Den Spieß umdrehen

von ChessBase
14.07.2015 – Den meisten Spaß haben Anhänger des Königsinders, wenn sie ihre Kräfte ungebremst auf den gegnerischen König werfen können. Das ist ein Grund, warum die Eröffnung bei 1.d4-Spielern nicht so beliebt ist. GM Mihail Marin empfiehlt Weiß auf seiner DVD ein klassisches Konzept mit 5.Sf3 nebst 6.Le2. Am Ende ist es hier sogar erstaunlich oft der schwarze König, der unter die Räder kommt. Mehr...

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Mihail Marin:  Gewinnen gegen Königsindisch mit der Hauptvariante

Rezension von Christian Höthe

Jeder 1. d4-Spieler, der mit 2. c4 fortsetzt, steht früher oder später vor der Frage "Wie bekämpft man den aggressiven Königsinder?"

Oft, besonders im Schnell- oder Blitzschach, scheint es, als habe der Nachziehende im Königsinder den alleinigen Spass. Während der Anziehende bestrebt ist, am Damenflügel Bauernschwächen im gegnerischen Lager zu verursachen, kommt Schwarz oft unter beeindruckendem Opferspiel am Königsflügel zum erfolgversprechenden Mattangriff. Und Matt wiegt nun einmal schwerer als selbst die chronischste aller Bauernschwächen.

Der bekannte rumänische Grossmeister Mihai Marin, der sich besonders durch seine Repertoire-Bücher zu den offenen Spielen und Englisch, nicht zu vergessen sein preisgekröntes "Von den Legenden lernen", weltweit einen Namen gemacht hat, schlägt vor, Königsindisch klassisch zu begegnen. Sprich: nach 1. d4 Sf6, 2. c4 g6, 3. Sc3 Lg7, 4. e4 d6 folgt 5. Sf3 nebst 6. Le2.

Dieses auf den ersten Blick harmlos aussehende System hat schon vielen eingefleischten Königsindisch-Anhängern das Leben schwer gemacht. Kramnik schaffte es gar, Kasparov mit eben diesem System dazu zu bringen, sich gegen 1. d4 anderen Eröffnungen zuzuwenden! Etwas, das vor ihm noch niemanden gelungen war!

Was macht dieses klassische System so attraktiv für Weiss?

Nun, der Anziehende baut sich flexibel sowie zugleich harmonisch auf. Er gibt sich - im Gegensatz zum Vierbauernangriff beispielsweise - vorerst keine klar erkennbare Angriffsfläche. Das Spiel verläuft in eher kontrollierten, positionellen Gewässern und überlässt dem Anziehenden eine Vielzahl an Spielmöglichkeiten. Nicht selten kommt es vor, dass Weiss - statt ausschliesslich am Damenflügel - im Zentrum oder gar am Königsflügel spielt. Zumeist muss sich Schwarz von der Idee eines Mattangriffs am Königsflügel verabschieden und sich stattdessen auf einen Positionskampf einlassen, in denen Ideen und Schemata vorherrschend das Spielgeschehen bestimmen. Dies gefällt nicht unbedingt jedem Königsindisch-Fan.

Beispielvideo


In mehr als 4 Stunden interaktiver Spielzeit zeigt Grossmeister Marin, wie Weiss dem Königsindisch-Anhänger mit dem klassischen System vor Probleme stellen sollte. Den grössten Platz seiner Untersuchungen nimmt dabei selbstverständlich die Mar del Plata-Variante ein, die nach den Zügen 1. d4 Sf6, 2. c4 g6, 3. Sc3 Lg7, 4. e4 d6, 5. Sf3 O-O, 6. Le2 e5, 7. O-O Sc6, 8. d5 Se7 entsteht. Im Gegensatz jedoch zu der äusserst langen theoretischen "Bajonett"-Fortsetzung 9. b4 - die Kramnik so überaus populär gemacht hat und die von Ivan Sokolov um die spätere Feinheit Te1 als Reaktion auf Sf6-h5 verstärkt wurde - schlägt Marin den Zug 9. Sd2 vor.

Seine detaillierten Erklärungen zeigen, dass Schwarz es hier schwer fällt, das übliche Gegenspiel in die Wege zu leiten und am besten selbst eine flexible Herangehensweise an den weissen Aufbau wählen sollte.

Nicht selten ist es am Ende interessanterweise der Nachziehende, der am Königsflügel einem Mattangriff erliegt, wie diese beiden Musterpartien eindrucksvoll untermauern: die erste zeigt eine der besten Leistungen Kasparovs auf der "anderen" Seite des Königsinders und ist mir seit Otto Borik´s "Kasparovs Schacheröffnungen" im Gedächtnis geblieben, wo diese Partie hervorragend ebenfalls für Weiss kommentiert wurde:

Kasparov - Smirin, Moskau 1988

Und hier ein eher jüngeres Beispiel:

Beliavsky - Sargissian, European ch 2014

Da dem Nachziehenden aber sowohl im 6. als auch 7. Zug mit 6. ...Lg4, 6. ...Sa6, 7...Sbd7, 7...Sa6 und 7...exd4 Alternativen zur Verfügung stehen, werden auch diese selbstverständlich von Marin behandelt.

Fazit

Wie man es von Mihai Marin gewohnt ist, liefert der beliebte rumänische Grossmeister auch hier eine beeindruckende Arbeit ab. Wer bisher gegen Königsindisch seine Probleme hatte, der könnte in Marin´s DVD die Lösung finden! Sehr instruktiv und empfehlenswert!

Mihail Marin:
Gewinnen gegen Königsindisch mit der Hauptvariante

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