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Kindermanns "Königsplan"
Interview mit Stefan Kindermann
Von Frank Große (www.schachlinks.com)
Frank Große: Seit mittlerweile über 3 Jahren gibt es die
Münchner Schachakademie. Können Sie einen Abriss der Historie, sowie den
derzeitigen Status (Pläne, Zukunftsaussichten, Problemfelder, etc.) beschreiben?
Stefan Kindermann: Die Münchener Schachakademie
www.mucschach.de hat sich sehr erfreulich
entwickelt. Inzwischen haben über 1500 Schüler an unseren Kursen und Trainings
teilgenommen, die Altersspanne reicht dabei von 4-80 Jahre. Etwa 10
qualifizierte Trainer arbeiten neben den Gesellschaftern (Roman Krulich, Gerald
Hertneck, Dijana Dengler und Ulrich Dirr) freiberuflich für uns. Diese Trainer
bilden wir in regelmäßigen Trainer Trainings fort, alle arbeiten nach dem von
uns konzipierten Lehrplan der Münchener Schachakademie.
Roman Krulich ist lebenswichtiger Sponsor der Schachakademie und Gründer der
Schachstiftung. GM Gerald Hertneck, FM Ulrich Dirr und FM Dijana Dengler als
Mitbegründer und Gesellschafter der Schachakademie betreuen eigene und wichtige
Bereiche der Akademie: Neben Trainertätigkeit, die von allen wahrgenommen wird,
ist Hertneck für das Controlling zuständig, Dirr für die Gestaltung der
Printprodukte und der Homepage, Dengler für den gesamten Kinderbereich mit
Trainerorganisation. Im Büro der Schachakademie ist noch Frau Natalia Petrova
tätig, im Büro der Schachstiftung Frau Esther Dieckhoff. Dijana Dengler ist auch
Vorstandsvorsitzende der Schachstiftung
www.schachstiftung-muenchen.de
Professor Robert K. Frhr. Von Weizsäcker ist Schirmherr der Stiftung.
Die Resonanz ist auch bei den Medien mit zahlreichen Presseartikeln und einigen
Fernsehbeiträgen sehr gut. Uns freut, dass die Münchener Schachakademie auch als
kulturelle Institution mehr und mehr anerkannt wird. So fand beispielsweise im
Rahmen des Jahres der Mathematik ein Schach-Mathe-Workshop für Kinder in der
Schachakademie statt, wir haben einen Kinder-Workshop im Deutschen Museum
durchgeführt und waren bei den Wissenschaftstagen und der großen 850-Jahresfeier
beteiligt. Hier haben wir unter anderem ein besonderes Schachtheater mit einer
Schulklasse aufgeführt, dem eine Dramatisierung meines Kinderschachbuchs
zugrunde lag.
Als wichtiges neues Projekt haben wir die Münchener Schachstiftung
www.schachstiftung-muenchen.de
gegründet, die benachteiligte Kinder in sozialen Brennpunkten, aber auch
behinderte Menschen durch Schach fördert. Dies verdanken wir unserem Sponsor
Roman Krulich mit seiner Firma Immobilien Krulich, der das Gründungskapital
gegeben hat und uns auch sonst in jeder Beziehung unterstützt. Die Stiftung ist
ein ganz eigener Aufgabenbereich, der schön aber auch deswegen anspruchsvoll
ist, da wir unsere Projekte ausschließlich über Spenden finanzieren. Gerade erst
haben wir ein sehr schönes Feedback von unserem ältesten Stiftungsprojekt in
einem sozialen Brennpunkt erhalten: Trotz sehr hoher Migrationsquote konnten
unsere „Schachkinder“ ihren Notenschnitt in den Übertritts fächern nach einem
Jahr schon um 0,7 verbessern.
Der Leistungsgedanke steht sowohl bei Akademie als auch Stiftung im Hintergrund,
wir wollen alle wertvollen Aspekte des Schachs möglichst vielen Menschen
vermitteln und sehen uns dabei als besondere Bildungsanstalt. Unsere speziellen
didaktischen Konzepte vermitteln wir auch an Lehrer und Schulleiter. Auch
überregional waren wir mehrfach vertreten, so z.B. im Rahmen der letzten WM in
Bonn mit Kinder-Workshops oder auf Schloss Elmau mit einer Kinderschachwoche. Zu
meinem speziellen Konzept „Königsplan“ habe ich schon viele Vorträge gehalten,
häufig auch mit Schachshows für ein Laienpublikum verbunden. Zu allen
Veranstaltungen ist viel Material auf unserer Homepage
www.mucschach.de zu finden, speziell im
Bereich „Events-Portfolio“.
