Entschleunigter Lernspaß für die Schule: Die Fritz&Fertig-Arbeitshefte

von ChessBase
22.09.2016 – Mancher glaubte, dass sich in Deutschland keine große Schachkultur entwickeln konnte, weil das seinerzeit viel verkaufte Standard-Lehrbuch von Dufresne/Mieses didaktisch viel zu ungeschickt war. Falls das stimmt, sehen wir jetzt goldenen Schachzeiten entgegen. Das spaßige Lernkonzept um Fritz&Fertig wurde nämlich kürzlich um Arbeitshefte für Lehrer und Schüler erweitert. Die Figuren aus dem Computerprogramm laden zum verlangsamten Lernen mit Übungen auf Papier ein. Der Hamburger Schachlehrer Christian Zickelbein hat sich die Hefte angeschaut... Mehr...

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Fritz & Fertig: Jörg Hilbert – Björn Lengwenus:
Schach-Arbeitsheft für Schüler

Fritz & Fertig: Jörg Hilbert – Björn Lengwenus – Sandra Langwenus:
Schach-Arbeitsheft für Lehrer

Eine Rezension für Produkte aus der Reihe Fritz & Fertig der Co-Autoren Jörg Hilbert und Björn Lengwenus? Nach so vielen Auszeichnungen ihrer Lern-Software und ihrer erfolgreichen weltweiten Verbreitung?

Von Christian Zickelbein

Aber nun gibt es zwei neue Produkte, die den herrlichen Lern- und Spielprogrammen für den Computer noch eins drauf setzen: Zwei Arbeitshefte als „Printmedien“! Schüler und Lehrer können sie in die Hand nehmen und haben so die Möglichkeit, ihr Lern- und Lehrtempo auf fruchtbare Weise zu verlangsamen. Die beiden Arbeitshefte sind so spielerisch und schön gestaltet wie das Computerprogramm – Fred Fertig, die charmante Kanalratte, springt gleichsam vom Bildschirm in die Hefte und gibt den motivierenden Vermittler zwischen dem Schachlehrer und seinen Schülern. Aber mit der Einführung der Notation und im langsameren Rhythmus des Lesens beim Selbststudium des Schülers oder des Unterrichts in der Lerngruppe hat der Lernende noch bessere Chancen, ein ernsthafter Schachspieler zu werden als nur am Computer. (Klar, hier schreibt ein ganz alter Schachlehrer, dem die Computer immer noch zu schnell sind und der sie nur mit Vorsicht nutzt.)

Aber es gibt nicht nur zwei neue Produkte, sondern auch eine dritte Autorin, die von den Verlagen Quinto und ChessBase zu Recht mit einem Ausrufezeichen vorgestellt wird: Sandra Lengwenus. Als Lehrerin und „Schach-Fachleitung“ an der berühmten Grundschule Genslerstraße (von „Schach statt Mathe“ zu „Schach als Fach“) hat sie Unterrichtsbausteine für Lehrerinnen und Lehrer entwickelt, die – wie sie selbst – nicht nur das Schachunterrichten, sondern auch das Schachspiel von Beginn an lernen mussten! Sandras eigene Lern- und Lehrsituation – einmal das leere Brett mit einem Hauslehrer wie ihrem Mann und zum anderen ein Experimentierfeld wie in der Grundschule Genslerstraße mit Schülerinnen von der 1. bis zur 4. Klasse, die keineswegs alle von vornherein versessen auf Schach sind, sondern erst neugierig gemacht werden müssen – bildet auf glückliche Weise die herausfordernde Voraussetzung, Bewährtes weiterzuentwickeln und Neues zu schaffen, alles zu erproben und zur Entwicklung eines (zunächst schulinternen) Curriculums reifen zu lassen, das jeder Lehrerin, jedem Lehrer die Unterrichtsvorbereitung abnimmt: Didaktische Stringenz und methodische Vielfalt ermöglichen Stunde für Stunde einen abwechslungsreichen Unterricht.

 

Aus dem Schacharbeitsheft für Lehrer

 



Jeder kann dem vorgeschlagenen Hauptweg folgen, aber auch im Hinblick auf die jeweilige Lerngruppe zur Vertiefung oder spielerischen Abwechslung Seitenwege einschlagen. Das Schach-Arbeitsheft für Lehrer bietet zu diesem Zweck gute Aufgaben und Spielideen an. Das Schach-Arbeitsheft für Schüler eignet sich zum „Selbststudium“, aber eben auch für alle möglichen Sozialformen und die Differenzierung des Unterrichts in einer Lerngruppe. Das Schach-Arbeitsheft für Lehrer ist entsprechend aufgebaut, sodass auch der Anfänger als Schachspieler und zugleich Schachlehrer, nicht viel weiter als seine Schüler, sie dennoch kompetent begleiten kann. Zu jedem Unterrichtsthema werden klare Ziele als „Kompetenzen“ angegeben, abwechslungsreiche Wiederholungen gestatten die Selbstüberprüfung – auch dem Lehrer als Lernendem.

Erfahrene ausgebildete Schachtrainer oder auch starke Schachspieler, die in ihrem Verein eine Jugendgruppe übernehmen wollen, könnten meinen, sie brauchten weder das eine noch das andere Arbeitsheft. Das mag auch so sein, viele Trainer haben jahrelang gute und erfolgreiche Arbeit geleistet – aufgrund eigener Kenntnisse oder welchen Materials auch immer. Und sie mögen misstrauisch gegenüber dem pädagogischen Fachvokabular sein.
„Curriculum“ – ist das nicht das Ende von Freiheit und Spiel?

