Arctic Chess Challenge in Tromsø

von ChessBase
04.08.2009 – In den letzten Jahren hat das Arctic Chess Challenge in der norwegischen Stadt Tromsø zunehmende Bekanntheit unter den Schachspielern erreciht, nicht zuletzt deswegen, weil Magnus Carlsen dort mitspielte. Trotzdem gilt der abgelegene Turnierort weit im Norden Norwegens noch als Geheimtipp, zumindest im Osten Europas "Nur wenige Russen sind am Start. Wissen Sie denn nicht, dass man über Riga mit Air Baltic bequem anreisen kann?", wundert sich Misha Savinov in seinem Bericht von der diesjährigen Auflage, die am Freitag begonnen hat (1.-7.8.). Familie Carlsen ist diesmal nicht vor Ort, aber dafür mit Simen Agdestein (als Gast) und Jon Ludvig Hammer andere norwegische Spitzenspieler. Nach drei Runden liegen mit Sarunas Sulkis, Marijan Petrov, Fabio Bruni und Luca Shytia internationale Spieler an der Spitze des über 100 Köpfe starken Feldes.Turnierseite...Bericht, Bilder, Partien, etc...

ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024 ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024

ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan

Mehr...

 

Arctic Chess Challenge in Tromsø
Am 1. August begann in Tromsø, Norwegen, die 4. Arctic Chess Challenge. Misha Savinov berichtet aus dem hohen Norden.

Pl. Name Kl. GP NWZ FIDE-Elo Punkte Buchholz Leist. FIDE Progr.
GM Sarunas Sulskis    
 
3,0
4,0
2970
9,00
IM Marijan Petrov    
 
3,0
4,0
2833
9,00
IM Fabio Bruno    
 
3,0
3,5
2840
9,00
IM Luca Shytaj    
 
3,0
3,0
3008
9,00
GM Emanuel Berg    
 
2,5
4,5
2608
8,00
GM Jon Ludvig Hammer    
2,5
4,5
2577
8,00
GM Igor Khenkin    
 
2,5
4,5
2571
7,50
GM Monika Socko    
 
2,5
4,5
2570
8,00
IM Torbjørn R. Hansen    
2,5
4,5
2553
8,00
10 
GM Allan Stig Rasmussen    
 
2,5
4,5
2530
8,00
11 
IM Aleksandar H. Wohl    
 
2,5
4,5
2528
8,00
12 
IM Ray Robson    
 
2,5
4,5
2507
8,00
13 
IM Gerard Welling    
 
2,5
4,5
2504
8,00
14 
GM Vadim Malakhatko    
 
2,5
4,0
2566
8,00
15 
GM Julian Radulski    
 
2,5
4,0
2488
7,50
16 
FM Joachim Thomassen    
2,5
4,0
2485
7,50
17 
FM Kjetil Stokke    
 
2,5
4,0
2479
8,00
18 
IM Kalle Kiik    
 
2,5
3,5
2449
7,50
19 
WGM Natalia Zdebskaja    
 
2,5
3,0
2410
7,50
20 
FM Arkadiusz Leniart    
 
2,5
3,0
2368
7,50
21 
GM Heikki M.J. Westerinen    
 
2,5
3,0
2361
7,50
22 
FM Frode Olav Olsen Urkedal    
2,5
3,0
2320
7,50

...

119 Spieler

Auswahl der Runden 1 und 2

Alle Partien der Runden 1 bis 3



Der hohe Norden begrüßt seine Gäste mit hohen Temperaturen. Es herrscht Sommer, auch dann, wenn man keine Tromsø-Maßstäbe anlegt.

Ich kam am 28. Juli an und bis jetzt war es immer sonnig und heiß. Der durchschnittliche Tagestemperatur liegt zwischen 20 und 22 Grad, aber direkt in der Sonne ist es viel wärmer, egal ob in Mitternachts- oder Mittagssonne. Die Einheimischen gehen Sonnenbaden oder baden sogar im Meer (ich gehe höchstens knietief hinein; dieses Wasser ist zu kalt für jemanden, der am Schwarzen Meer groß geworden ist). Das Wetter beeindruckt auch alle Neuankömmlinge.



„Eigentlich wollte ich der europäischen Hitze entkommen“, erzählte mit GM Igor Khenkin. „Aber alles ist genauso! Mir ist es schon zu heiß, wenn ich das Hotel verlasse!“

Die fast 20 Teilnehmer aus Afrika fanden das Wetter zwar ziemlich kühl, doch recht angenehm, vergleichbar dem Frühling in Afrika.


