01.02.2023 – Die meisten Großmeister sind im Sternzeichen des Wassermanns geboren. Darunter tummelten sich die Legenden Taimanov, Eliskases und Sveshnikov. Ein Weltmeister ist auch dabei - Boris Spassky. Mit Abhimanyu Mishra haben wir nicht nur den jüngsten Großmeister, sondern hatten mit Yuri Averbakh, der im Alter von hundert Jahren starb, auch den ältesten. | Foto: Pixabay
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Der Wassermann und seine Strategie
Der Herrscher dieses Sternzeichens ist Uranus, der Plötzliche, der Erneuerer. Uranus überrascht gern (notfalls sich selbst) und erfindet alles Mögliche, von praktischen Kleinigkeiten bis zu grandiosen, revolutionären Kreationen – denn er ist nicht nur ein brillanter Denker, er kann eigentlich mit dem Denken nie aufhören.
Wassermänner sind Kopfmenschen, Gedankenspieler. Von allen zwölf Zeichen am wenigsten in Gefahr, in ihren Emotionen zu versinken, weil sie stets den Abstand bewahren können und dadurch, aus der Distanz, den Überblick behalten. Dem Gegner entziehen sie sich immer wieder durch völlig unerwartete Züge. Zudem agiert und kalkuliert Uranus mit erschreckender Geschwindigkeit. Plötzlich eben.
Nick Pert gewann 2021 die britischen Schachmeisterschaften. Doch 2022 war es nur der zweite Platz. Der Engländer erzielte allerdings einen Punkt mehr, als im Jahr zuvor, wie er im Video berichtet.
Ein typischer Wassermann als Schachgegner stellt, vorsichtig ausgedrückt, eine Herausforderung dar. In keinem anderen Zeichen sind mehr Großmeister geboren worden: bis jetzt sind es über zweihundert! Eine Armee von Wassermann-Großmeistern! Dabei ist ein interessanter Faktor, dass weniger der Ehrgeiz, unbedingt zu gewinnen, als vielmehr der Forscherdrang, das unbändige Vergnügen an der Analyse, sie so erfolgreich macht.
Der einzige Österreicher, der jemals ein FIDE-Rating von über 2700 erreicht hat, ist selbstverständlich Wassermann, Markus Ragger, *5. Februar.
Markus Ragger hat bereits zwei Fritztrainer für ChessBase erstellt. Viele Fans des Österreichers warten gespannt auf die neuesten Bände
Der echte Wassermann entspannt sich bei Gedankenakrobatik, ihm fällt immer wieder etwas Neues ein – oder er kann das Alte erfolgreich umkrempeln. Das intellektuelle Durchdringen macht ihm Spaß, das Forschen bis auf den letzten Grund. Sein Denken ist durchaus unkonventionell und geht problemlos eigene Bahnen.
Die zwischen dem 20. Januar und dem 18. Februar Geborenen fangen offenbar früher als die meisten ihrer Mitmenschen damit an, ihren Verstand zu tummeln. Zwar wurden nahezu alle Schachgrößen bereits in der Kindheit mit dem Brett bekannt. Vom derzeit gerade 14 Jahre alten Amerikaner Abhimanyu Mishra allerdings, *5. Februar, darf man vermuten, dass er das königliche Spiel noch vor dem Laufen lernte. Na ja, gut, er war zweieinhalb Jahre alt, als er zum ersten Mal die Figuren in seine Patschhändchen nahm. Mit neun Jahren wurde er dann der jüngste nationale Meister der USA, ein Jahr später errang er den internationalen Meistertitel. Und mit zwölf Jahren, vier Monaten und 25 Tagen, im Juni 2021, konnte sich Abhimanyu Mishra zum jüngsten Großmeister der Welt erklären (und löste damit Sergei Karjakin, den bis dahin jüngsten, ab).
Natürlich komponieren Wassermänner auch, und sie schreiben Schachbücher. Ehren-Großmeister Rudolf Teschner, *16. Februar, verfasste - unter vielen anderen Büchern dieser Art - den Klassiker: Eine Schule des Schachs in 40 Stunden (von dem übrigens Bobby Fischer sagte, es sei ‚Pretty Good‘.)
1956, bei der 23. UdSSR-Meisterschaft in Leningrad, teilten sich drei russische Wassermänner den ersten Platz. Das waren der damals dreißigjährige Großmeister Mark Taimanow, * 7. Februar, dann die Schachlegende (und spätere Weltmeister 1969 bis 1972), der neunzehnjährige Boris Spasski, * 30. Januar, sowie der vierunddreißigjährige Großmeister Juri Averbakh, *8. Februar.
Ein Foto von Boris Spassky, welches im Artikel von "Frederic's Mates" auftaucht. Das Video dazu gibt es hier:
Zu jedem dieser drei Männer wäre noch viel zu sagen.
Über Taimanov beispielsweise - Stichwort ‚erfinderischer Wassermann‘ - dass er sich neben anderen spannenden Abspielen in der Sizilianischen Verteidigung die Taimanov-Variante ausgedacht hat. (Der russische Großmeister Jewgeni Sveschnikov, *11. Februar, der ganz besonders als Schachtheoretiker bekannt wurde, zog den e-Bauern etwas weiter vor, dies war dann die Sveschnikov Variante.)
Über Averbakh, dass es sich bei ihm um den bisher ältesten lebenden Großmeister gehandelt hat; Er starb im Mai 2022 im Alter von hundert Jahren. Weltmeister, hat er erklärt, wollte er eigentlich nie werden: Er sei mehr Forscher als Kämpfer. Eine gute Wassermann-Charakteristik.
Yuri Averbakh starb im Alter von 100 Jahren. Den Artikel zu seinem hundertsten Geburtstag gibt es hier. | Foto: Averbakh beim Match USA vs. USSR, New York City, 1954 (via D. Griffith)
Über den großartigen Spasski schließlich muss man wahrscheinlich nicht viel sagen; den kennen sogar Nicht-Schachspieler. Er scheiterte nach einer grandiosen Karriere keineswegs an einem Wassermann. Sondern an einem in den Fischen geborenen Spieler, so unregelmäßig, unberechenbar und genial wie möglich. Aber das ist eine andere Geschichte, zu der kommen wir beim nächsten Mal …
Dagmar SeifertDagmar Seifert ist eine norddeutsche Journalistin, Autorin und Astrologin. Sie liebt Schach, ist jedoch
keineswegs eine übertrieben gute Spielerin. Immerhin war sie diejenige, die es ChessBase-Mitarbeiter Arne Kähler beigebracht hat – als er sechs Jahre alt war …
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