Anna Muzychuk: "Die Weltmeisterschaft in Teheran war problematisch"

von ChessBase
15.03.2017 – Anna Muzychuk war eine der Top-Favoritinnen auf den Titel bei der Frauen-Weltmeisterschaft in Teheran. Die Ukrainerin kam bis ins Finale, unterlag dort aber überraschend Tan Zhongyi. Im Interview äußerte sie sich zu den Spielbedingungen bei der Weltmeisterschaft und gibt eine Erklärung für ihre Niederlage.

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Anna Muzychuk: "Die Weltmeisterschaft in Teheran war die bislang problematischste“

In ihre Heimatstadt Lwiw zurückgekehrt, erzählte die Silbermedaille-Gewinnerin der Frauen Schachweltmeisterschaft, Anna Muzychuk, über die Schwierigkeiten, die sie bei der Weltmeisterschaft in Teheran meistern musste:

 

Empfang bei der Rückkehr in Lwiw (Foto: facebook.com/ovaceba)


"Ich habe einen Monat lang im Hotel gewohnt und mich nur innerhalb der Hotelanlage bewegt. Eine Ausnahme bildete der letzte Tag, an dem wir die Residenz des Ukrainischen Botschafters besucht haben" – zitiert xsport.ua die Schachspielerin. "Es gelang mir nicht, Teheran zu sehen, dafür hatte ich keine Zeit. Es gab auch gewisse organisatorische Probleme. Wir haben im Hotel gespielt, das ganz normal im Betrieb war, in dem aber Bauarbeiter ständig beschäftigt waren und für ein allgemeines Unwohlsein bei den Schachspielerinnen sorgten.

Im Spielsaal war es sehr heiß – ein Problem, das man nicht richtig in den Griff bekam, auch wenn man es ständig versuchte. Kurzum – es gab viele Unstimmigkeiten, für die es bis zum Schluss keine Lösung gab. Die Arbeiten im Hotel wurden auch während der Runden nicht eingestellt und der Lärm der Maschinen begleitete uns jede Partie hindurch. Bei einer Weltmeisterschaft darf so etwas nicht vorkommen.

Es gab auch Schwierigkeiten mit der Luft und dem Essen. Die Teilnehmerinnen waren gezwungen, nur in den Restaurants zu speisen, die sich auf der Hotelanlage befanden. Für die Europäer war das Essen dort aber sehr gewöhnungsbedürftig. Ab dem dritten Tag schmeckte alles gleich. Diese Weltmeisterschaft war wohl die problematischste von allen."

Nach Muzychuks Worten bestand Tan Zhongyis Hauptvorteil im Finale darin, dass die Chinesin in Teheran sehr viel besser unterstützt wurde.

"Ein derartiger Wettkampf ist komplex und spezifisch. Es war nicht einfach, im Iran alleine eine Weltmeisterschaft zu spielen. Ich musste alle Entscheidungen selbst treffen und innerhalb eines Monats waren das nicht wenige. Der Umstand, dass ich ohne Trainer da war, hat schon eine Rolle gespielt. Ein Trainer wäre nicht nur für die Vorbereitung enorm wichtig gewesen, sondern auch für die Hilfe, Unterstützung und Kommunikation. In dieser Hinsicht hatte die Chinesin einen großen Vorteil. Sie hatte einen Trainer, einen Dolmetscher und eine Gruppe weiterer Unterstützer.

Zu Beginn der Meisterschaft waren noch einige Ukrainerinnen mit von der Partie, doch sie mussten sich schnell verabschieden. Der ukrainische Kommentator der Weltmeisterschaft, Evgeny Miroshnichenko, hat mich zwar unterstützt, doch ist dies nicht mit dem zu vergleichen, was meine Gegnerin an Beistand hatte. Mit einem Trainer an meiner Seite wäre vieles leichter gewesen. Bei dem Tie-Break, um nur ein Beispiel zu nennen, hatten wir fünf Minuten Pause zwischen den einzelnen Partien. Ich musste meine Fehler selbst analysieren, während der Trainer meiner Gegnerin ihr genau sagte, was sie falsch gemacht hat und worauf sie besser achten muss. Die Möglichkeit, auf das Zimmer zu gehen, um jemanden anzurufen, hatte ich nicht. Ich glaube, dass Tan Zhongyis im Finale einen gelasseneren Eindruck gemacht hat als ich."

Kirsan Illyumzhinov und Anna Muzychuk bei der Schlussfeier. Foto: Anastasya Karlovich

 

Quelle: http://chess-news.ru/node/22843

Nachdruck in deutscher Sprache mit freundlicher Genehmigung

 

 

 


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Nils-Hero Nils-Hero 17.03.2017 01:03
Nun, es wird nicht ganz der Gund klar warum Sie keinen Trainer dabei hatte, was natürlich bei der Favoritin dieser WM verwundert.

Meiner Meinung nach ist Musychuk strategisch besser als ihre Schwester, aber taktisch schlechter. Daran muss Sie arbeiten, dann wird Sie in Sphären von Hou Yifan gelangen, und dann klappts auch mit dem WM-Titel.

Unschön war auch, daß diese WM durch eine Armageddon-Partie entschieden wurde, die Remis ausging. Wann wird das endlich abgeschafft? Man kann doch Blitz-Doppelrunden spielen, bis eine Siegerin feststeht, ist das wirklich sooo schwer umzusetzen? Zur Not wird im Restaurant um die Ecke weitergeblitzt, wenn der Saal gebraucht wird, aber schafft bitte diese unselige Armageddon-Partie ab.
Ramumbi Ramumbi 16.03.2017 01:39
Hätte sie die Weltmeisterschaft gewonnen, wäre alles nicht so schlimm gewesen. Aber so waren die schlechten Umstände der Grund ihrer Niederlage. Sie hätte sich doch ebenso um einen Begleiter als Trainer, Dolmetscher, etc. kümmern können. So ein Pech, daß man auf einmal ganz alleine gegen die Chinesen nicht ankommt (die doch die gleichen Bedingungen "ertragen" mußte/n) ... Und wenn eine Weltmeisterschaft in Teheran mit Kopftuchzwang durchgeführt wird, dann kann ich mir vorher so meine Gedanken machen und mich später nur noch bestätigt fühlen! ... Oder ... ich mache es der Ex-Weltmeisterin gleich und nehme erst gar nicht daran teil!!!
hodgkin hodgkin 15.03.2017 02:36
Die Anna Muzychuk macht sich ganz schön zum Opfer der Umstände. Das hätte sie im Vorfeld als Schachspielerin die logisch denken kann, wissen können. Also ich rechne so was durch, was mach ich dann, wenn das und jenes passiert. Ok, der Lärm ist übel, kann ich verstehen, aber sonst.
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