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Rakhmangulova konnte nicht glauben, dass ihre Kindheitsängste vor dem Krieg Wirklichkeit geworden waren, als sie am 24. Februar vom Lärm der Raketen und Luftschutzsirenen erwachte. "Es war schrecklich. Ich hatte große Angst. Ich konnte nicht verstehen, wie das passieren konnte", sagte sie. Als die Realität sie wieder einholte, packte sie das Nötigste ein: einen Laptop, ein paar Kleidungsstücke und ein wenig Milch.
Im Luftschutzkeller
Spärlicher Besitz
"Meine Mutter und ich verließen unsere Wohnung und gingen in den Luftschutzkeller. Nachdem wir dort eine Woche geblieben waren, beschlossen wir, dass es an der Zeit war, die Ukraine zu verlassen. Ich dachte, entweder jetzt oder nie. Je länger wir blieben, desto gefährlicher konnte die Situation werden."
Die Flucht in die Tschechische Republik bot zwar Sicherheit, aber es war nicht leicht, sich an die plötzlichen Veränderungen anzupassen. "Ich war verzweifelt. Es konnte nichts tun. Es dauerte vier Tage, bis ich begriff, dass ich in Sicherheit war." Etwa eine Woche nach ihrer Ankunft in der Tschechischen Republik beschloss Rakhmangulova bewusst, sich mit Dingen zu beschäftigen, die sie vom ständigen Lesen der Kriegsnachrichten ablenken würden. Sie begann damit, Kindern in der Ukraine kostenlosen Online-Schachunterricht zu geben. Außerdem rief sie eine Spendenaktion ins Leben, um ihren Landsleuten zu helfen, die unter dem Krieg leiden. Bislang hat sie 5000 Euro gesammelt.
Erst einen Monat später fing sie an, sich wieder auf das Schach zu konzentrieren. "Ich war froh, dass ich das Training wieder aufnehmen konnte. Bis dahin war es wirklich schwer, an etwas anderes zu denken als an den Krieg. Ich habe die ganze Zeit Nachrichten gelesen. Ich bin so froh, dass ich Schach in meinem Leben habe. Es hat mir geholfen, mit der Situation fertig zu werden."
Kurz darauf spielte Rachmangulova ein Turnier in der Tschechischen Republik, danach fuhr sie nach Paris, um ein Turnier im Pariser Vorort Malakoff zu spielen. Es war ihr dritter Besuch in der französischen Hauptstadt. Während sie bei ihrer ersten Reise im Jahr 2016, "ihren Traum vom Besuch des Eiffelturms verwirklichen" wollte, kam sie 2022, nach ihrer Teilnahme am Cappelle-la-Grande-Open vom 12. bis 18. Februar, zum zweiten Mal nach Paris. "Ich habe meine Lieblingsorte in Paris besucht, bevor ich zwei Tage vor Kriegsbeginn nach Kiew zurückkehrt bin."
Als Touristin in Paris: Nach dem Cappelle-la-Grande-Open im Februar besuchte Anastasiya Rakhmangulova den Louvre
Rakhmangulova will weiter Turniere spielen, um ihr Ziel Frauengroßmeisterin zu werden, zu erreichen, und um andere Spieler und Spielerinnen über die Lage in der Ukraine zu informieren.
Während Rakhmangulova und ihre Mutter in der Tschechischen Republik leben, konnte ihr Vater nach Irland gelangen, nachdem er aus der südukrainischen Stadt Mykolaiv geflohen war. Ihr Bruder lebt immer noch in der Westukraine.
Rakhmangulova bereitet sich derzeit auf ein Schachturnier in Norwegen vor, das Anfang Juni beginnt und bei dem sie eine WGM-Norm erzielen will. "Nach diesem Turnier überlegen wir, in die Ukraine zurückzukehren, ohne wirklich zu wissen, wie es möglich sein wird, wieder anzufangen." Ihre größte Angst ist, dass sie "die schreckliche Erfahrung von Raketenangriffen und Luftangriffssirenen noch einmal erleben muss".
"Der Klang der Sirenen blieb mir lange Zeit im Gedächtnis. Einen Monat lang hatte ich immer wieder den Alptraum, wie ich meine Wohnung verlassen musste."
Rakhmangulova sagte, auch wenn einige Menschen jetzt nach Kiew zurückkehrten, könne die Möglichkeit von Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt nicht ausgeschlossen werden. "Ich habe Angst, das noch einmal zu erleben. Aber gleichzeitig vermisse ich Kiev und meine Wohnung wirklich sehr. Es fällt mir schwer, hier das Richtige zu tun."
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