Der Schachmanga "Blitz" - eine Rezension

von Tatiana Flores
15.03.2023 – Der international erfolgreiche japanische Schachmanga "Blitz" entstammt der Fantasie von Cédric Biscay, wurde von Mangaka Daitaro Nishihara gezeichnet und von Co-Szenarist Tsukasa Mori ins Raster gesetzt. "Blitz" beeindruckt durch seine genauen und detaillierten Zeichnungen und durch die gelungene Darstellung des Schachspiels. Tatiana Flores hat sich den Manga genauer angeschaut. | Foto: IWA/Shibuya Productions

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Tom Hazuki, ein junger Schüler der International School of Shibuya (ISS) in Japan, der immer wieder gerne in Schwierigkeiten gerät, beschließt eines Tages, die Regeln des Schachspiels zu erlernen, um seinen Schwarm Harmony zu beeindrucken, die Juniorenmeisterin im Schach ist und im Schachclub seiner Schule spielt.

Doch als Tom dem Club beitreten will, stellt dessen Präsident Laurent (der Tom nicht leiden kann) ihm eine fast unmögliche Aufgabe. Wenn Tom eine Partie gegen ihn gewinnt, darf er dem Club beitreten, aber wenn er verliert, wird er nie wieder eines der Clubmitglieder belästigen.

Tom hat höchstens zwei Monate Zeit, um diese Aufgabe zu bewältigen, aber kämpferisch wie er ist, nimmt er die Herausforderung mutig an, vielleicht weil er die Komplexität des ihm unbekannten Spiels unterschätzt. Tom hat jedoch Glück, denn sein älterer Freund Jean-Marc (ein französischer Konditor und Restaurantbesitzer) bietet ihm an, Tom die Grundprinzipien des Spiels beizubringen, da Jean-Marc früher in Frankreich leidenschaftlich gerne Schach gespielt hat.

Schon bald ist Tom von der Welt der Schachregeln, Varianten, Manöver und erstaunlicher taktischer Motive überwältigt. Er verliebt sich in das Spiel und will unbedingt besser werden.  Doch trotz aller Anstrengungen verliert er vor der ganzen Schule gegen Laurent und rennt beschämt nach Hause, immer noch mit Harmonys Glücksbringer, den er jedoch schließlich bei einer Straßenprügelei verliert.

Alle sieben Mitglieder der Shibuya-Schule werden zu kämpferischen und ehrgeizigen Schachspielern. Ihr Kampfgeist spielt eine wesentliche Rolle für den Fortgang der Handlung. | Foto: IWA/Shibuya Productions

Um sich bei Harmony zu entschuldigen, beschließt er, in ein Antiquitätengeschäft zu gehen, um ein passendes Geschenk für seinen Schwarm zu finden. Doch anstatt den Laden mit einem alten Schachspiel zu verlassen, leiht er sich von dem alten und geheimnisvollen Ladenbesitzer eine VR-Brille (Virtual Reality).

Diese Brille wird "Caissa" genannt und soll einem alle Weisheit der Welt vermitteln. Als er allein zu Hause ist und draußen ein heftiger Sturm tobt, probiert Tom die Brille aus. Doch während er sich anschickt, unangeahntes Wissen zu entdecken, kommt es zu einem Unfall, als ein Blitz durch Toms Fenster fällt und ihn trifft, während er die Brille "Caissa" aufhat.

Tom wird für mehrere Tage bewusstlos. Als er im Krankenhaus aufwacht, sieht der Junge zur Erleichterung seiner Mutter gesund aus, doch langsam stellt er fest, dass etwas anders ist. Um sich die Zeit zu vertreiben, bis er nach Hause gehen kann, beginnt er, erste Online-Partien zu spielen, und entdeckt schon bald, dass er viel besser spielt und etwa so viel über Schach weiß wie der große Garry Kasparov.

Harmony überredet ihre Mitspieler, Tom in den Club aufzunehmen, nachdem sie seine enormen Fortschritte bei einem Besuch bei Tom gesehen hat. Schon bald treten Tom, Harmony, Laurent und die Clubmitglieder Yhang, Saori, Marius und Anne gegen andere Schulschachclubs aus Japan an, um sich einen Platz bei einem angesehenen internationalen Schachturnier in Monaco zu sichern, das von Garry Kasparov organisiert wird. Diese Turnierserie ist Teil von Kasparovs neuem Projekt - "Project T" - und zielt darauf ab, das Schachspiel in der ganzen Welt zu fördern, insbesondere in Regionen wie Japan, wo Schach nicht sehr verbreitet ist.



