitsch,
Alexander Grischuk und Ex-Fideweltmeister Ruslan Ponomarjow. So viel
Großmeisterschach wirkt auf Amateure wie ein Magnet und für das Ordix Open, das
am Samstag beginnt, haben sich fast 500 Spieler angemeldet.
Bacrot
Auch die Showkämpfe versprechen Spannung. Vishy Anand, von Schmitt bei der
Pressekonferenz kühn als " bester Spieler der Welt" vorgestellt, tritt gegen
Angriffskünstler Alexei Schirow an. Nach zwei von insgesamt acht Partien führt
Anand 1,5:0,5.
Peter Swidler, nach seinem Vorjahressieg gegen Peter Leko zum Weltmeister im Chess 960 ernannt, verteidigt diesen Titel gegen den Vorjahressieger des Chess 960-Opens Levon Aronjan, einem begnadeten Blitzspieler und Dritter bei der diesjährigen Europameisterschaft. Dort steht es nach zwei Partien 1:1, die erste Partie gewann Swidler, die zweite ging an Aronjan.
Nirgendwo wird Chess 960 oder Fischer-Random so gefördert wie in
Mainz und die Verhaftung des Namensgebers dieser Variante des Schachs brachte
den Chess Classics zusätzliche Publicity, für die Schmitt sich bei der
Pressekonferenz bei Fischer "bedankte". Zugleich wandte er sich mit einem
Aufruf, das inhaftierte Schachgenie politisch zu unterstützen, an Innenminister
Otto Schily. Und unter dem Motto "Free Bobby Fischer" startete Schmitt eine
Unterschriftenaktion, mit der Schachspieler dem Ex-Weltmeister beistehen können.
Außerdem zeigen sich die Chess Classics dieses Jahr unerwartet modebewusst. Zu
Gast ist Carmen Kass, Supermodel und seit kurzem Vorsitzende des estnischen
Schachverbands.
Während sie früher Modezeitschriften mit Werbung für Dior und
Versace schmückte, unterstützt sie jetzt die Bewerbung von Tallinn als
Austragungsort der Schacholympiade 2008. Das bedeutet Konkurrenz für den
einzigen Mitbewerber Dresden. Eine Rivalität, die sie sportlich sieht: „Dresden
hat eine sehr gute Bewerbung. Wir sind keine Feinde. Wenn sie gewinnen, freue
ich mich für sie. Sollten wir uns durchsetzen, freue ich mich für Estland.“
Zum Auftakt der Chess Classics musste sich Carmen Kass allerdings am Brett
beweisen und in einem Blitzmatch gegen Anand und die Frauenweltmeisterin
Antoaneta Stefanova antreten.
Ihr Partner dabei war Jens Beutel, seines Zeichens Mainzer Oberbürgermeister, Förderer der Chess Classics, Schachfan und starker Amateur.
Reizvoll sind solche Geschlechterkämpfe immer, aber trotz einer
Zeitvorgabe von drei Minuten wurde schnell deutlich, dass Kass und Beutel keine
Chance hatten. Stefanova und Anand spielten konzentriert, sicher, schnell, aber
ruhig, und trotz der geringen Bedenkzeit von nur zwei Minuten und einer Sekunde
Zuschlag pro Zug, hatten sie das Geschehen jederzeit unter Kontrolle.
Stefanova gewann all ihre Partien und Anand gab nur ein Remis ab, weil der Gentleman in ihm durchbrach. In seiner ersten Partie gegen Carmen Kass bot er Remis an, obwohl die Estin die Zeit bereits überschritten hatte und Anand in zwei Zügen hätte Matt setzen können. Freundlich lächelnd sagte sie "Thank you" und nahm das Geschenk an.
Gegen Jens Beutel kannte Anand jedoch kein Pardon. Der Mainzer
Bürgermeister kam direkt aus einer Sitzung und musste erst einmal auf Schach
umschalten. Dennoch leistete er verbissen Widerstand. Aber nachdem er einmal
einen Springerzug von Anand übersehen hatte, gab er sofort auf und seufzte er
wie viele Schachspieler in ähnlichen Situationen "Ach – Sd6 habe ich nicht
gesehen" und fügte noch hinzu: "Ich bin kein Blitzer". Auch Carmen Kass trug
ihre Niederlagen mit Fassung. Gut gelaunt plauderte sie nach Ende der Partien
mit Stefanova und Anand und tauschte Nettigkeiten aus.
Richtig dramatisch wurde es bei diesen Blitzpartien nur einmal. Da eilte der
Schiedsrichter zu schnell zum Spieltisch und fiel mit lautem Knall von der
Bühne. Schnell und unversehrt war er jedoch wieder auf den Beinen und die Show
konnte weitergehen. Und das tut sie bis Sonntag. Morgen beginnt das Ordix Open.
