"Offizieller" Favorit bei der Deutschen Meisterschaft ist der amtierende
Deutsche Meister Daniel Fridman. Zumindest ist er mit einer Elo-Zahl von 2650
an Eins gesetzt. Und mit der Rolle des Favoriten scheint der für die SV
Mülheim spielende Fridman keine Probleme zu haben. In der zweiten Runde
gelang ihm gegen Raoul Strohhäcker ein hübscher Angriffssieg:
Fridman-Strohhäker
1.e4 c5 2.c3 d5 3.exd5 Dxd5 4.d4 Sc6 5.Sf3 g6 6.Sa3 Lg4 7.Lc4 De4+ 8.Le3 cxd4
9.cxd4 0-0-0 10.Sb5 e5 11.Tc1 Kb8 12.0-0 a6 13.Ld3 Lxf3 14.gxf3 Dh4
15.Txc6! bxc6 16.Sa7! Kxa7 17.Da4! Nach zwei spektakulären Zügen
folgt ein ruhiger Zug, der die ungedeckte Stellung der schwarzen Dame auf h4
ausnutzt. Weiß hat einen Turm weniger, aber Schwarz kann sich wegen seines
noch nicht entwickelten Königsflügels und der abseits stehenden Dame
nicht verteidigen.
17...Kb8 18.Dxa6 Kc7 19.Tc1 Se7 20.Le4 Kd7 21.Lxc6+ Sxc6
22.Dxc6+ Ke7 23.Dc7+ Ke8 24.Dxe5+ De7 25.Dxh8 f6 26.Dg8 1-0
Deutscher Meister 2008: Daniel Fridman
Es gibt noch einen Grund, warum Daniel Fridman in Saarbrücken besonders
motiviert sein könnte. Die Meisterschaft endet am 15. Februar und zufällig
feiert Fridman an diesem Tag Geburtstag.
Zu den Favoriten bei dieser Deutschen Meisterschaft gehört auch Georg Meier,
der bei der Olympiada in Dresden überzeugt hatte. Meier spielt seit dieser
Saison für Werder Bremen in der Bundesliga, da ihm der Verein die Möglichkeit
bietet, sich ganz auf das Schach zu konzentrieren. Nach seinem mühsamen
Sieg in der ersten Runde gelang Meier in der zweiten Runde ein mühelos
wirkender technischer Sieg:
Meier-Hirneise
1.e4 c5 2.Sf3 Sc6 3.Lb5 g6 4.Lxc6 dxc6 5.d3 Lg7 6.h3 Sf6 7.Sc3 0-0 8.0-0 b6
9.Lf4 Se8 10.Dd2 Sc7 11.Lh6 Se6 12.Lxg7 Kxg7 13.Se2 Dd6 14.Sh2 Sd4 15.Sxd4 Dxd4
16.c3 Dd6
Diese Stellung wirkt noch relativ harmlos. Aber in nur wenigen Zügen gerät
Schwarz in Nachteil, was Weiß mit guter Technik ausnutzt.
17.f4 La6
18.Tf3 f6 19.f5 gxf5 20.exf5 c4 21.d4 c5 22.Td1 cxd4 23.Dxd4 Dxd4+ 24.Txd4 Tad8
25.Te3 Kf7 26.Th4 Td1+ 27.Kf2 Th8 28.Sf3 Lc8 29.Txc4 Lxf5 30.Sd4 Ld7 31.Tc7
Td8 32.Txa7 Kf8 33.Se6+ Lxe6 34.Txe6 T8d2+ 35.Te2 Txe2+ 36.Kxe2 Tg1 37.Kf3 Tf1+
38.Ke3 Tg1 39.Tb7 Txg2 40.Txb6 Tg3+ 41.Kf2 Txh3 42.a4 Th1 43.a5 Ke8 44.a6 Kd7
45.b4 1-0
In etlichen Interviews hat Georg Meier erklärt, wie stark ihn die Endspiele
von Ex-Weltmeister Vasily Smyslov beeindruckt haben, die er stundenlang analysiert
hat. Diese Mühe scheint nicht umsonst gewesen zu sein.
Georg Meier
Vasily Smyslov
Eine technisch hübsche Partie mit etlichen taktischen Elementen gelang
auch Daniel Hausrath, der wie Daniel Fridman für den SV Mülheim spielt.