Ich erinnere mich an zwei große Klassiker, an Siegbert Tarrasch: "Das Schachspiel - Systematisches Lehrbuch für Anfänger und Geübte", und an Jean Dufresne/Jacques Mieses: „Lehrbuch des Schachspiels“. Das eine habe ich als Kind mit sieben oder acht Jahren allein gelesen, aus dem anderen habe ich einiges Material für den Schachunterricht in meinen unzähligen Schulschachgruppen gezogen (und abgewandelt). Ich war immer seltsam beeindruckt von Tarraschs didaktischem Ideal, der Leser solle erst die 273 Seiten seines Buches lesen (studieren), bevor er seine erste Partie spiele. Natürlich muss dieser Traum eines theoretischen Didaktikers ein Alptraum für jeden praktischen Lehrer sein, der es mit Kindern statt mit erwachsenen Lesern zu tun hat, und selbst Erwachsenen dürfte es heute an der notwendigen Geduld fehlen. Meinen verstorbenen rumänischen Freund Jacob Silbermann hat es gewundert, dass ich trotz meiner kindlichen Anfänge mit dem Dufresne/Mieses zu einem passablen Schachspieler geworden sei. Er war Meinung, dass dieses Lehrbuch, bei Reclam verlegt und früher viel gekauft, mitverantwortlich dafür sei, dass sich in Deutschland eine Schachkultur kaum entwickelt habe: Statt die Anfänge zu erleichtern, stelle das Buch Schach als schwieriges Spiel dar.

Doch seit längerem weht ja schon ein frischer Wind, aber keiner ist so erfrischend wie der Rückenwind, mit dem die beiden hier rezensierten Arbeitshefte für Schüler und Lehrer alle Lernenden und Lehrenden voranbringen.

Das hier entwickelte Curriculum ist eben nicht das Ende von Freiheit und Spiel, sondern begründet ihre Anfänge und steigert sie auf ein gutes Niveau. Das im Unterricht mit Kindern und Kollegen erprobte Curriculum ist trotz seines systematischen Voranschreitens und der manchmal bis ins Detail gehenden (hilfreichen) Vorbereitung für die Hand des Lehrers kein starres Konstrukt, sondern kann sogar vereinbar mit meinem Traum von offenen Unterricht sein.* Die von Tarrasch angestrebte Gründlichkeit erreicht Sandra Lengwenus nicht mit theoretischer, nur sprachlich vermittelter Lehre, sondern mit den spielerischen Anteilen ihres Unterrichts. In ihrem Curriculum wird früh gespielt, kleine und durchaus schon kompetitive Spiele werden immer wieder eingesetzt, um das Gelernte einzuüben und zu festigen. So werden die Elemente des Schachspiels langsam aufgebaut und schließlich in einem schon gesteigerten Spielverständnis zusammengeführt. Die Fülle von einfachen Spielideen hier darzustellen, sprengt den Rahmen und vermittelt auch nicht das Vergnügen, das mit ihrer Erprobung auch für den erfahrenen Schachlehrer verbunden ist, wenn er z.B. mit den Kids König gegen König spielt oder sich mit ihnen auf eine „Bauernkloppe“ einlässt, um nur zwei Spiele zu nennen, die zudem geeignet sind, den Schülern Erfolgserlebnisse in der Familie zu eröffnen und auch die Eltern mit ihrer Schachlust anzustecken.

 

Aus dem Schacharbeitsheft für Schüler



Natürlich haben beide Hefte auch ihren Preis. Das Schach-Arbeitsheft für Schüler kostet 9,90 €, aber es ist eben nicht nur eine Sammlung von guten Arbeitsblättern, sondern auch ein schönes Bilderbuch. 39,90 € für das Schach-Arbeitsheft für Lehrer mag schon eher teuer erscheinen, gerade auch für Trainer, die schon alles zu kennen und zu können glauben. Doch hier liegen zwei Werke vor, die alle Versprechungen ihrer Klappentexte halten und daher ihren Preis wert sind. Ich hielte es für einen Fehler, an diesem Heft vorbeizugehen – nicht nur wegen der vielen guten „Kopiervorlagen“, die die Unterrichtsvorbereitung verkürzen. Der Hamburger Schachklub von 1830, der seine Trainer in über 70 Gruppen an 40 Hamburger Schulen schickt, wird es jedenfalls allen seinen Trainern und Schachlehrern empfehlen und einigen auch zur Verfügung stellen. Ich wünsche beiden Heften einen ähnlichen Erfolg wie dem Schach-Lernprogramm gleichen Namens – im Interesse auch der Entwicklung einer deutschen Schachkultur.

 



*Eine Bestätigung meiner Behauptung liefert übrigens der der Schulleiter der Stadtteilschule Alter Teichweg in Hamburg, einer Eliteschule des Sports, Björn Lengwenus, einer der Väter von Fritz & Fertig, selbst: „Das Lehrerarbeitsheft sollte übrigens auch eine Anleitung für offenen Schachunterricht sein (trotz der konkreten Unterrichtsentwürfe, die dort auch zu finden sind). Die Checklisten für Schüler sind inspiriert von unserer Reformstufe am Alten Teichweg, wo wir im Rahmen des „Alleskönnerprojekts“ reformpädagogisch, offen und ohne Noten arbeiten. Jeder kann die Listen nach seinem Tempo bearbeiten und abstempeln. Wer fertig ist, darf eine Wissensüberprüfung machen und dann die nächste Liste angehen.“
 

 

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Die ChessBase GmbH, mit Sitz in Hamburg, wurde 1987 gegründet und produziert Schachdatenbanken sowie Lehr- und Trainingskurse für Schachspieler. Seit 1997 veröffentlich ChessBase auf seiner Webseite aktuelle Nachrichten aus der Schachwelt. ChessBase News erscheint inzwischen in vier Sprachen und gilt weltweit als wichtigste Schachnachrichtenseite.

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