Es sind noch Plätze frei.
Arthur Jussupov
Gentleman Anand macht Schönheit schönes
Geschenk
Frosch quakte am Brett von Carmen Kass
Von Hartmut Metz
„Ich konnte nichts mehr denken. Mein Herz raste - ich vergaß alle Vorbereitung“, berichtete Super-Model Carmen Kass von ihrer Blitzpartie gegen Viswanathan Anand. Der Zeitvorteil der Präsidentin des Estnischen Schachverbandes von fünf gegenüber zwei Minuten (plus zwei bzw. eine Sekunde pro ausgeführten Zug) schwand zusehends. Als Carmen Kass einen Bauern fraß und feststellte, dass das schlecht war, schaute die Grazie den Inder fragend an. Der schmunzelte - wie die ganze Partie über - und sagte ihr, sie dürfe den Zug gerne zurücknehmen. Der erfolgreichste Schachspieler auf dem Globus zeigte sich bis zum Schluss ganz als Gentleman: Als er in zwei Zügen matt setzen konnte und Carmen Kass die Zeit überschritt, bot er ein Remis an! Das war aber auch das einzige Geschenk, das der „Tiger von Madras“ an diesem Tag gab. Die restlichen Blitzpartien gegen den Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel, den Sponsor von Vizemeister SC Baden-Oos, Wolfgang Grenke, Frankfurt-West-Altmeister Ferdinand Niebling, Internet-Gewinner Stefan Hütte (er ersteigerte das Recht für 500 Euro) und Vincent Bremer (ebenfalls Internet-Ersteigerer) gewann Anand. Jens Beutel wollte noch unbedingt eine Zusatzpartie spielen und verlor auch diese.
Kein Erbarmen zeigte Weltmeisterin Antoaneta Stefanowa. Die Bulgarin bezwang alle sechs genannten Gegner. Kass hatte so viel Spaß, dass sie zweimal gegen Stefanowa antrat und in der ersten Partie rund 40 Züge durchhielt. "Sie ist so nett und süß", erklärte die 25-jährige Estin bezüglich ihrer gleichaltrige Kontrahentin. Offenbar verstanden sich die beiden Schönheiten blendend, denn nicht nur vor und nach den Partien unterhielten sie sich den Tag über lange und lachten gemeinsam. "Ich habe Anand zugeflüstert, er solle aufgeben, wenn er mir einen Gefallen tun will", alberte das völlig ohne Allüren auftretende Super-Model nach den drei Blitzpartien und ergänzte, "wenn er nicht remisiert hätte, hätte ich ihn natürlich geschlagen!"
Im Ernst ergänzte sie dann: "Das war eine einmalige Erfahrung für mich. Er war so nett, mir einen halben Punkt zu schenken." Aruna, die Ehefrau von Anand, zeigte sich nicht eifersüchtig, dass ihr Göttergatte mit einem Super-Model ans Brett ging. "Ab und zu spielen wir auch ein bisschen Schach", erklärte sie verschmitzt. Richtig gehend einen "Kick" aus dem Schachspiel zieht die estnische Schach-Präsidentin. "Ich habe erst vor ein paar Tagen auf dem ICC gespielt", berichtete Carmen Kass, dass sie unter zwei Namen im Internet spielt. Gelernt hat sie das Denkspiel von ihrem Vater, der Schachlehrer war. "Mit meinem Bruder und meiner Schwester haben wir heiße Turniere ausgefochten", erinnert sich die in Los Angeles lebende 25-Jährige.
Bleibt noch zu klären, warum plötzlich ein Frosch am Brett von Kass und des "Tigers von Madras" quakte! Es handelte sich schlicht um die falsche Taktik! Pressechef Hartmut Metz hatte vorgeschlagen, das Handy des ebenfalls in Mainz weilenden Ex-Weltmeisters Ruslan Ponomariow zu organisieren. Er war nämlich der erste Großmeister, der durch ein Handy-Klingeln eine Partie verlor gegen Jewgeni Agreest. "Das stecken wir in Vishys Tasche und ich rufe dann an. Dann haben Sie gewonnen", schlug Metz Carmen Kass vor. "Prima Idee", scherzte diese mit. Ganz vergessen hatte sie aber, ihr Handy auszuschalten. Plötzlich fing es nämlich in ihrer Handtasche an zu quaken, als sie gegen Anand antrat. Ihr Handy wurde von Schiedsrichter Sven Noppes rasch entsorgte, während der "Tiger von Madras" breit grinste.
