Eröffnungsübersichten in ChessBase Magazin 127

von ChessBase
16.12.2008 – Einer der größten Katalanisch-Experten weltweit ist unser Autor Mihail Marin. Der Rumäne hat sein tiefes Verständnis dieser Eröffnung in seine CD-Rom Katalanisch E00-E09 eingebracht und damit die vielleicht beste Bearbeitung dieses Themas geschaffen. Katalanisch ist nicht nur wieder einmal in Mode, sondern das ist eine Erfolgseröffnung, wie man den statistischen Zahlen entnehmen kann. Diese weisen auch 6...dxc4 als relativ beste Verteidigung aus - Schwarz kann damit evtl. 40% schaffen. Marins Beitrag in CBM 127 (von 14 insgesamt) beschäftigt sich mit 7.Dc2 a6 8.a4 Ld7 und nun geht Weiß mit 9.Td1 Lc6 10.Sc3 den langen ausanalysierten Varianten aus des Wege. Die Katalanisch-CD von Marin im Shop kaufen... Mehr Eröffnungsübersichten in CBM 127, im Shop kaufen... Beschreibung des Beitrages im Heft CBM 127... Marin: Katalanisch 8.a4

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Katalanisch - ein Pseudogambit im Hauptabspiel 8.a4

Von Mihail Marin

1.d4 Sf6 2.c4 e6 3.g3 d5 4.Sf3 Le7 5.Lg2 0-0 6.0-0 dxc4 7.Dc2 a6 8.a4 Ld7 9.Td1 Lc6 10.Sc3

Als Konsequenz der superben technischen Leistungen Kramniks im Lauf der letzten paar Jahre ist das Abspiel basierend auf 10.Ld2 immer populärer geworden. Spieler, die der Partie lieber so früh wie möglich einen eigenständigen Charakter geben, mögen sich zu 8.a4 hingezogen fühlen (statt 8.Dxc4), aber auch dort hat Schwarz Wege ausgearbeitet, (nahezu) Ausgleich zu erzielen, und zwar mittels 8...Ld7 (bei weitem der populärste Zug)

9.Dxc4 Lc6 10.Lg5 Ld5 nebst baldigem ...c5. Ich hatte bezüglich dieser Entwicklungsmethode von Schwarz immer meine Zweifel. Prinzipiell ist die Idee, den Katalanisch-Läufer zu neutralisieren, natürlich, aber hat man uns nicht beigebracht, die Springer zu entwickeln und erst dann die Läufer?!

Im "offiziellen" Hauptabspiel (9.Dxc4) wird dieser negative Aspekt durch die Tatsache aufgehoben, dass Weiß ebenfalls die klassischen Empfehlungen verletzt, indem er zu viel mit seiner Dame zieht, bevor er mit der Entwicklung des Damenflügels auch nur begonnen hat. Aber Katalanisch kann viel mehr sein als eine "technische" Eröffnung. Spieler mit "romantischen" Neigungen haben es selten eilig, den c4-Bauern zurückzugewinnen, und legen höhere Prioriät auf den Kampf um die Zentralfelder. In unserem spezifischen Fall lässt sich dies erreichen durch 9.Td1 Lc6 10.Sc3.

Mit seinem letzten Zug hat Weiß seiner Dame die Sicht auf den c4-Bauern verstellt, gleichzeitig aber die starke positionelle Drohung e4 aufgestellt, wonach der c6-Läufer deplatziert und gleichzeitig auch exponiert wäre.

A) Vor kurzem bot sich mir Gelegenheit zu einer perfekten Version des weißen Planes, und zwar nach dem stereotypen 10...a5 11.e4 Sa6 12.Se5 Sb4 13.De2.

Siehe Marin,M - Itkis,B 1-0.

B) Die andere natürliche Entwicklungsmethode ist 10...Sbd7. Tatsächlich wirkt dies besser als 10...a5, weil es in gewisser Weise ein Tempo spart. Doch nach 11.e4 (drohend d5) ist Schwarz mehr oder minder gezwungen, ein Tempo auf einen Bauernzug zu verwenden, 11...b5, was das Feld b7 für den Läufer räumt und gleichzeitig den c4-Bauern verteidigt.

Die schwarze Stellung wirkt beengt, und es kann nicht überraschend, dass Weiß mit dem eleganten Bauerndurchbruch 12.d5! exd5 13.e5 großen Vorteil erlangt. Kurios ist, dass auch ein ehemaliger Weltmeister in diese Falle tappte. Siehe Gleizerov,E - Moradiabadi,E 1-0 und Piket,J - Karpov,A 0-1.

Abstrakt gesehen ist der Hauptfeind von Schwarz der Springer c3, welcher die Felder d5 und e4 kontrolliert. Daher lautet ein möglicher Ansatz, diesen zu tauschen und so (hoffentlich) auch die Bedeutung des weißen Raumvorteils im Zentrum etwas zu mindern.

