Text und Fotos: Alina l'Ami
Viele Grüße aus Island! Mein Mann, Erwin l'Ami, und ich sind zusammen
nach Reykjavik, der am nördlichsten gelegenen Hauptstadt der Welt, geflogen,
um am 27. Reykjavik Open teilzunehmen und schon als wir das Flugzeug bestiegen,
wusste ich, diese Reise würde schön werden. Ich spiele schon über
20 Jahre lang Schach, ich bin weit gereist und habe viel gesehen und viel erlebt.
Man könnte meinen, mich könnte so schnell nichts mehr überraschen,
aber genau das geschah in Island. Nicht wegen der Aufregung, die alles Unbekannte
mit sich bringt und auch nicht wegen der drei freien Tage, die wir vor Turnierbeginn
angereist waren; ganz genau kann ich meine Begeisterung nicht erklären,
aber irgendetwas lag in der Luft...etwas, das mein Herz schneller schlagen ließ
- vielleicht ansteckende Begeisterung?!
Obwohl die Sonne im Winter nur wenig scheint und das natürlich aufs Gemüt
schlägt, wirken die Isländer auf mich ausgesprochen freundlich, gut
gelaunt, offen und scheinen in Harmonie mit ihrem Land zu leben. Das übrigens
unglaublich schön ist; ich habe erst einen kleinen Teil gesehen, aber kann
Ihnen versichern, dass Sie sich am besten selbst überzeugen, wie schön
Island ist. Vielleicht beim nächsten Reykjavik Open!
Als Rumänin bereiten mir nur zwei Dinge Schwierigkeiten: der extrem starke
Wind und die raschen Wetterwechsel. Ich habe noch nie erlebt, dass sich Sonne,
Hagel, Regen, Schnee und wieder Sonne so rasch abwechseln! Im Handumdrehen!
In einem Moment genieße ich noch die Sonne und schöpfe neue Kraft,
im nächsten werde ich schon in den Atlantik geweht oder bin von Kopf bis
Fuß mit Schnee bedeckt. Ich frage mich, wie die armen Meteorologen hier
das Wetter vorhersagen.
Trotzdem, der zehnminütige Spaziergang zum Turniersaal ist ein wirkliches
Vergnügen. Er führt am Meer entlang, die Luft ist frisch, der Kopf
wird frei und man kommt gestärkt zur Partie. Das Turnier geht über
neun Runden und gespielt wird mit der üblichen Bedenkzeit von anderthalb
Stunden für 40 Züge plus einer halben Stunde für den Rest der
Partie und natürlich auch einer Zeitgutschrift von 30 Sekunden pro Zug.
Der Turniersaal liegt in einem atemberaubenden neuen Gebäude, das erst
vor kurzem fertig gestellt wurde. Es liegt direkt am Wasser und die “Harpa Concert
Hall” mit ihren beeindruckenden Fenstern erinnert mich immer an Fischernetze
oder sogar an Fischschuppen. Während der Partie tut es gut, nicht immer
auf die Verwicklungen der Stellung auf dem Brett zu schauen, sondern seinen
Blick gelegentlich über den Hafen schweifen zu lassen.
Ich vermute, diese Blicke wirken inspirierend auf die 200 Teilnehmer, unter
denen sich 25 Großmeister und 20 Internationale Meister befinden. Teil
des starken Felds sind Weltklassepieler wie Fabiano Caruana, David Navara und
Hou Yifan - was dieses wunderbare Turnier noch attraktiver macht. Erwähnt
werden sollte auch, dass die Organisatoren alles Erdenkliche getan haben, um
den Teilnehmern das ganze Festival hindurch jede Menge zusätzlicher Freizeitaktivität
zu bieten: Ausflüge, Vorträge, Partiekommentare, Fußballwettkämpfe,
Schach-Quiz-Wettbewerbe, Ausstellungen, Blitzturniere, usw. – für jeden
ist etwas dabei!
Dazu spielt man in einer Stadt, in der es jede Menge zu entdecken gibt, die
von den Wikingern geprägt wurde, und die durch den berühmten Wettkampf
Spassky gegen Fischer 1972 über eine reiche Schachgeschichte verfügt.
Hätten wir doch nur mehr Zeit…

Harpa Konzertsaal und Konferenzzentrum - hier spielen wir
Das Innere des Gebäudes - hier gibt es auch ausgezeichnete Restaurants,
in denen man Gerichte aus aller Welt essen kann: indisch, isländisch, Bio,
usw - für Abwechslung ist gesorgt.

Blick aus dem Turniersaal
Die Eröffnungsfeier
Kurz vor Beginn der ersten Runde
David Navara
Yuriy Kryvoruchko
Das Turnier ist offiziell eröffnet - der erste Zug wurde am Brett von Hou
Yifan gespielt.
Hou Yifan vs Gudlaug Thorsteinsdottir (links)
Christin Andersson vs Fabiano Caruana (links)
Welcher Spieler ist das? Sie dürfen raten :)
Offensichtlich hat Fabiano Fans :)
Edward Lee Kai Jie vs Yuriy Kryvoruchko
Hou Yifan

Ivan Cheparinov trägt eine so genannte "Mertenitsa", ein Armband aus roten
und weißen Streifen - ein alte bulgarische Tradition, mit der der Frühling
begrüßt wird, und die wir auch in Rumänien kennen! Weiß
steht für Kraft, Reinheit und Glück, Rot symbolisiert Gesundheit,
Blut, Empfängnis und Fruchtbarkeit. Bekommt man eine Martenitsa geschenkt,
dann sollte man sie entweder an seiner Kleidung befestigen oder ums Handgelenk
oder den Hals tragen - und zwar solange, bis man einen Storch sieht. Ich nehme
an, Ivan behält sein Armband, bis er wieder zuhause ist, denn bislang habe
ich hier keine Störche gesehen.
Erwin L'Ami vs Johan Henriksson
Ivan Sokolov
Die Zuschauer verfolgen die Partien

Analyseraum

Ansichten auf dem Weg zum Spiellokal
Isländische Landschaften
Pingvellir National Park
Isländische Architektur
Strokkur, ein sehr aktiver Geysir, der ungefähr einmal pro Minute ausbricht.
Es empfiehlt sich, die Finger vom Wasser zu lassen! Aber fast niemand tut das:)
Gute Bilder zu machen ist schwer
Der Gulffoss Wasserfall
Kreno-Krater
Isländische Pferde - sie sind kleiner als die Pferde, die ich kenne.
Die berühmteste Touristenattraktion Islands: Die Blaue Lagune; ich fand's
einfach wunderbar! Trotz Hagel, Regen oder Schnee - denn das ist ja gerade das
Besondere! Ich habe nie geglaubt, dass ich einmal bei Minustemperaturen im Freien
schwimmen würde!