Bundesverdienstkreuz für Fritz Baumbach

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24.02.2012 – Dr. Fritz Baumbach erhielt dieser Tage für besondere Leistungen den Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Überreicht wurden ihm Urkunde und Auszeichnung in einer feierlichen Zeremonie von Staatssekretär Andreas Statzkowski. Fritz Baumbach, hauptberuflich promovierter Chemiker und als Patentanwalt immer noch tätig, war 1970 DDR-Meister im Nahschach, später Fernschach-Einzelweltmeister (1988-1990), - Vizeweltmeister und mehrfacher Fernschach-Olympiasieger mit der Mannschaft. Ein Kuriosum der Geschichte ist, dass Baumbach mit der DDR-Mannschaft bei der 10. Fernschacholympiade (1988 -1995) die Bronzemedaille gewann, nachdem der Staat DDR schon mit der BRD wiedervereinigt war. Derzeit spielt Baumbach mit der deutschen Nationalmannschaft. Fritz Baumbach leitete später als Präsident den "Bund deutscher Fernschachfreunde" (BdF) und hat zu DDR-Zeiten die DDR-Nationalmannschaft der Gehörlosen trainiert. Diese errang bei der Gehörlosen-WM 1974 in Dänemark den Vizeweltmeistertitel. Dagobert Kohlmeyer berichtet von der Verleihung.Bericht beim Berliner Schachverband...

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Bundesverdienstkreuz für Fritz Baumbach
Von Dagobert Kohlmeyer

Fernschachlegende Fritz Baumbach hat in seinem Leben schon viel erreicht. Der heute 76-Jährige war Einzelweltmeister, Vizeweltmeister, mehrfacher Olympiasieger mit der Mannschaft und auch im Nahschach sehr erfolgreich, zum Beispiel 1970 DDR-Meister. Fast zwei Jahrzehnte leitete er den Deutschen Fernschachbund. Weniger bekannt ist, dass Baumbach auch über einen langen Zeitraum hinweg die DDR-Nationalmannschaft der Gehörlosen trainierte. Sie errang 1974 in Dänemark immerhin den Vize-Weltmeistertitel. In Berlin wurde Dr. Fritz Baumbach jetzt das Bundesverdienstkreuz verliehen. Die Feierstunde fand am gestrigen Mittwoch in der Senatsverwaltung für Inneres und Sport statt. Staatssekretär Andreas Statzkowski (CDU) nahm die Auszeichnung vor.

In Anwesenheit vieler Gäste, darunter Familienangehörige, Arbeitskollegen und langjährige Schachfreunde Baumbachs, wurde dabei an die zahlreichen Meriten des Ausgezeichneten erinnert, der promovierter Chemiker ist und - obwohl längst Rentner - noch immer als Patentanwalt arbeitet.


Familie,...


... Schachfreunde,...


...Kollegen

Wie immer bei solchen Anlässen gab es feierliche Reden. Staatssekretär Statzkowski ergriff zuerst das Wort und sagte unter anderem:

„Es ist mir eine große Ehre und Freude, Ihnen, Herr Dr. Baumbach, am heutigen Tage im Auftrag des Bundespräsidenten, das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aushändigen zu können. Der heutige Tag wird Ihnen sicher als ein großer Moment in Ihrem Leben in Erinnerung bleiben, denn schließlich ist die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes ein ganz besonderes, ein herausragendes Ereignis. Diese Ehrung wird nur sehr wenigen Menschen zuteil. Menschen, die sich in außerordentlicher Weise für andere einsetzen, Menschen, die in ihrem Wirken ein Vorbild für die Gesellschaft und die durch ihre Taten und Leistungen gutes für unser Land bewirkt haben. Sie, Herr Dr. Baumbach, sind ein besonderer Mensch. Ihr Namen ist untrennbar mit dem deutschen Fernschach verbunden. Fast zwei Jahrzehnte standen Sie als Präsident an der Spitze des Deutschen Fernschachbundes.“

Der Staatssekretär würdigte dann die großen sportlichen Erfolge Baumbachs und erinnerte auch an das Kuriosum, dass er fünf Jahre nach der Wiedervereinigung mit der Fernschach-Olympiade-Mannschaft der DDR noch Bronze gewann.


