Frankfurt-West feiert 100sten Geburtstag mit Chess960-Festival

von Hartmut Metz
09.07.2024 – Der Schachverein Frankfurt-West feierte seinen 100sten Geburtstag mit einem großen Chess960-Festival und lud zur "9. Offenen Deutschen Schnellschach-Meisterschaft im Chess960" ein. Fast 400 Schachfreunde, darunter zahlreiche Gro0ßmeister und viele junge Schachfreunde folgten dem Ruf. | Fotos: Dariusz Gorzinski

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Vitaly Kunin deutscher Meister im Chess960

Teilnehmerzahl auf 158 Spieler verdoppelt / 42 Titelträger werten Jubiläums-Turnier von Frakfurt-West auf

Chess960 befindet sich im Vormarsch, was seine Beliebtheit anlangt. Das zeigte sich auch bei dem Jubiläumsverein, der den Schach-Ableger als Erster wesentlich gepuscht hat: Der SC Frankfurt-West feierte sein 100-jähriges Gründungsdatum und kehrte zu seinen Chess960-Wurzeln zurück. 1924 wurde der älteste Vorläufer des Clubs ins Leben gerufen, 1989 fusionierten dann der SK Unterliederbach und der SC Sindlingen zur „innovativen Schachmacht im Frankfurter Westen“, wie Vereinsmotor Hans-Walter Schmitt sein Baby nennt. Unter den lauten Boxen-Klängen der allgegenwärtigen Vereinshymne „Go West" der Pet Shop Boys erbebte wieder die Stadthalle in Frankfurt-Zeilsheim. Dort begann der Siegeslauf von Schnellschach-Events und vor allem auch später der von Chess960. Die Frankfurt Chess Classic (FCC) hatten auch rasch auf Fischer Random Chess (FRC) gesetzt. Schmitt gefiel die Idee seines Schach-Helden Bobby Fischer, die Grundstellung unter 960 Start-Möglichkeiten auszulosen, um der ausufernden Eröffnungstheorie-Flut Herr zu werden. Nach der Premiere am 9. Juni 1996 im Gasthaus „Zur Sonne" in Schollbrunn wurde Chess960, wie der Organisator es später eingängiger nannte, fester Bestandteil des alljährlichen Turnier-Höhepunkts in Deutschland. 17 Jahre später endete 2010 in der Mainzer Rheingoldhalle die Ära als Chess Classic Mainz.

Die Macher

371 Teilnehmer dank hoher Jugend-Beteiligung

Jetzt kehrte der 100 Jahre alte Verein zu den Wurzeln seines Erfolgs zurück. Zusammen mit den Chess Tigers luden die Westler zur 9. Offenen Deutschen Schnellschach-Meisterschaft im Chess960 ein. Die Teilnehmerzahl explodierte dabei förmlich: Gegenüber 2023 in Bad Soden, als 78 Spieler an die Bretter gingen, verdoppelte sich die Teilnehmerzahl auf jetzt 158! Das sind immer noch beachtliche 60 mehr als beim bisherigen Rekord vor Corona, 2019 in Wiesbaden. Zudem gingen bei den Kindern (U10), in der Jugend (U14) und bei den Junioren (U18) weitere 213 Teilnehmern an den Start. Somit erhöhte sich die Gesamtzahl auf stolze 371. Vor allem aber: Neben den zahlreichen Amateuren ging nicht nur Masse am Start, sondern auch Klasse: 42 Titelträger nahmen die Herausforderungen im Chess960 an, darunter zwölf Großmeister und zwölf Internationale Meister.

Simultan mit Klaus Bischoff

Anna Zatonskih gewinnt Damenpreis

Turnierfavorit Daniel Fridman (2591 Elo) begann mit vier Siegen furios, ehe ihn nur ein Remis und zwei Niederlagen bis auf Platz 31 zurückwarfen – damit landete er sogar in der innerfamiliären Wertung nur auf Rang zwei hinter seiner Gattin, Anna Zatonskih. Die US-Nationalspielerin gewann mit 5/7 knapp den Damenpreis vor Inna Agrest. Fridmans Lauf hatte vor allem Michael Prusikin in Runde sechs gestoppt. Der Großmeister kam so auf sechs Punkte. Ein Remis gegen den starken Heusenstammer FM Igor Zuyev verhinderte seinen Sieg nach Wertung.

Anna Zatonskih (li.)

Kunin gibt nur ein Remis ab

Den Platz an der Sonne sicherte sich so Vitaly Kunin. Der Mörlenbacher zeigte eine überzeugende Leistung. Der an Position vier gesetzte Großmeister remisierte nur im fünften Durchgang mit Fridman. Mit Erfolgen über die GM-Kollegen Gleb Dudin (Deggendorf) und den Niederländer Erik van den Doel, die beide so bei 5,5/7 landeten, verteidigte Kunin die Spitze und kürte sich mit 6,5 Punkten zum Chess960-Champion.

Erik van den Doel und Vitaly Kunin, dahinter Daniel Fridman

Legende Jussupow auf Platz zwei

Sein schärfster Verfolger Artur Jussupow hatte durch Friedensschlüsse mit Dudin und Zuyev in den runden fünf und sechs Gold verpasst. Dank der besten Wertung blieb die Trainer-Legende mit sechs Zählern knapp vor Prusikin und  Kevin Haack. Der junge Hofheimer FM musste in der dritten Runde dem einstigen WM-Kandidaten gratulieren. Ansonsten gewann der viertplatzierte Haack alle anderen Partien. Trotz seiner starken Performance mit 2495 Elo zeigt das Ergebnis die einzige Schwäche des Turniers: Spitzenpaarungen blieben nahezu in den sieben Runden aus. Die Top drei mussten nicht gegeneinander antreten. Neun Runden hätten dieses Dilemma beseitigt.

