ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
„Paul Morphy – Genie und Mythos“ ist ein imposanter Versuch, schachliches Genie zu ergründen und in moderne Ansätze, Motive und
Themen zu übersetzen. Das Autorenteam der CD geht der Frage nach, worin
Morphy seinen Zeitgenossen überlegen war, nimmt leitmotivisch den Erkenntnisgewinn
vorweg, den der Leser der CD erzielen kann. GM Karsten Müller, GM Rainer
Knaak und Thomas Eichhorn versammeln auf dieser CD aus der Reihe „Chessbase-Monographie“
eine Biographie, zwei Spielerporträts, viele zeitgenössische Bilder,
sowie eine Taktikdatenbank und über 450 Morphy-Partien.
1837 kam Paul Morphy als Sohn eines begüterten Elternhauses mit europäischer
Abstammung im Schmelztiegel der Atlantikmetropole New Orleans zur Welt. Das
begabte Wunderkind machte zunächst durch seine Simultanvorstellungen von
sich Reden. Morphy hatte bereits ein Anwaltsdiplom in der Tasche, als er im
Herbst 1857 auf dem ersten amerikanischen Schachkongress in New York auftrat
und erste, glänzende Siege feierte. Seine Erfolge auf dem New Yorker Schachkongress
ließen keinen Zweifel: Der junge Paul Morphy war der beste Spieler der
Neuen Welt und hatte alle Talente, die Schachwelt Europas zu begeistern und
zu zerrütten.
Morphys Spiel zeichnete ein konsequenter Gewinndrang aus. Die Figuren galten
Morphy auf dem Schachbrett wenig, wenn er nur seine Chance erkannte, das gegnerische
Spiel durch ein taktisches Opfer zu attackieren. Zahlreiche Partien Morphys,
die meistens zu seinen Gunsten entschieden wurden, zeugen von diesem kreativen
Opferdrang. Es war die Zeit als Schachspieler wie Duellanten gegenüber
saßen, Materialgleichheit schien eine Nebenrolle zu spielen, wenn eine
aktive, Spiel beherrschende Position erreichbar war. Und Morphy wusste die Schwächen
seiner Gegner auszunutzen wie kein anderer, was ihm den Ruf eines Genies eintrug.
Auf dieser CD gilt es aber nicht, das Genie Morphy zu entdecken. Der interessierte
Leser dieser Monographie lernt am meisten von Morphys taktischem Gespür
und seinen zeitlosen Opferideen. Morphy spielte oft schnell und spitzfindig.
Er zelebrierte – wie nach ihm vielleicht nur noch Michail Tal –
ein kampfbetontes, opferbereites Schach der hohen Schule. Auf der von Karsten
Müller eingerichteten Trainingsdatenbank mit zahlreichen Taktikübungen
im Stile Morphys, die zum selbstständigen Lösen von Schlüsselsituation
einlädt, kann man ausdauernd auf den Spuren dieses Schachvordenkers wandeln.
Die – teils kommentierten – 473 Partien auf der CD bieten reichlich
Stoff, um Morphys kurzes, aber intensives Spielerleben, das von der inoffiziellen
Weltmeisterschaft gekrönt war, in seinen Facetten kennen zu lernen. Obwohl
Morphy nur wenige Niederlagen gegen einen Repräsentanten der alteuropäischen
Schachschule hinzunehmen hatte, mussten sich europäische Meisterspieler
der damaligen Zeit wie Johann Loewenthal, Louis Paulsen oder Adolf Anderssen
nacheinander Morphys zeitlos dramatischen Spielattacken beugen. Morphy galt
während seiner kurzen Schachkarriere als einer der besten Schwarzspieler
der Welt, der nur drei Verluste als Nachziehender zu verzeichnen hatte. Für
diese drei war ein heute unbekannter französischer Spieler namens Jules
Arnous de Riviere verantwortlich. Er ist auch derjenige, der Morphy die meisten
Verluste als Weißer zu zufügte. Von Morphys Sturm-und-Drang-Phase
auf den Schachbühnen Europas gilt es am meisten zu lernen. Morphy entdeckte
viele neue Eröffnungsmotive, experimentierte als Vorden-ker der Sizilianischen
Verteidigung mit dem Eröffnungszug 1…c5 als Antwort auf 1.e4 und
erarbeitete sich mit manch anderem sehenswerten Einfall ein breiteres Eröffnungsrepertoire,
als es unter Schachmeistern damals üblich war.
Paul Morphys Leben wird in späteren Jahren durch keine Erfolgsstory gekrönt,
wie Thomas Eichhorn, Autor des biographischen Querschnitts auf der CD und Morphy-Biograf,
eindrucksvoll schildert. Noch keine 30 Jahre alt, beschließt Morphy arroganterweise,
nur noch Vorgabepartien zu spielen, verliert schließlich neben zahlreichen
Partien Muße und Lust am Schach. Ende der sechziger Jahre des 19. Jahrhundert
befindet sich der inoffizielle Weltmeister von einst bereits in einer psychischen
Krise, aus welcher er sich nicht mehr erholt.
Eine Fehleistung Morphys spricht Kasparov in einem der wenigen Kommentare von
ihm auf der CD an: Morphy hat die Chance verpasst, sein explosives Schachwissen
weder seinen Zeitgenossen noch der Nachwelt zu vermitteln. Kurz vor seinem Tode
besuchte ihn Wilhelm Steinitz in New Orleans. Der spätere österreichische
Schachweltmeister gilt als einer der ersten, der die Tak-tikideen á la
Morphy an die Wiege des modernen Schachs im 20. Jahrhundert legte.
von Ralf Blittkowky