Arctic Chess Challenge in
Tromsø
Am 1. August begann in Tromsø, Norwegen, die 4. Arctic Chess Challenge.
Misha Savinov berichtet aus dem hohen Norden.
Pl. |
Name |
Kl. |
GP |
NWZ |
FIDE-Elo |
Punkte |
Buchholz |
Leist. FIDE |
Progr. |
1
|
GM Sarunas Sulskis |
|
|
|
|
3,0
|
4,0
|
2970
|
9,00
|
2
|
IM Marijan Petrov |
|
|
|
|
3,0
|
4,0
|
2833
|
9,00
|
3
|
IM Fabio Bruno |
|
|
|
|
3,0
|
3,5
|
2840
|
9,00
|
4
|
IM Luca Shytaj |
|
|
|
|
3,0
|
3,0
|
3008
|
9,00
|
5
|
GM Emanuel Berg |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2608
|
8,00
|
6
|
GM Jon Ludvig Hammer |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2577
|
8,00
|
7
|
GM Igor Khenkin |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2571
|
7,50
|
8
|
GM Monika Socko |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2570
|
8,00
|
9
|
IM Torbjørn R. Hansen |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2553
|
8,00
|
10
|
GM Allan Stig Rasmussen |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2530
|
8,00
|
11
|
IM Aleksandar H. Wohl |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2528
|
8,00
|
12
|
IM Ray Robson |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2507
|
8,00
|
13
|
IM Gerard Welling |
|
|
|
|
2,5
|
4,5
|
2504
|
8,00
|
14
|
GM Vadim Malakhatko |
|
|
|
|
2,5
|
4,0
|
2566
|
8,00
|
15
|
GM Julian Radulski |
|
|
|
|
2,5
|
4,0
|
2488
|
7,50
|
16
|
FM Joachim Thomassen |
|
|
|
|
2,5
|
4,0
|
2485
|
7,50
|
17
|
FM Kjetil Stokke |
|
|
|
|
2,5
|
4,0
|
2479
|
8,00
|
18
|
IM Kalle Kiik |
|
|
|
|
2,5
|
3,5
|
2449
|
7,50
|
19
|
WGM Natalia Zdebskaja |
|
|
|
|
2,5
|
3,0
|
2410
|
7,50
|
20
|
FM Arkadiusz Leniart |
|
|
|
|
2,5
|
3,0
|
2368
|
7,50
|
21
|
GM Heikki M.J. Westerinen |
|
|
|
|
2,5
|
3,0
|
2361
|
7,50
|
22
|
FM Frode Olav Olsen Urkedal |
|
|
|
|
2,5
|
3,0
|
2320
|
7,50
|
...
119 Spieler
Auswahl der Runden 1 und 2
Alle Partien der Runden 1 bis 3
Der hohe Norden begrüßt seine Gäste mit hohen Temperaturen. Es herrscht
Sommer, auch dann, wenn man keine Tromsø-Maßstäbe anlegt.
Ich kam am 28. Juli an und bis jetzt war es immer sonnig und heiß. Der
durchschnittliche Tagestemperatur liegt zwischen 20 und 22 Grad, aber direkt
in der Sonne ist es viel wärmer, egal ob in Mitternachts- oder Mittagssonne.
Die Einheimischen gehen Sonnenbaden oder baden sogar im Meer (ich gehe
höchstens knietief hinein; dieses Wasser ist zu kalt für jemanden, der am
Schwarzen Meer groß geworden ist). Das Wetter beeindruckt auch alle
Neuankömmlinge.
„Eigentlich wollte ich der europäischen Hitze entkommen“, erzählte mit GM
Igor Khenkin. „Aber alles ist genauso! Mir ist es schon zu heiß, wenn ich
das Hotel verlasse!“
Die fast 20 Teilnehmer aus Afrika fanden das Wetter zwar ziemlich kühl, doch
recht angenehm, vergleichbar dem Frühling in Afrika.
GM Amon Simutowe aus Sambia, einer der stärksten afrikanischen Spieler
Dieses Jahr ist das Feld sehr unterschiedlich besetzt und einer der Gründe
dafür ist, dass Tromsø 2014 die Schacholympiade ausrichten möchte. Die
Teilnehmer kommen nicht nur aus Skandinavien und dem Baltikum, sondern auch
aus den USA, der Ukraine, Italien, England, Belgien, Bulgarien, Spanien,
Australien, Südafrika, Libyen, Kenia, Botswana, Mosambik usw. Auch Susan
Polgar ist beim Turnier zu Gast und berichtet in ihrem Blog darüber.