Dies lässt sich auf zweierlei Weise erreichen. Ein wenig vorgreifend möchte ich betonen, dass diese Methode zwei gewichtige Nachteile hat: 1) Schwarz ist gezwungen, noch einmal mit einer bereits entwickelten Figur zu ziehen, und 2) wird Weiß erlaubt, mit bxc3 seine Zentralstruktur zu stärken.

C) Die erste Möglichkeit, den Springer c3 zu tauschen, ist 10...Sd5.

Wie aus meinen Anmerkungen zu Asanov,B - Korenek,P 1-0 ersichtlich wird, behauptet Weiß einen stabilen Vorteil mit 11.e4 .

D) Subtiler wirkt die Alternative, 10...Lb4.

Schwarz verhindert die sofortige Besetzung des Zentrums, aber Weiß kann diese Drohung erneuern mit 11.Lg5. Auf das natürliche 11...Sbd7 folgt stark 12.d5!, was die Fesselung des f6-Springers voll ausschlachtet. Siehe Romanishin,O - Agzamov,G 1-0.

11...Lxc3 ist nur scheinbar cleverer. Nach der natürlichen Folge 12.bxc3 Sbd7 steht Schwarz dann tatsächlich mehr oder weniger ordentlich, wie in der Partie Romanishin,O - Huebner,R ½-½. Wesentlich besser fährt Weiß aber mit 12.Lxf6!, einem wohl getimten Abtausch, der Vorteil aus der Tatsache zieht, dass die schwarzen Springer noch  nicht verbunden sind, Nach 12...Dxf6 13.Dxc3

ist Schwarz gut beraten, von der Verteidigung des Mehrbauerns mit 13...b5 Abstand zu nehmen. Siehe Prystenski,A - Flores,J ½-½. Stattdessen sollte er irgendwie seine Entwicklung fortsetzen, womit er eine leicht passive, aber solide Stellung behauptet, wo die vorangegangenen Figurentäusche ihm halbwegs Chancen auf eine erfolgreiche Verteidigung bieten. Siehe Iljushin,A - Stefansson,H 1-0.

Obwohl die Stellung nach der Eröffnung in dieser letzten Partie kaum einen Erfolg für Schwarz darstellt, kann Weiß mehr anstreben, und zwar mit 13.bxc3.

Damit würde er mehr Einfluss im Zentrum behaupten, sofern er den c4-Bauern zurückerobern könnte, was offenbar sowieso schwer zu verhindern ist. Siehe Kaidanov,G - Almasi,Z ½-½.

E) Bislang hat es Schwarz nicht vermocht, im Kampf um Ausgleich eine adäquate Methode zu demonstrieren. Die größte Hoffnung, das Problem des c6-Läufers zu lösen und schnell seine Entwicklung abzuschließen, ist das leicht paradoxe 10...Lxf3 11.Lxf3 Sc6.

Bevor es weitergeht, möchte ich kurz eine allgemeine Feststellung machen. Im Vergleich zu der Variante 9.Se5 (statt 9.Td1) 9...Lc6 10.Sxc6 Sxc6 (welche nicht gänzlich sinnlos ist)

hat Schwarz zwei volle Tempi weniger! Sein einziger Trost liegt darin, dass durch das Vorhandensein des Springers auf c3 der c4-Bauer vorübergehend nicht angegriffen ist, aber reicht das aus?

Im Fall des überehrgeizigen 12.e3, was den d4-Bauern konsolidiert und den starken Läufer behält, bekäme Schwarz die Möglichkeit, seinen Mehrbauern zu verteidigen, wonach die weiße Kompensation nur zur Wahrung des Gleichgewichts genügen sollte, wie in Romanishin,O - Geller,E ½-½.

Die kritische Stellung entsteht nach 12.Lxc6 bxc6.

Statisch gesehen wirkt die Stellung von Weiß großartig. Allerdings wird er einige Zeit aufwenden müssen, um an diese schwachen Bauern heranzukommen, und Schwarz kann auf Gegenspiel entlang der b- und d-Linie hoffen, dazu neigt die weiße Königsseite etwas zur Schwäche.

E1) In der Diagrammstellung hat Weiß zwei Hauptfortsetzungen. 13.Lg5 scheint am logischsten, die Entwicklung wird abgeschlossen und zusätzlicher Druck auf die schwarze Stellung ausgeübt. Aber die Tatsache, dass der Anziehende in manchen Fällen seinen Läufer hergeben muss, erlaubt Schwarz, ausreichendes Gegenspiel zu erlangen. Ohne weiter ins Detail zu gehen, möchte ich dazu die Partien Illescas Cordoba,M - Lutz,C 1-0, Illescas Cordoba,M - Beliavsky,A ½-½ und Dizdar,G - Sadler,M 0-1 erwähnen.

E2) Entgegen meiner damaligen Meinung, als ich (vor mehreren Jahren) die Katalanisch-CD schrieb, halte ich nunmehr 13.a5 für besser.

