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Die rumänische Techno-Band "Karpov, not Kasparov ist in ihrer Heimatstadt Bukarest schon bestens bekannt. In den letzten vier Jahren reiste das Duo zudem quer durch Europa, mit Auftritten in europäischen Metropolen wie Berlin, Mailand, Wien, Florenz, Hamburg, Basel, Turin, Brüssel, Düsseldorf, Prag, Lille und Budapest.
"Karpov, not Kasparov" komponieren Musik, die auf den Regeln und Strategien des Schachspiels basiert, sagen sie. Mal scheint es kompliziert, aber am Ende ergeben sich tanzbare Melodien, mit Einflüssen aus der orientalischen Folklore - Schach ist ein orientalisches Spiel - und Anklängen an die Musik der 1980er Jahre.
Die Musiktitel orientieren sich oft an Schachthemen und - motiven. Selbst das bekannteste aller Schachprogramme wurde schon mit einem Musikstück geehrt.
Das Stück "Deep Fritz"
Im Interview erzählen Sie von ihren Bezügen zum Schach und anderen Einflüssen.
Interview mit Karpov, not Kasparov
Euer Bandname ist "Karpov, not Kasparov". Das ist ein recht ungewöhnlicher Name für eine Popgruppe. Ist das nur ein raffinierter Witz oder habt ihr tatsächlich eine Verbindung zum Schachspiel?
Ja, wir nehmen das Schachspiel sehr ernst, es ist für uns mehr oder weniger eine Obsession. In unserer Musik dreht sich alles um Schach, man kann es an unseren Songtiteln sehen. Was den Namen betrifft, so ist er ein wenig ironisch gemeint. Natürlich bevorzugen wir Kasparov als Spieler und als Vertreter der "freien Welt". Aber wir haben den Namen "Karpov, not Kasparov" gewählt, weil es besser klingt und um etwas zu provozieren.
Habt ihr auch schon selber Schachturniere gespielt?
Nein, aber wir spielen während unserer Tourneen gerne Schach :)
Habt Ihr Kontakt zu rumänischen Schachspielern?
Eines unserer beliebtesten Songs trägt den Titel "Elisabeta" und ist der berühmten rumänischen Großmeisterin Elisabeta Polihroniade gewidmet. Ansonsten kennen wir persönlich keinen Spitzenspieler, aber wir bewundern Constantin Lupulescu, Rumäniens Nummer eins und Liviu-Dieter Nisipeanu - Deutschlands besten Spieler. Er ist ja in Rumänien geboren und zur Hälfte rumänisch.
"Elisabeta"
Schaut ihr bei Schachturnieren zu?
Von Zeit zu Zeit lesen wir die Schlagzeilen.
Wie verbindet Ihr Musik und Schach?
Nun, es gibt viele Gemeinsamkeiten zwischen Schach und Musik, einige sind offensichtlich (8 Bauern - 8 Töne in der Oktave) und einige sind eher esoterisch (die Suiten Königin und König entsprechen den zwei Tetraakkorden einer Oktave).
Auf der praktischen Ebene haben wir eine schöne interaktive Vorstellung, die beide Elemente auf der Bühne miteinander verbindet. Wie nennen sie "Soundtrack für eine Schachpartie". Freiwillige aus dem Publikum spielen Schach auf einem durchsichtigen Brett, das auf die große Leinwand projiziert wird, so dass jeder die Partien verfolgen kann. Wir spielen dabei auf unseren Instrumenten und übertragen durch die Klänge und den Rhythmus die Spannung der Schachpartien in die Musik. Wir haben das sogar einmal mit professionellen Spielern gemacht, Mitglieder des Königlichen Schachklubs von Lüttich, Belgien. Sie spielten Blitzpartien, es war ziemlich interessant.
Wie würdet ihr den Stil eurer Musik beschreiben?
Optimistisch-orientalisch-intellektuelle Dancefloor-Nostalgie.
Könnt von eurer Musik leben oder ist sie eher ein Hobby?
Ja, wir können von der Musik leben. Wir gehen auf Tourneen, performen Shows und komponieren fürs Theater und Filme.
Was bedeutet die Corona-Pandemie für euer Musikleben?
Sie brachte uns den längsten Urlaub, den wir seit Jahren hatten. Eine seltsame Mischung aus süßer Entspannung und leichter Angst. Und sie brachte auch ein neues Album hervor, das Ende dieses Jahres veröffentlicht werden soll.
Hatte Rumänien viele Probleme im Zusammenhang mit Corona?
Die erste Welle wurde recht gut bewältigt, aber jetzt im Juli scheint es, als ob wir von der anscheinend zweiten Welle noch härter getroffen werden.
Könnt ihr etwas von der Musikszene in Rumänien erzählen?
Rumänien hat geographisch und kulturell eine interessante Position am Zusammenfluss von östlichen und westlichen Zivilisationen. Die rumänische Musikszene nimmt also viele unterschiedliche Strömungen auf. Man spürt, dass es eine neue Welle rumänischer Musiker gibt, die sich im Ausland bereits einen Namen gemacht haben, ähnlich wie es im letzten Jahrzehnt im Neuen Rumänischen Kino geschah.
Live in Belgrad
Gibt es bereits Pläne für Auftritte in Deutschland oder anderswo in europäischen Ländern naher Zukunft.
Wir haben schon in in 39 der 44 europäischen Ländern gespielt und sind stolz darauf. Die übrigen Länder werden wir hoffentlich ab 2021 auf die Tourroute nehmen können, aber erst, wenn die Pandemie vorüber ist. Im Moment ist alles auf Eis gelegt, also bleibt mehr Zeit zum Schachspielen:)
Die Fragen stellte André Schulz