GM Amon Simutowe aus Sambia, einer der stärksten afrikanischen Spieler

Dieses Jahr ist das Feld sehr unterschiedlich besetzt und einer der Gründe dafür ist, dass Tromsø 2014 die Schacholympiade ausrichten möchte. Die Teilnehmer kommen nicht nur aus Skandinavien und dem Baltikum, sondern auch aus den USA, der Ukraine, Italien, England, Belgien, Bulgarien, Spanien, Australien, Südafrika, Libyen, Kenia, Botswana, Mosambik usw. Auch Susan Polgar ist beim Turnier zu Gast und berichtet in ihrem Blog darüber.


Prominenter Gast: Susan Polgar

Anders als in den Vorjahren ist das Feld „dichter“, mit mehr Spielern, die eine Zahl zwischen 2300 und 2500 haben, was zu besseren Normchancen führt.


Das Spiellokal


Der Vorsitzende des Kulturkomitees hat gerade Dr. Tarrasch zitiert


Die Spieler hörten einen bekannten Namen und wandten sich der Bühne zu


Hauptschiedsrichter Panagiotis Nikolopoulos warnt vor Handys und dergleichen
 

Der Spieler mit der höchsten Elo-Zahl ist Bartosz Socko, 2656. Danach folgen Igor Khenkin, 2634, und Yuri Drozdovskij, 2620.


GM Igor Khenkin auf dem Weg zu seinem ersten Sieg


Ein ziemlich ungewöhnlicher Aufbau für einen GM mit einem solch klassischen Stil wie Yuri Drozdovskij ihn hat... aber er hat funktioniert


WGM Natalia Zdevskaja, Gattin von Yuri Drozdovskij


Der ukrainische GM Vadim Malakhatko, der jetzt für Belgien spielt


GM Sarunas Sulskis hat es mit einem jungen skandinavischen Gegner zu tun

Zwanzig Spieler haben eine Zahl von mehr als 2400. Eine große Überraschung ist das Fehlen russischer Spieler. Vielleicht wissen sie nicht, dass man über Riga mit Air Baltic bequem nach Tromsø kommt...

Gespielt wird wie im Vorjahr im Scandic Hotel, das im Westen der Insel liegt, unweit des Einkaufszentrum und der nördlichsten Universität der Welt (beide ~20 Gehminuten entfernt).


Der Veranstaltungsort mit den untrüglichen Zeichen, dass hier ein Schachturnier stattfindet


Bello passt auf

Die meisten Spieler übernachten auch in diesem Hotel, was sehr bequem ist. Von da aus braucht man zwar länger bis zur Innenstadt und anderen attraktiven Sehenswürdigkeiten, aber die Organisatoren hatten zum Ausgleich eine Reihe von Ausflügen geplant (später mehr darüber).


Der interessanteste (von der Preisverteilung abgesehen) Teil der Regularien


Es ist immer wieder eindrucksvoll, was am Rande eines Turniers geschieht


Zurück zum Schach. Wie üblich trafen die starken Spieler in der ersten Runde auf die weniger starken und so rechnete man mit einem problemlosen Start der Favoriten. Tatsächlich hatten sie, von zwei Ausnahmen abgesehen, einen reibungslosen Auftakt. Eine davon war eine kleine Überraschung: Der einheimische Spieler Frode Bull Jaeger (2105) konnte sich mit Weiß gegen die Nummer 1 der Setzliste, Bartosz Socko, behaupten.


Frode Bull Jager erinnert sich an die Varianten, die er gegen Benoni vorbereitet hat

Socko wusste natürlich nicht, dass Frode in seinem Heimatort einen Ruf als Eröffnungsspezialist genießt, weshalb Benoni gegen ihn zu spielen wahrscheinlich keine kluge Entscheidung war. Der Norweger strebte früh nach einem Durchbruch mit e4-e5 und hätte in den danach entstehenden Komplikationen klaren Vorteil erzielen können.




17.e5! dxe5 18.bxc5 Sxc5 19.d6 S7e6 20.Lxb5 Rxb5! 21.Sxb5 e4! 22.Sc7! Dc6. Nach einer Reihe schöner Züge, die kaum zu verbessern sein dürften, kam es zu folgender Stellung:



Hier schlägt Rybka 23.Sd5 mit deutlichem Vorteil für Weiß vor. Frode Bull Jaeger entschied sich jedoch für 23.Sxe6 und nach 23...Sxe6 24.Tc1 Db7 25.Tb1 Dc6 26.Tc1 Db7 27.Tb1 Dc6 kam es zu einem Remis durch Zugwiederholung.