Mensch vs. Machine Match: 1-1
Aronian vs. The Baron
Levon Aronian und das niederländische Schachprogramm
The Baron von Richard Pijl (Bild) trennten sich mit zwei Remis bei der
Weltpremiere im Chess960 Match Mensch gegen Maschine. Vielleicht war Großmeister
Aronian der erste Großmeister, der falsch rochierte, zumindest vergaß er in der
ersten Partie die genaue Chess960 Regel für den Königs-Turmtausch am
Damenflügel. Das 1-1 ist ein gutes Ergebnis eines Amateurprogramms gegen den ELO
- Riesen und WM-Herausforderer Levon Aronian. Richard Pijl verlies die Bühne
stolz: sein Programm war ein ebenbürtiger Gegner.
„In einer Minute falle ich tot um“, erklärte Peter Swidler nach
seinem Chess960-Simultan an 20 Brettern. 17:3 Punkte, vier Remis sowie einen
ganzen Punkt gegen Björn Weick vom SC Frankfurt-West gab der Russe, ab. Das sei
ein „gutes Resultat, nein, ein sehr gutes“, korrigierte sich Swidler. Das
Simultan sei unglaublich schwer gewesen, weil viele seiner Gegner „meine Züge
nachmachten. Das war nicht fair“, ulkte der Chess960-Weltmeister, um dann ein
positives Fazit zu ziehen, „das Simultan war eine gute Vorbereitung auf mein
Duell gegen Levon Aronjan.“
Das Duell der Weltmeister
Viswanathan Anand vs Alexei Schirow
1 2 3 4 5 6 7 8 Summe
Anand ½ 1
Schirow ½ 0
Runde 1
Alexej Schirow schüttelte unzufrieden den Kopf. Das Remis mit Weiß war nicht
nach seinem Geschmack. Doch mit nur noch 40 Sekunden auf der Uhr fügte sich der
Wahl-Spanier gegen Viswanathan Anand ins Remis. Nach dem Turmschach auf a3
musste Schirow den Turm tauschen, da ansonsten er und nicht der Inder matt
gegangen wäre, wenn Weiß Kh2?? zieht. Ein spannender Auftakt!
Runde 2
Viswanathan Anand ging im zweiten Duell mit 1,5:0,5 in Führung. Lg4 geißelten
beide Spieler als Fehler. Nach einem Qualitätsopfer verwertete der Inder die
zwei Bauern, die er dafür erhielt. Alexej Schirow beklagte die vergebene Chance
zum Auftakt. Stand zunächst der Inder mit Schwarz besser, kam Schirow durch die
riskanten Bauernzüge g4 und h4, "die vielleicht verlieren", auf. Als Anand dann
das Turmschach auf a3 gab, wollte Schirow nicht f3! anstatt Tg3 riskieren. "Das
hätte aber gewonnen", befand der Spanier in der Pressekonferenz.
Gerling Match
Chess960 Weltmeisterschaft - Swidler vs Aronjan
1 2 3 4 5 6 7 8 Summe
Swidler 1 0 1
Aronjan 0 1 1
Runde 1
Peter Swidler kam gegen Levon Aronjan früh zu großem zeitlichen Vorteil.
Teilweise hatte der Russe neun Minuten auf der Uhr, während dem
WM-Herausforderer nur noch ein paar Sekunden blieben. Das war zu wenig, um ein
schwieriges Endspiel mit Minusbauer zu retten.
Runde 2
Die Rollen waren im zweiten Vergleich genau umgekehrt verteilt. Diesmal
bestimmte Aronjan die Partie. "Ich wurde überspielt", gestand Swidler. Er
beklagte sich über eine falsche Schiedsrichter-Auskunft des Vorjahres. Die habe
dazu geführt, dass er die Rochade so wie damals ausführen wollte. Sie war aber
nicht erlaubt, weil der König dann über ein bedrohtes Feld rochiert hätte - aber
nur der Turm darf das. Daher 1:1 nach zwei Partien.
8 Partien Schnellschach:
25 Min./Partie + 10 Sek./Zug
Donnerstag, 5.8. Runde 1+2
Freitag, 6.8. Runde 3+4
Samstag, 7.8. Runde 5+6
Sonnstag, 8.8. Runde 7+8
Rundenbeginn: 18.30h und 20.00h
Beim Chess960 weisen nach dem ersten Tag drei Spieler die
Idealpunktzahl auf: Artur Jusspow (SG Solingen), der Franzose Etienne Bacrot und
der Russe Michail Kobalija. Mit Luke McShane (England), Wadim Swagintsew
(Russland) und Zoltan Almasi (Ungarn) folgen mit 4,5 Zählern. Nicht ganz
zufrieden zeigten sich nach fünf Runden Ruslan Ponomarjow (4) und der
enttäuschte Alexander Morosewitsch (3,5). Der Ex-Weltmeister und der
Weltranglistenvierte hatten dann auch nur noch das wichtigste Match des Abends
im Kopf: ihren Zweikampf! Im Blitz wollten die beiden zehn Chess960-Duelle
austragen. Der Einsatz ist dabei nicht gering mit 50 Euro pro Duell!