Andreas Statzkowski und Fritz Baumbach






Sichtlich bewegt dankte Fritz Baumbach und erinnerte in seiner Erwiderung auch an eines seiner Tätigkeitsfelder, das in der Schachöffentlichkeit nicht so bekannt ist:

Sehr geehrter Herr Staatssekretär,

ich danke Ihnen für die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes und die lobenden Worte. Danken möchte ich auch meinen Gästen, die an dieser Feierstunde teilnehmen. Zu meiner großen Freude sind fast alle meine Kinder anwesend, es sind Stefan, Beatrice, Friederike und Julia. Die fünfte Tochter Cordula lebt weit entfernt in Kanada. Ganz besonders freut mich, dass meine älteste Enkelin Caroline hier ist. Viele Weggefährten sehe ich in der Runde, ich möchte nur drei davon nennen, es sind Hermann Brameyer und Horst Handel, meine Klubkameraden, mit denen ich viele Jahrzehnte lang Schulter an Schulter in Mannschaften am Brett gesessen habe. Und es ist mein Freund Heiner Burger, mit dem ich auch Jahrzehnte lang viele, viele Fernschachpartien analysiert habe.

Als ich die Nachricht über die Auszeichnung bekam, war ich überrascht und habe es zuerst gar nicht glauben wollen. Sie haben einige Erfolge aufgezählt, auf die ich natürlich auch stolz bin, aber ich fragte mich zuerst, sind sie auch herausragend genug? Eigentlich ist es doch ein Talent, das man hat, das man natürlich mit Fleiß, Energie und Engagement ausbauen muss. Aber Talent an sich ist ja kein Verdienst, man hat es mit seinen Genen mitbekommen. Und dieses positive „Merkmal“ baut man aus und wandelt es zu Erfolgen um. Man gewinnt ein Turnier, man holt sich einen Pokal, besiegt den Konkurrenten, alles meist nur zur eigenen Freude und Bestätigung.

Sie haben hervorgehoben, dass ich neben dem aktiven Schach verschiedene Ehrenämter übernommen habe, alle im Sinne der Verbreitung des schönen Schachspiels auf verschiedenen Ebenen. Das erste war meine Funktion als Trainer von gehörlosen Schachspielern, die mich gefordert und auch bereichert hat. 1970 wurde mir angeboten, die hörgeschädigten, überwiegend gehörlosen Schachspieler der DDR zu trainieren. Es handelte sich um die Nationalauswahl mit ungefähr 20 Spielern und einigen Jugendlichen, sie wurden speziell gefördert. 'Warum diese Sonderbehandlung?' haben manche gefragt, vielen ist das auch heute nicht klar. Die Hörgeschädigten gehören zum Behindertensport, nicht weil sie sich nicht so gut verständigen können, sondern weil sie in ihrer geistigen Entwicklung gehemmt sind. Hören und vor allem Sprechen sind die wichtigsten Elemente der geistigen Entwicklung des Menschen, ohne Gehör und die sprachliche Verständigung bleiben sie in der geistigen Entwicklung zurück. Das macht sich auch beim Schachspielen bemerkbar.

Mich reizte diese Aufgabe, und ich habe sie übernommen und fast 20 Jahre ausgefüllt. Zunächst musste ich eine Verständigung herstellen und ihr Vertrauen gewinnen. Nachdem sie gemerkt haben, dass ich ihnen helfen möchte, kamen wir uns immer näher. Ich führte ein speziell für sie ausgerichtetes Trainingsprogramm durch, zu welchem Lehrgänge, Wettkämpfe und ein Individualtraining, meist schriftlich, gehörten. Die Ergebnisse wurden besser, wir haben später erfolgreich als Mannschaft gegen andere Länder wie Ungarn und Polen gespielt. Der Höhepunkt war der zweite Platz bei der Mannschaftsweltmeisterschaft in Dänemark 1974 (der Vizeweltmeistertitel). Für mich war neben der Verbesserung ihrer Spielstärke auch wichtig, das Selbstvertrauen meiner Schützlinge zu stärken und ihre Integration in die Gesellschaft zu erleichtern. Sie sind ja wegen der schwierigen Verständigung doch Außenseiter, also auch in ihren Schachklubs. Je besser sie spielten, desto mehr wurden sie von anderen Klubmitgliedern anerkannt und konnten sich Respekt verschaffen.

Nach der Wende wurde diese Struktur aufgelöst (wie ist es heute?), bald übernahm ich ein anderes Amt, Präsident des Deutschen Fernschachbundes, der mehrere Tausend Mitglieder hat. Hierzu gehört eine gute Organisation, um allen die gewünschten Spielmöglichkeiten zu geben. Ich möchte hier nicht alles aufzählen, sondern nur die wichtigsten Veränderungen in meiner Amtszeit von fast 20 Jahren nennen. Die Technik hielt auch hier Einzug, das Fernschach mit der klassischen Postkarte wurde allmählich abgelöst durch Zugübermittlungen per Email, und noch moderner, durch Verwendung von Servern. Jedermanns Sache war das am Anfang nicht.