Streng genommen dient dies zwar nicht dem Zweck der Entwicklung, aber dieser letzte Zug räumt das Feld a4 für gleich drei weiße Figuren und fixiert den schwarzen a-Bauern auf einem Feld, wo er nicht vom Läufer verteidigt werden kann (wie es nach ...a5 der Fall wäre). Konkret heißt das, dass sich der Nachziehende sich gleichzeitig drei Drohungen gegenübersieht,  Ta4, Da4 und Sa4, die alle darauf abzielen, den Bauern c4 zu gewinnen. Ihnen allen gerecht zu werden, ist keine triviale Aufgabe.

a) Das scheinbar aktive 13...Sd5 findet die passende Erwiderung 14.Sa2! (eine leichte Abweichung vom ursprünglichen Plan, da das Feld b4 von zentraler Bedeutung ist). Schwarz kann seine strategischen Probleme nicht lösen und ist zu einem passiven Endspiel verdammt. Siehe Rashkovsky,N - Suetin,A 1-0.

b) Wie wir bereits wissen, hat 13...Lb4 gewisse Ähnlichkeit mit 13...Sd5, und es kann nicht überraschen, dass auch die Bewertung entsprechend ausfällt. Siehe Timoscenko,G - Azmaiparashvili,Z ½-½.

Statt zum zweiten Mal mit einer bereits entwickelten Figur zu ziehen, sollte Schwarz überlegen, die Platzierung einer Figur zu verbessern, die noch auf ihrem Ausgangsfeld steht.

c) 13...Tb8 entspricht dieser Anforderung, konkret aber bietet der Zug keine ausreichenden Lösungen nach 14.Da4.

Es sieht so aus, als würde sich der Dameneinsatz nicht ohne Weiteres vom Turm allein neutralisieren lassen, während der Bauer a6 nun nicht mehr gedeckt ist und hängt, sowohl nach Dxc4 als auch nach Dxc6. Schwarz versuchte 14...Tb4 in Romanishin,O - Brunner,L 1-0 und 14...Lb4 in Rashkovsky,N - Geller,E ½-½.

d) Damit landen wir bei 13...Db8, was sich, nicht zufällig, in der Praxis als beste Chance für Schwarz erwiesen hat.

Schwarz hält seinen a6-Bauern gedeckt und ermöglicht einen eventuellen Zentrumshebel mit ...c5. In gewissen Fällen kann er auf b5 oder b3 den Damentausch anbieten.

Weiß steht nun am Scheideweg.

14.Lg5 kommt erneut in Betracht, sollte aber bei genauer schwarzer Verteidigung keine Probleme bereiten. Siehe Manor,I - Shvidler,E 0-1.

Der Angriff auf den c4-Bauern mti 14.Ta4 ist ungefährlich für Schwarz wegen 14...Db3!, was eine der Hauptideen hinter ...Db8 enthüllt. Mehrere im Laufe über eines Jahrzehnts gespielte Partien endeten danach in kurzen Remisen. Siehe Horvath,C - Stefansson,H ½-½.

Die größe Hoffnung für Weiß, Vorteil zu behaupten, beruht auf 14.Da4, was gleichzeitig zwei feindliche Bauern attackiert.

Nun ist 14...Db3 weniger wirksam wegen 15.Dxc6, wonach es Schwarz nicht gelang, ausreichendes Gegenspiel als Kompensation für die strukturellen Defekte nachzuweisen. SieheGiorgadze,T - Dolmatov,S 1-0.

Schwarz kann auch zu der anderen durch ...Db8 ermöglichten Defensivressource greifen, nämlich 14...c5. Dabei hofft er, dass sich, nachdem Weiß das materielle Gleichgewicht wiederhergestellt hat, die beiderseitigen Damenflügelschwächen aufheben werden.

15.Dxc4 cxd4 nebst ...c5 wirkt absolut in Ordnung für Schwarz, wie in der Partie Beliavsky,A - Stohl,I ½-½.

Statt zuzulassen, dass sein Turm auf das anfällige Feld d4 gelockt wird, sollte Weiß 15.dxc5 spielen, und nach 15...Lxc5 16.Dxc4 ist es dann der feindliche Läufer, der etwas in der Luft hängt. Schwarz kann mit dem aktiven 16...Da7 reagieren, was f2 angreift, doch dies wirkt das Problem nur vorübergehend lösen.

Meines Erachtens ist die endgültige Bewertung dieses letzten Diagramms von entscheidender Bedeutung für die gesamte Variante. Siehe meine Kommentare zu Van der Sterren,P - Kalinin,A ½-½. Mein Gefühl ist, dass Weiß hier das letzte Wort noch nicht gesprochen hat.

Fazit: Der Titel dieses Artikels ist durch die Tatsache gerechtfertigt, dass die Chancen von Schwarz, den Mehrbauern zu behaupten und gleichzeitig zu überleben, überaus gering sind. Stattdessen sollte er schnelle Entwicklung und Gegenspiel anstreben. Ich habe das Gefühl, dass die weißen Chancen auf Vorteil in diesem Abspiel nicht schlechter stehen als in dem Hauptabspiel mit Ld2. Laut meiner Analyse muss der Nachziehende in einem ziemlich engen Bereich nach Ausgleich suchen, nämlich im letzten Diagramm.


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