Prominenter Gast: Susan Polgar
Anders als in den Vorjahren ist das Feld „dichter“, mit mehr Spielern, die
eine Zahl zwischen 2300 und 2500 haben, was zu besseren Normchancen führt.
Das Spiellokal
Der Vorsitzende des Kulturkomitees hat gerade Dr. Tarrasch zitiert
Die Spieler hörten einen bekannten Namen und wandten sich der Bühne zu
Hauptschiedsrichter Panagiotis Nikolopoulos warnt vor Handys und dergleichen
Der Spieler mit der höchsten Elo-Zahl ist Bartosz Socko, 2656. Danach folgen
Igor Khenkin, 2634, und Yuri Drozdovskij, 2620.
GM Igor Khenkin auf dem Weg zu seinem ersten Sieg
Ein ziemlich ungewöhnlicher Aufbau für einen GM mit einem solch klassischen
Stil wie Yuri Drozdovskij ihn hat... aber er hat funktioniert
WGM Natalia Zdevskaja, Gattin von Yuri Drozdovskij
Der ukrainische GM Vadim Malakhatko, der jetzt für Belgien spielt
GM Sarunas Sulskis hat es mit einem jungen skandinavischen Gegner zu tun
Zwanzig Spieler haben eine Zahl von mehr als 2400. Eine große Überraschung
ist das Fehlen russischer Spieler. Vielleicht wissen sie nicht, dass man
über Riga mit Air Baltic bequem nach Tromsø kommt...
Gespielt wird wie im Vorjahr im Scandic Hotel, das im Westen der Insel
liegt, unweit des Einkaufszentrum und der nördlichsten Universität der Welt
(beide ~20 Gehminuten entfernt).
Der Veranstaltungsort mit den untrüglichen Zeichen, dass hier ein
Schachturnier stattfindet
Bello passt auf
Die meisten Spieler übernachten auch in diesem Hotel, was sehr bequem ist.
Von da aus braucht man zwar länger bis zur Innenstadt und anderen
attraktiven Sehenswürdigkeiten, aber die Organisatoren hatten zum Ausgleich
eine Reihe von Ausflügen geplant (später mehr darüber).
Der interessanteste (von der Preisverteilung abgesehen) Teil der Regularien
Es ist immer wieder eindrucksvoll, was am Rande eines Turniers geschieht
Zurück zum Schach. Wie üblich trafen die starken Spieler in der ersten Runde
auf die weniger starken und so rechnete man mit einem problemlosen Start der
Favoriten. Tatsächlich hatten sie, von zwei Ausnahmen abgesehen, einen
reibungslosen Auftakt. Eine davon war eine kleine Überraschung: Der
einheimische Spieler Frode Bull Jaeger (2105) konnte sich mit Weiß gegen die
Nummer 1 der Setzliste, Bartosz Socko, behaupten.
Frode Bull Jager erinnert sich an die Varianten, die er gegen Benoni
vorbereitet hat
Socko wusste natürlich nicht, dass Frode in seinem Heimatort einen Ruf als
Eröffnungsspezialist genießt, weshalb Benoni gegen ihn zu spielen
wahrscheinlich keine kluge Entscheidung war. Der Norweger strebte früh nach
einem Durchbruch mit e4-e5 und hätte in den danach entstehenden
Komplikationen klaren Vorteil erzielen können.
17.e5! dxe5 18.bxc5 Sxc5 19.d6 S7e6 20.Lxb5 Rxb5! 21.Sxb5 e4! 22.Sc7! Dc6.
Nach einer Reihe schöner Züge, die kaum zu verbessern sein dürften, kam es
zu folgender Stellung:
Hier schlägt Rybka 23.Sd5 mit deutlichem Vorteil für Weiß vor. Frode Bull
Jaeger entschied sich jedoch für 23.Sxe6 und nach 23...Sxe6 24.Tc1 Db7
25.Tb1 Dc6 26.Tc1 Db7 27.Tb1 Dc6 kam es zu einem Remis durch
Zugwiederholung.
Die andere Überraschung war eine viel größere Sensation und hat den
Organisatoren wahrscheinlich sehr gefallen. Der 13-jährige norwegische
Jugendspieler Gregor Taube (1835) schlug IM Nikolaj Mikkelsen (2399) in
vernichtendem Stil.
