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Albins Gegengambit Von Dorian Rogozenco 1.d4 d5 2.c4 e5 3.dxe5 d4 4.Sf3 Sc6 5.Sbd2
In Albins Gegengambit opfert Schwarz einen Bauern, um mehr Raum auf dem Brett zu erobern und die normale Entwicklung der weißen Figuren zu stören. Sein Plan sieht vor, entweder schnell mit Le6 (bzw. Lg4), Dd7 und 0-0-0 Druck im Zentrum und am Damenflügel zu entfalten, oder den Bauern rasch mit Sg8-e7-g6 zurückzugewinnen. Die von Morozevich und Kasimdzhanov erzielten guten Ergebnisse mit dieser Eröffnung zeigen, dass selbst starke GMs mit Weiß vor Schwierigkeiten stehen können. Ziel dieses Artikels ist es, ein System gegen das Albins Gegengambit zu präsentieren. Werfen wir einen näheren Blick auf den Plan von Weiß. 5.Sbd2 ist ein sehr flexibler Zug, der die Absichten des Anziehenden noch nicht aufdeckt. Zunächst einmal deckt er den Bauern auf c4 (für den Fall von Lc8-e6) sowie den Springer auf f3 (für den Fall von Lc8-g4). Die Hauptidee im vorgestellten System besteht allerdings in einem zügigen Angriff auf den Bauern auf d4! Mit 5.Sbd2 ist tatsächlich der Anziehende derjenige, der versucht, raschen Druck auf die gegnerische Stellung auszuüben, und genau darum geht es bei diesem System - Weiß spielt ganz konkret gegen den schwarzen Bauern auf d4. Bevor es zu den Varianten geht, muss ich noch eine Sache erwähnen. Da der Plan von Weiß Sd2-b3 lautet, muss er gewöhnlich a2-a3 spielen, um ein Schach auf b4 zu verhindern. Das Ideal für ihn ist a3, b4, Sb3 und Lb2, wonach der d4-Bauern unweigerlich fällt. Schwarz versucht, selbiges zu verhindern (meist, indem er einen Gegenangriff auf die Bauern c4 oder e5 startet). Der Punkt ist aber, dass wenn Weiß a2-a3 zieht, wir Stellungen erreichen, die in der Praxis oft über eine leicht veränderte Zugfolge entstehen: erst 5.a3 und dann 6.Sbd2. Hinsichtlich des hier vorgestellten Systems gibt es nahezu keinen Unterschied zwischen diesen Zügen (5.a3 und 5.Sbd2). Den eigenständigen Wert von 5.Sbd2 sieht man in unserem Fall in Variante C, wo Weiß versucht, Zeit für a2-a3 einzusparen. Nach 5.Sbd2 hat Schwarz drei Hauptfortsetzungen: A) 5...Lg4, B) 5...Le6 und C) 5...Sge7. Alternativen sind schwächer, siehe Sorokin,M - Cunha,E 1-0. A) 5...Lg4
Obwohl dieser Ausfall nach dem vorigen weißen Zug nicht sonderlich logisch wirkt, ist er in der Praxis trotzdem die beliebteste Wahl. Die Pointe ist, dass Schwarz nach 6.h3 auf f3 nimmt, auf b4 ein Schach mit dem Läufer gibt und dann De7 spielt, womit er sich eine normale Entwicklung sichert und den Bauern zurückgewinnt. 6.a3 Nun steht Weiß zu h2-h3 bereit. Wenn Schwarz mit 6...Dd7 fortsetzt, um die lange Rochade vorzubereiten, so ist der Zug 7.b4 stark, was diesem Plan entgegenwirkt und gleichzeitig rasche Drohungen gegen den d4-Bauern aufstellt. Im Fall von 6...De7, 6...a5 und 6...Sge7 spielt Weiß jeweils 7.h3. Dann steht der Nachziehende vor einer unangenehmen Wahl. Wenn er auf f3 nimmt und den Bauern e5 zurückgewinnt, wird Weiß dank seines Läuferpaars ein angenehmes Plus genießen. Weiterentwickeln kann er sich dann sowohl mit e2-e3 als auch mit g2-g3. Falls Schwarz mit dem Läufer nach e6 zurückgeht (der Zug nach h5 ist schwächer), attackiert Weiß sofort mit 8.Sb3 den Bauern auf d4. Das Spiel verläuft ähnlich wie in Variante B), nur mit dem Bauern auf h3 statt h2, was wenig Unterschied ausmacht. Bezüglich konkreter Details siehe Nielsen,P - Rasmussen,K 1-0 und Burg,T - Pruijssers,R 1-0. B) 5...Le6
Wieder will Schwarz schnell seinen Damenflügel entwickeln. 6.a3 Genau wie in Variante A nimmt Weiß das b4-Feld unter Kontrolle und bereitet entweder Sd2-b3 vor oder b2-b4. 6...Sge7 Schwarz steht bereit, den Bauern e5 zu attackieren. In solchen Situationen muss Weiß sich beeilen und ihm mit einem Angriff auf den d4-Bauern zuvorkommen. Das gleiche gilt im Fall von 6...a5. 6...f6 7.exf6 überlässt Schwarz unzureichende Kompensation, 6...Dd7 dagegen wird mit 7.b4 beantwortet, Damaso,R - Cordovil,J 1-0. 7.Sb3! Wenn Schwarz Se7-g6 vorbereitet, ist 7.b4 zu langsam. Schwarz antwortet 7...Sg6, und die vorgerückten Damenflügelbauern könnten später für ihn zusätzliche Zielscheiben darstellen.