Schach spielt im Leben von Tom und seinen Freunden eine immer größere Rolle, während sie ihrem Ziel, Project-T-Champions zu werden, immer näher kommen. | Foto: IWA/Shibuya Productions

Von da an sehen sich die sieben Freunde nicht nur einer Vielzahl von Gegnern mit unterschiedlichen Persönlichkeiten und Stärken gegenüber, sondern auch ihren eigenen Ängsten und Unsicherheiten. Um ihre Schachträume zu verwirklichen, müssen die Jugendlichen lernen, als Team zusammenzuarbeiten, um ihre Ängste zu überwinden. Sie springen nicht nur von Schachabenteuer zu Schachabenteuer, sondern entdecken auch die Welt, knüpfen Freundschaften, lernen Menschen kennen und treffen an historischen Schauplätzen große Persönlichkeiten wie den berühmten japanischen Mönch Sôshô Yamada, internationale Schachmeister und Trainer, Garry Kasparov, Fürstin Charlène und Fürst Albert von Monaco!

"Blitz" beeindruckt in vielerlei Hinsicht, angefangen bei den Ähnlichkeiten und Parallelen zwischen dem Schachspiel und der Handlung der Geschichte. Der Manga ist gut zu lesen, egal, wie viel man vom Schach versteht, denn die Informationen, die man braucht, um zu verstehen, was auf den Brettern vor sich geht, sind unauffällig in die Handlung der Geschichte eingeflochten.

Dazu kommen noch eine spannende Geschichte, komplexe Charaktere, die grundlegende Veränderungen durchmachen, eine freundliche und respektvolle Atmosphäre, die frei von Gewalt ist, trotz all der Action, die sich auf den Spielbrettern abspielt, wenn sich die Spieler in Krieger verwandeln und ihre Schlachten auf verschiedenen Schlachtfeldern schlagen.

Es gibt sogar einige Bonusseiten, auf denen der Leser interessante Fakten über die vorgestellten Orte und Gebäude erfährt. Als i-Tüpfelchen enthält jeder Band auch ein Schachglossar, eine kurze Zusammenfassung der vorangegangenen Ereignisse und einige Partieanalysen eines Schachmeisters zu den Partien der Protagonisten. Es ist erwähnenswert, dass in diesem Manga Mädchen und Jungen gleichberechtigt dargestellt werden. Dies beweist, dass Werke, die frei von Sexismus und schädlichen Stereotypen sind, besser sind als die gegenteilige Variante, denn so wird jedem und jeder das Gefühl gegeben, willkommen zu sein und in die aufregende Welt des Schachs aufgenommen zu werden (wie es Standard sein sollte).


 Sophie Milliet und Maxime Vachier-Lagrave sind große Fans dieses actiongeladenen Schachmangas. Hier sehen wir sie bei einem Gespräch über "Blitz" auf der Expo 2020 in Dubai während der Schachweltmeisterschaft 2020. | Foto: IWA/Shibuya Productions

Schließlich ist es vielleicht interessant zu wissen, dass nach der Veröffentlichung eines Interviews, das ich mit Cédric Biscay, dem Schöpfer von "Blitz", geführt habe, ein paar Jugendliche aus meinem Schachklub in Spanien mich kontaktiert haben, um zu fragen, wo sie diesen "coolen" Schachmanga kaufen könnten, von dem sie noch nie gehört hatten.

Damit hat sich für mich bestätigt, was ich schon bei der Lektüre der bisher erschienenen neun Bände gespürt habe: Die junge Generation muss mit Medien angesprochen werden, die Teil ihres Alltags sind, zusammen mit dem Geist und der Popkultur ihrer Zeit. Ich bin froh, dass Cédric und sein Team diesen Manga produziert haben, weil ich glaube, dass er das Potenzial hat, Schach bei vielen Kindern (und auch Erwachsenen) populär zu machen, unabhängig davon, ob sie aktiv am Spiel teilnehmen oder nicht, und das kann meiner Meinung nach dem Schach nur gut tun.

Interview mit Cédric Biscay, Schöpfer der Manga-Serie "Blitz"


Tatiana Flores wurde 1998 in Andorra geboren und zog, als sie 14 war, mit Ihrer Familie nach Deutschland. Sie arbeitet als Schach-Journalistin, Dichterin und mehrsprachige Autorin. Sie begeistert sich neben dem Schachspielen auch für Literatur und Musik. Tatiana Flores, International Chess Journalist https://tatianaflores.de/en/home/