Die andere Überraschung war eine viel größere Sensation und hat den Organisatoren wahrscheinlich sehr gefallen. Der 13-jährige norwegische Jugendspieler Gregor Taube (1835) schlug IM Nikolaj Mikkelsen (2399) in vernichtendem Stil.


Mit Knalleffekt: Sd5! Gregor Taube macht den ersten Schritt in Richtung Sieg

G. Taube – N. Mikkelsen



13.Sd5! exd5 14.e5! Ich rechnete hier mit dem Standardzug 14.Sf5, aber nach dem überraschenden 14...dxe4 15.Sxe7 Dc5! ist Schwarz okay. Gregors Zug ist konkreter und viel stärker.
14...dxe5 15.fxe5 0-0-0. Der Computer schlägt 15...Sh5 16.Dh4 Lxg5+ 17.Dxg5 g6 18.e6 Sc5 19.exf7+ Kxf7 20.Tf1+ Kg8 vor, wonach Schwarz das Material behält und sein König keinen unmittelbaren Drohungen ausgesetzt ist. Allerdings ist die Stellung weiter unklar und ohne Computerhilfe will man eine so riskante Variante auch nur sehr ungern spielen.
16.Sf5 Lf8 17.exf6 Dxg3 18.hxg3 g6. Besser ist 18...gxf6. Nikolaj übersieht die folgende hübsche kleine Kombination.
19.Se7+ Kb8 20.Lf4+ Ka8.



21.Lxa6!! Ein sehr schönes Figurenopfer, nach dem die Partie im Prinzip vorbei ist. 21...Lxa6 22.Txd5 Lc4 23.Td4 Le6 24.Txb4 Lxe7 25.fxe7 Tb8 26.Lxb8 Sxb8 27.Te3 Ka7 28.Td3 Te8 29.Txb8 Txb8 30.Td8. Schwarz gab auf. Gut gespielt, Gregor!

Von diesen Partien abgesehen gaben sich die Favoriten keine Blöße und holten problemlos ihre Punkte.

Aber in Runde 2 konnte Bartosz Socko wieder nicht gewinnen! Erstaunlich, aber nach seinem Remis in der ersten Runde bekam er einen Großmeister zugelost. Das lag daran, dass GM Amon Simutowe es nicht geschafft hatte, rechtzeitig zur ersten Runde da zu sein und mit 0 Punkten und der denkbar schwersten Auslosung ins Turnier startete. Dennoch hatten beide noch jede Menge Zeit, um das Feld von hinten aufzurollen.

Runde zwei verlief ohne größere Überraschungen. Igor Khenkin gab einen halben Punkt gegen den 19 Jahre alten FM Joachim Thomassen ab, aber Khenkin hatte Schwarz und konnte seinen Gegner trotz eines frühen Bauernopfers in der Eröffnung nicht erschüttern. Nach zwei Runden waren noch 18 Spieler ohne Punktverlust, darunter Yuri Drozdovskij, der amtierende schwedische Meister Emanuel Berg, der junge norwegische ICC-Guru und größter Rivale Magnus Carlsens, GM Jon Ludwig Hammer, die 14-Jahre amerikanische Sensation Ray Robson und WGM Monica Socko.


WGM Monica Socko


GM Jon Ludwig Hammer


IM Ray Robson, die Hoffnung des amerikanischen Schachs hört den Eröffnungsansprachen zu


IM Ray Robson tut sein Bestes, um sich gegen Marianne Wold Haug zu konzentrieren

Der beste Spieler aus Tromsø – Benjamin Arvola – kam nach einem Remis mit GM Westerinen auf 1,5 Punkte. Ein anderer Spieler aus Tromsø, FM Espen Forså, der jetzt für Moss spielt, hatte ebenfalls 1,5 Punkte. Vor kurzem hat er seine erste IM-Norm geholt und hoffte natürlich darauf, diese Leistung vor heimischer Kulisse zu wiederholen.

Montagabend waren Spieler und Turniergäste zum Fischfang eingeladen, ein Ausflug, der dann am Donnerstag wiederholt wurde, wobei am Dienstag ein Bootsausflug auf dem Programm stand! Gut zur Erholung und mit Sicherheit ein ungewohntes Erlebnis für die meisten der Nicht-Skandinavier. Im nächsten Bericht folgen dann ein paar Landschaftsaufnahmen.



Morten Sand, FIDE



FGM (bald GM) Szymon Socko



Ein weiterer Turniergast – Simen Agdestein, Norwegens berühmtester Spieler bevor Magnus Carlsen auftauchte


Das Leben ist ruhig in Tromsoe

 

 

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

Diskutieren

Regeln für Leserkommentare

 
 

Noch kein Benutzer? Registrieren