Siegerehrung

DSB-Präsidentin Ingrid Lauterbach sichert sich Bronze

In der Damenwertung sicherte sich die Präsidentin des Deutschen Schachbundes (DSB), Ingrid Lauterbach, Bronze. Die langjährige englische Nationalspielerin verbuchte vier Zähler.

Gruppenbild mit Dame

Teamwertung erneut eine klare Sache für die Chess Tigers

Die Teamwertung ging einmal mehr souverän an die von Jussupow und Prusikin angeführten Chess Tigers. 22 Punkte brachten die beiden zusammen mit FM Bennet Hagner  und Großmeister Klaus Bischoff, die auf jeweils fünf Zähler kamen, in die Scheuer. Deutlich dahinter reihte sich der SV 1920 Hofheim ein. Die 19 Punkte trugen Haack, FM Patrick Burkart (5), Lloyd Shang Burkart und FM Reinhard Zunker (beide 4) bei. Das reichte hauchdünn für Silber vor der SG Leipzig. Deren 18,5 Zähler holten FM Henrik Hofmann (5), IM Alex Dac-Vuang Nguyen, Leonard Richter und Laurin Haufe (alle 4,5).

Peter Steinbrenner in der U10 überragend

Das Kids Open (U10) sicherte sich der Kaiserslauterner Peter Steinbrenner mit 6,5/7. Er weist im zarten Alter bereits eine Elo von 1979 auf. In der U14 gab der Hofheimer Lloyd Shang Burkart nur ein Remis ab. In der U18 gab die bessere Buchholz-Wertung zugunsten von FM Bennet Hagner (Chess Tigers) den Ausschlag. Der Wiesbadener Christian Glöckler kam ebenso auf sechs Zähler – verlor aber das direkte Duell in der Vorschlussrunde. So konnte sich Hagner gegen den drittplatzierten Hofheimer Mitfavoriten Kevin Haack (5,5) ins Ziel remisieren. Haack hielt sich dafür bei den ganz „Großen“ mit Platz vier schadlos.

Siegerehrung Kids Turnier mit Rainer Woisin von ChessBase (li.) und Hans-Walter Schmitt, (re.)

Ergebnisse der Jugendturniere...

Endstand

Rg. Snr Name Elo Verein/Ort Pkt.  Wtg1   Wtg2 
1 4 GM Kunin, Vitaly 2542 Freibauer Mörlenbach-Birkenau 6,5 32,5 6
2 2 GM Jussupow, Artur 2559 Chess Tigers Schach-Förderverein 6 35 5
3 6 GM Prusikin, Michael 2516 Chess Tigers Schach-Förderverein 6 33 5
4 24 FM Haack, Kevin 2314 SV 1920 Hofheim 6 29 6
5 9 FM Zuyev, Igor 2454 SC Heusenstamm 5,5 36,5 4
6 3 GM van den Doel, Erik 2557 SC Ötigheim 5,5 34 5
7 5 GM Dudin, Gleb 2532 SV Deggendorf 5,5 33,5 5
8 27 FM Grimm, Sascha 2307 SG Niederkassel 5,5 30,5 5
9 30 FM Ochs, Daniel Elias 2267 Wiesbadener SV 1885 5,5 30 5
10 16 IM Hacker, Jonas 2391 SC Eppingen 5,5 30 4
36 CM Sydykov, Bayastan 2246 SK 1858 Gießen 5,5 30 4
12 7 IM Carow, Johannes,Dr. 2495 Sfr.Heidesheim 5,5 29,5 5
13 19 GM Haub, Thorsten Michael 2343 SV Letmathe 1933 e. V. 5,5 26,5 5
14 14 GM Glek, Igor 2407 SC Rotation Pankow e.V. 5,5 25 5
15 28 Kocharin, Timur 2297 TSV Schönaich 5 33,5 5
16 13 IM Rosner, Jonas 2437 SK 1926 Ettlingen 5 31,5 5
17 17 GM Golubka, Petro 2389 SC Heimbach-Weis/Neuwied e.V. 5 31 5
18 23 FM Hagner, Bennet 2319 Chess Tigers Schach-Förderverein 5 30,5 4
19 20 IM Zatonskih, Anna 2327 Bochumer Schachverein 02 5 30 5
20 22 FM Burkart, Patrick 2322 SV 1920 Hofheim 5 29 5
35 IM Boidman, Yuri 2247 SC Heimbach-Weis/Neuwied e.V. 5 29 5
22 21 FM Chittka, Julius 2326 Ratinger SK 1950 5 28,5 5
29 FM Vyval, Volodymyr 2289 SK 1926 Ettlingen 5 28,5 5
41 WIM Agrest, Inna 2204 SC Viernheim 1934 e.V. 5 28,5 5
90 Kaiser, Frederic 1906 Sges Bensheim 1931 5 28,5 5
26 55 Kraft, Wolfgang 2134 SF Dettingen 1950 5 28,5 4
27 11 GM Bischoff, Klaus 2445 Chess Tigers Schach-Förderverein 5 27,5 4
28 38 FM Hoffmann, Hendrik 2236 SG Leipzig 5 27 5
29 25 FM Fichter, Fabian 2310 SV 1947 Walldorf 5 26,5 5
30 26 FM Glöckler, Christian 2307 Wiesbadener SV 1885 5 25,5 5

160 Spieler

Ergebnisse bei Chess-results...

Homepage Frankfurt-West...


Hartmut Metz ist Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) mit Hauptsitz in Karlsruhe. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM und Deutsche Ü50-Seniorenmeister 2023 von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de.