Mit Knalleffekt: Sd5! Gregor Taube macht den ersten Schritt in Richtung Sieg
G. Taube – N. Mikkelsen
13.Sd5! exd5 14.e5! Ich rechnete hier mit dem Standardzug 14.Sf5, aber nach
dem überraschenden 14...dxe4 15.Sxe7 Dc5! ist Schwarz okay. Gregors Zug ist
konkreter und viel stärker.
14...dxe5 15.fxe5 0-0-0. Der Computer schlägt 15...Sh5 16.Dh4 Lxg5+ 17.Dxg5
g6 18.e6 Sc5 19.exf7+ Kxf7 20.Tf1+ Kg8 vor, wonach Schwarz das Material
behält und sein König keinen unmittelbaren Drohungen ausgesetzt ist.
Allerdings ist die Stellung weiter unklar und ohne Computerhilfe will man
eine so riskante Variante auch nur sehr ungern spielen.
16.Sf5 Lf8 17.exf6 Dxg3 18.hxg3 g6. Besser ist 18...gxf6. Nikolaj übersieht
die folgende hübsche kleine Kombination.
19.Se7+ Kb8 20.Lf4+ Ka8.
21.Lxa6!! Ein sehr schönes Figurenopfer, nach dem die Partie im Prinzip
vorbei ist. 21...Lxa6 22.Txd5 Lc4 23.Td4 Le6 24.Txb4 Lxe7 25.fxe7 Tb8
26.Lxb8 Sxb8 27.Te3 Ka7 28.Td3 Te8 29.Txb8 Txb8 30.Td8. Schwarz gab auf. Gut
gespielt, Gregor!
Von diesen Partien abgesehen gaben sich die Favoriten keine Blöße und holten
problemlos ihre Punkte.
Aber in Runde 2 konnte Bartosz Socko wieder nicht gewinnen! Erstaunlich,
aber nach seinem Remis in der ersten Runde bekam er einen Großmeister
zugelost. Das lag daran, dass GM Amon Simutowe es nicht geschafft hatte,
rechtzeitig zur ersten Runde da zu sein und mit 0 Punkten und der denkbar
schwersten Auslosung ins Turnier startete. Dennoch hatten beide noch jede
Menge Zeit, um das Feld von hinten aufzurollen.
Runde zwei verlief ohne größere Überraschungen. Igor Khenkin gab einen
halben Punkt gegen den 19 Jahre alten FM Joachim Thomassen ab, aber Khenkin
hatte Schwarz und konnte seinen Gegner trotz eines frühen Bauernopfers in
der Eröffnung nicht erschüttern. Nach zwei Runden waren noch 18 Spieler ohne
Punktverlust, darunter Yuri Drozdovskij, der amtierende schwedische Meister
Emanuel Berg, der junge norwegische ICC-Guru und größter Rivale Magnus
Carlsens, GM Jon Ludwig Hammer, die 14-Jahre amerikanische Sensation Ray
Robson und WGM Monica Socko.
WGM Monica Socko
GM Jon Ludwig Hammer
IM Ray Robson, die Hoffnung des amerikanischen Schachs hört den
Eröffnungsansprachen zu
IM Ray Robson tut sein Bestes, um sich gegen Marianne Wold Haug zu
konzentrieren
Der beste Spieler aus Tromsø – Benjamin Arvola – kam nach einem Remis mit GM
Westerinen auf 1,5 Punkte. Ein anderer Spieler aus Tromsø, FM Espen Forså,
der jetzt für Moss spielt, hatte ebenfalls 1,5 Punkte. Vor kurzem hat er
seine erste IM-Norm geholt und hoffte natürlich darauf, diese Leistung vor
heimischer Kulisse zu wiederholen.
Montagabend waren Spieler und Turniergäste zum Fischfang eingeladen, ein
Ausflug, der dann am Donnerstag wiederholt wurde, wobei am Dienstag ein
Bootsausflug auf dem Programm stand! Gut zur Erholung und mit Sicherheit ein
ungewohntes Erlebnis für die meisten der Nicht-Skandinavier. Im nächsten
Bericht folgen dann ein paar Landschaftsaufnahmen.
Morten Sand, FIDE
FGM (bald GM) Szymon Socko
Ein weiterer Turniergast – Simen Agdestein, Norwegens berühmtester Spieler
bevor Magnus Carlsen auftauchte
Das Leben ist ruhig in Tromsoe