Hausrath-Müller
1.Sf3 Sf6 2.g3 g6 3.Lg2 Lg7 4.0-0 0-0 5.d4 d6 6.Te1 c5 7.dxc5 dxc5 8.Dxd8 Txd8
9.c3 Lf5 10.Sfd2 Sc6 11.Sb3 c4 12.Sc5 Tab8 13.Sa3 Tdc8 14.e4 Se5 15.exf5 Txc5
16.Le3 Ta5 17.Lf4 Sfd7
18.Sxc4! Sxc4 19.Lxb8 Sxb8 20.Txe7 Sc6 21.Txb7 S6e5 22.Td1 Lf6 23.fxg6 hxg6
24.b3 Sb6 25.a4 Sg4 26.c4 Kg7 27.h3 Sh6 28.g4 Sg8 29.Lc6 Se7 30.Lb5 Sbc8 31.b4
1-0
Rainer Buhmann gewann in der zweiten Runde nicht durch gute Endspiel- sondern
durch gute Eröffnungskenntnisse. In einer komplizierten Variante kam sein
Gegner Rolf Hundack aus Bremen schnell vom rechten Pfad ab.
Hundack-Buhmann
1.d4 d5 2.c4 e6 3.Sf3 Sf6 4.Lg5 c6 5.Sc3 dxc4 6.e4 b5 7.e5 h6 8.Lh4 g5 9.Sxg5
hxg5 10.Lxg5 Sbd7 11.exf6 Lb7 12.Le2 Db6 13.Lf3 c5 14.Lxb7 Dxb7 15.Df3 Dxf3
16.gxf3 b4 17.Sb5 0-0-0 18.Sxa7+ Kb7 19.Sb5 cxd4
Irgendetwas in der Eröffnung ist schief gelaufen. Denn das nahe liegende
20.Sxd4 scheitert an 20...Se5. Danach hängt der Springer auf, den Weiß
wegen der Drohung 21...Txd4 nebst 22...Sxf3+ nicht gut decken kann. In seiner
Not griff Weiß zu
20.f4, aber danach ist die weiße Stellung
nicht mehr schön. Sein Läufer ist vom Geschehen abgeschnitten und
sein Springer steht gefährdet. Nicht zu vergessen die starken schwarzen
Bauern.
20...Sc5 21.Ke2 Th3 22.f3 Kb6 23.a4 Sb3 24.Tad1 Lc5 25.Kf2 Ta8 26.Kg2
Th5 27.Ta1 Sxa1 28.Txa1 Tah8 29.h4 Txh4 30.Lxh4 Txh4 31.f5 exf5 32.Te1 c3 33.Kg3
Th6 34.Kf4 c2 0-1
Reiner Buhmann, Zweiter bei der Deutschen Meisterschaft 2007
Auch David Baramidze kam gleich nach Abschluss der Eröffnung mit einem
taktischen Kniff in Vorteil. Leidtragender war Julian Jorczik:
Baramidze-Jorczik
1.Sf3 Sf6 2.c4 g6 3.g3 Lg7 4.Lg2 d6 5.d4 0-0 6.Sc3 c6 7.0-0 Db6 8.b3 e5 9.e3
Sa6 10.Lb2 Lg4 11.h3 Lxf3 12.Lxf3 Tfe8 13.Dd2 Tad8 14.Tad1 h5 15.Lg2 Td7 16.d5
Sc5
17.b4 Dxb4 18.dxc6 Tdd8 19.cxb7 Dxc4 20.La3 e4 21.Tb1 Tb8 22.Lxc5 Dxc5 23.Tfc1
De5 24.Tb5 De6 25.Tcb1 Te7 26.Se2 Sd7 27.Sf4 Dc4 28.Dxd6 1-0
David Baramidze
Dass taktische Motive auch im Endspiel zum Tragen können, zeigte die
Partie zwischen Sebastian Siebrecht und Oliver Zierke.
Dort kam es nach taktisch betonter Eröffnung und 24.Sd4 von Weiß
zu folgender Stellung:
Schwarz entschied sich dazu, seinen Springer zu behalten, aber übersah
dabei einen taktischen Trick:
24...Se5 25.Tb4 Ld7 26.Txa4 Lxa4 27.Sxe6+ Kf7
28.Sxc7 Lc6 29.Kd4 h6 30.c5 Kg6 31.Se6 Sf7 32.Lg4 h5 33.Sf4+ Kg5 34.Lxh5 Kxf4
35.Lxf7 Lxe4 36.Ld5 1-0
Sebastian Siebrecht