Aber weit wichtiger war, die Schachprogramme wurden immer stärker und immer mehr zum Helfer der Fernschachkontrahenten. Sie beeinflussten den Partieverlauf erheblich. Das hat dazu geführt, dass sich nicht wenige Mitglieder vom Fernschach abgewendet haben „Ich möchte nicht gegen einen Computer spielen“, hieß es in vielen Austrittserklärungen. Unsere Aufgabe bestand darin, diesen Rückwärtstrend zu stoppen und neue attraktive Angebote zu machen. Ich habe in dieser Zeit viele Gespräche geführt, wie ich auch sonst immer Wert darauf gelegt habe, mit Mitgliedern trotz der Entfernungen von Ort zu Ort direkten Kontakt zu halten. Man kann jetzt sagen, dass sich der Deutsche Fernschachbund in guter Verfassung befindet. Allerdings kann man vorhersehen, dass das Interesse am Fernschach künftig in dem Maße abnehmen wird, wie die Schachcomputer stärker und stärker werden.

Einen besonderen Stellenwert hatten für mich die internationalen Beziehungen, die besonders auf den jährlichen Weltkongressen gepflegt wurden. Stolz bin ich auf die beiden in Deutschland organisierten Kongresse, in Bad Neuenahr 1996 und in Dresden 2006. Hier ging es darum, im Mutterland des Fernschachs neue Impulse für das Fernschach weltweit zu setzen. Die Kongresse waren immer die Gelegenheit für neue Beschlüsse, Vereinbarungen über die Zusammenarbeit und neue Regelungen, aber nicht zuletzt eine gute Gelegenheit zum persönlichen Kennenlernen von Mitstreitern in anderen Ländern unter dem Motto „AMICI SUMUS“ - Wir sind Freunde.

Die vielfältigen Aufgaben konnte ich natürlich nicht im Alleingang bewältigen. Ich hatte das Glück, immer gute Mitarbeiter und Helfer zu haben, einige sind auch hier anwesend. Ich möchte ihnen herzlich danken. Auch meine Familie und meine Kollegen haben mir geholfen. Meine Kinder - auf die ich sehr stolz bin - sind durch mein zeitintensives Hobby manchmal wohl zu kurz gekommen. Aber sie haben doch Verständnis dafür aufgebracht. Auch meine Kollegen haben manchmal mehr arbeiten müssen - wenn ich nicht da war - aber auch sie sind verständnisvoll gewesen. Allen möchte ich sehr, sehr herzlich danken.

Es war eine sehr gelungene Feier, und alle waren sich einig: Fritz Baumbach hat diese Ehrung wahrlich verdient, immer legte er viel Ehre für sein jeweiliges Heimatland (es waren ja zwei Staaten) ein. Der Tag klang eine Straße weiter im urigsten Berliner Lokal „Zur letzten Instanz“ aus, wo wir in gemütlicher Runde Erinnerungen aus den vergangenen Jahrzehnten austauschten. Die Schachspieler Horst Handel und Hermann Brameyer kennen Fritz Baumbach über 50 Jahre, Heiner Burger und der Schreiber dieses Berichts mehr als 30 Jahre. Jeder konnte mindestens eine nette Anekdote erzählen oder einen der großen Vorzüge des Geehrten nennen. Gegessen wurde in dem berühmten Lokal auch gut. Die Speisekarte des ältesten Berliner Restaurants bietet vom Anwaltsfrühstück (Lammwürstchen) über die Einstweilige Verfügung (Grillhaxe) bis zum Justiz-Irrtum (Kabeljau) Gerichte für jeden Geschmack. Die Stunden vergingen wie im Fluge.





Schachmüde ist Fritz Baumbach noch lange nicht: Bei der laufenden Fernschach-Olympiade spielt er wie gewohnt am ersten Brett der deutschen Nationalmannschaft. Zudem auch aktiv im Oberliga-Team seines Vereins SC Friesen Lichtenberg sowie im Betriebsschach (Deutsche Bahn). Im März startet die lebende Legende mit einer Berliner Auswahl bei der Senioren-Team-EM in Slowenien. Viel Erfolg, Fritz!

 


Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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