Sechzehneinhalb Minuten, denen man kaum zusehen kann
Die 12. Partie der Schachweltmeisterschaft zwischen Ian Nepomniachtchi und Ding Liren war für die Zuschauer, für die Kommentatoren und am meisten für die Spieler ein kaum vorstellbares Wechselbad der Gefühle.
Nach einer ganzen Reihe von Fehlern auf beiden Seiten war eine ausgeglichen Stellung entstanden. Diese war Ian Nepomniachtchi mit f5 in einem Zug weg.
Was dann zu beobachten war, hat Ulrich Stock in seinem Bericht für die Zeit eindringlich in Worten festgehalten:
"Der weiße Turm auf e2 schlägt den schwarzen Bauern auf e6 – Nepomnjaschtschi notiert Dings Zug auf sein Partieformular und knallt den Stift auf den Tisch. Er zieht die Schultern hoch, er verzieht das Gesicht, er bewegt die Lippen im Selbstgespräch, er dreht sich im Sessel, er zieht die Brauen hoch, er bläst die Backen auf. Seine Ohren werden rot, bald rötet sich das ganze Gesicht, es nimmt die Farbe seines Oberhemdes an, er öffnet einen Knopf unterm Kragen. Er richtet den Blick zur Seite, er schaut nach oben in die Kuppel. Er wirft den Kopf in den Nacken, drückt sich mit Wucht in seinen Sessel zurück, die Lippen werden schmal wie ein Strich. Er rauft sich die Haare, er schlägt die Hände vors Gesicht, er verschränkt die Arme, er richtet sich auf, er sackt in sich zusammen. Sechzehneinhalb Minuten, denen man kaum zusehen kann. Schachspieler ruhig, kontrolliert? Es fehlt nicht viel, und Nepomnjaschtschi würde platzen oder implodieren oder erst das eine und dann das andere."
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