Nun steht der Bauer auf d4 unter Beschuss, und Schwarz muss eine Entscheidung fällen: entweder decken mit 7...Sf5 oder ihn für den c4-Bauern tauschen - 7...Lxc4. B1) 7...Sf5 Obwohl der Springer auf f5 nicht stabil steht, ergibt eine solche Verteidigung sehr viel Sinn, da damit der gesamte weiße Plan mit der schnellen Überführung des Springers nach b3 in Frage gestellt wird. Dies trifft vor allem zu, weil Schwarz einen klaren Weg hat, die unsichere Stellung des Springers b3 mit ...a7-a5-a4 zu unterstreichen (man beachte, dass ein solcher Vorstoß ihn meist auch strategisch begünstigt). Ein Zug wie g2-g4 wird beantwortet mit ...Sf5-h4 und der Nachziehende erlangt Gegenspiel. 8.g3!?
Der Bauer auf c3 kann ungedeckt bleiben, und es scheint, als würde Weiß der schwarze Plan, den a-Bauern vorzustoßen, ebenfalls nicht kümmern. Konkrete Varianten aber zeigen, dass 8...Lxc4 9.e4 zu weißem Vorteil führt, während 8...a5 mit 9.Lh3 a4 10.Lxf5 Lxf5 beantwortet wird und Weiß kommt rechtzeitig zum Schlagen des Zentrumsbauern - 11.Sbxd4, wonach Schwarz für zwei Bauern keine ausreichende Kompensation hat. Der Zug 8.g3 muss noch in der Praxis getestet werden, bezügich Analysen siehe Ivanisevic,I - Khenkin,I 1-0. B2) 7...Lxc4 8.Sbxd4 Dd5 8...Sxd4 9.Sxd4 Dd5 10.Dc2 ähnelt sehr dem Hauptabspiel.
9.Dc2! Diese wichtige taktische Trick erlaubt Weiß, die Kontrolle im Zentrum zu behaupten. Die Drohung lautet 10.e4. Nach 9...Sxd4 10.Sxd4 Dxd4 11.e3 erobert der Anziehende die Figur zurück und bleibt dank seines Läuferpaars im Vorteil. Siehe Ivanisevic,I - Khenkin,I 1-0. C) 5...Sge7 6.Sb3 Sf5 6...Sg6 überlässt Weiß die Wahl zwischen 7.a3 mit Übergang zu Chatalbashev,B - Czakon,J 0-1 und 7.Sbxd4, Brunner,N - Feygin,M ½-½, in beiden Fällen mit Vorteil.
7.e4! Eine weitere wichtige Ressource in der gesamten Variante. Schwarz kann den status quo im Zentrum nicht aufrechterhalten und steht vor einer unangenehmen Wahl. Die natürlichste Reaktion 7...dxe3 führt nach 8.Dxd8+ nebst 9.fxe3 zu einem sehr guten Endspiel für Weiß:
Die Bauern in der e-Linie sind zwar verdoppelt und isoliert, doch kontrollieren sie wichtige Felder, was Weiß eine bessere Figurenplatzierung sichert. Wichtig ist, dass Schwarz nicht in der Lage ist, das materielle Gleichgewicht wiederherzustellen. Der Vorteil des Anziehenden hier steht außer Frage, aber trotzdem kommt das katastrophale Ergebnis von Schwarz in der Praxis doch überraschend - aus der Diagrammstellung heraus hat Weiß fast alle Partien gewonnen. Siehe Maksimenko,A - Antoniewski,R 1-0. Statt des Damentausches sollte Schwarz daher lieber versuchen, die Dinge mit 7...Sh4 8.Sfxd4 Sxe5 zu komplizieren:
Zu dieser Stellung kam es in Brunner,N - Feygin,M ½-½. Weiß hat einen gesunden Mehrbauern, aber die schwarzen Springer verursachen einige Unannehmlichkeiten im feindlichen Lager. Unterstützung erhalten sie von den Läufern (Lc8-g4 und Lf8-b4+) und dem c-Bauern (...c7-c5), was weitere Drohungen schafft. Mit genauem Spiel kann Weiß aber die Initiative seines Gegners neutralisieren und die Springer vertreiben, die übrigens auch keine stabilen Felder haben. In der erwähnten Partie spielte Weiß 9.f3 und hatte die gesamte Partie über einen leichten Vorteil. Allerdings steht ihm eine stärkere Möglichkeit zur Verfügung - 9.c5!. Dieser Zug schließt die Diagonale des gegnerischen Läufers, öffnet eine für den eigenen Läufer, stabilisiert den Springer auf d4 und erobert Raum. Eine ganze Menge für einen einzigen Zug. Die Chancen des Weißen sind vorzuziehen, siehe die oben erwähnte Partie Brunner,N - Feygin,M ½-½. Fazit: 5.Sbd2 ist als Erwiderung auf Albins Gegengambit ein ehrgeiziges, strategisch klares System. Weiß plant, schnell den schwarzen Bauern auf d4 anzugreifen und versucht, in seiner eigenen Stellung keinerlei Schwächen zu schaffen. In manchen der hier vorgestellten Varianten gibt es noch wenig praktisches Material und im Grunde keine etablierte Theorie; dennoch zeigen die Analysen, dass Schwarz vor Schwierigkeiten steht, und meine Schlussfolgerung lautet, dass Weiß überall Vorteil erhält. |