Schachakademie München, Stefan Kindermann mit Dijana Dengler und Kindern der
Schachakademie
Frank Große: Welchen Anteil haben Sie und wie sind Sie derzeit integriert?
Stefan Kindermann: Ich bin Geschäftsführer der Münchener Schachakademie und
neben der übergeordneten Planung für das gesamte Marketing, die
Verhandlungsführung und auch textuelle Entwürfe verantwortlich. Gemeinsam mit
Mitbegründerin und Cheftrainerin Dijana Dengler führe ich auch unsere
Veranstaltungen für Kinder und Erwachsene mit Vorträgen, Schnuppertrainings,
Events usw. durch.
Frank Große: … und selbst Turniere oder Ligen spielen?
Stefan Kindermann: Dazu komme ich naturgemäß nur noch wenig, da ich ja auch
unter anderem noch zwei wöchentliche Kolumnen in der Süddeutschen Zeitung
betreue. In den letzten beiden Jahren hatte ich nur die Bundesliga für den TV
Tegernsee gespielt und war daher sehr glücklich, dass ich nach 14 Jahren Pause
wieder die Schacholympiade spielen konnte.
Frank Große: Bei der letzten Schacholympiade waren Sie für Österreich am
Start. Sie sind erst 2005 zu diesem Schachbund gewechselt, nachdem Sie zuvor für
die deutsche Nationalmannschaft gespielt haben. Wie kam es zu diesem Wechsel und
wie haben Sie die Olympiade erlebt?
Stefan Kindermann: Zum Einen bin ich ja seit vielen Jahren kein aktiver Profi
mehr und von meiner Elozahl her nicht mehr stark genug für das Deutsche Team.
Zum Anderen wollte ich die Gelegenheit nutzen, dem Schach in meiner
ursprünglichen Heimat (ich bin in Wien geboren) neue Impulse zu geben. Auch habe
ich Dresden als Gelegenheit gesehen, gleichzeitig Schach in Deutschland zu
unterstützen. Der Einsatz für Österreich hat mir sehr gut gefallen, nicht
zuletzt weil mein langjähriger Mannschaftskollege Zoltan Ribli als
Nationaltrainer fungierte. Wie mein Resultat gezeigt hat, konnte ich doch einen
ganzen Teil meiner schachlichen Fähigkeiten erhalten. Ich hoffe, dass ich auch
in Zukunft noch für die österreichische Mannschaft spielen kann, so z.B. bei den
Europäischen Mannschaftsmeisterschaften in Novi Sad. In der deutschen Bundesliga
ist meine Zukunft eher fraglich, da der TV Tegernsee nach dieser Saison zurück
zieht. Das ist insofern ein wenig schade, als ich meines Wissens nach der
einzige Spieler bin, der seit Einführung der einteiligen Bundesliga im Jahre
1980 alle Saisonen gespielt hat.
Frank Große: Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach die Dresdner
Schacholympiade auf die Entwicklung des Schachs in Deutschland? Ist vom
Olympiadefieber etwas landesweit übergeschwappt?
Stefan Kindermann: In Dresden selbst war ich sowohl von der Organisation als
auch von der dortigen Medienresonanz sehr angetan. Leider scheint das aber doch
regional begrenzt zu sein, hier in München ist jedenfalls kein Echo zu spüren.
Schachakademie München, „Königsplan“
Frank Große: Wo sehen Sie Schach in zehn oder zwanzig Jahren im
Allgemeinen?
Stefan Kindermann: Ich bin fest davon überzeugt, dass die Zukunft des Schachs in
seiner Bedeutung zur allgemeinen und auch spezifischen geistigen Förderung von
Kindern aber auch Erwachsenen liegt. Allerdings setzt das gut ausgearbeitete
Konzepte und fähige Trainer voraus. In eben diese Richtung geht auch mein
wichtigstes Forschungsprojekt „Königsplan“, das 2010 in Buchform erscheinen
soll.
Frank Große: Ihr letztes Buch erschien im Jahr 2005 und behandelte die
Spanische Abtauschvariante. Danach haben Sie ein Kinderschachbuch verfasst. Wird
es in Zukunft weiteres Buchmaterial von Ihnen geben?
Stefan Kindermann: Seit vielen Jahren arbeite ich an einer unmittelbaren
Umsetzung der besten Denk-und Planungsstrategien aus dem Schach in andere
Bereiche des Lebens, sei es Beruf oder Privatleben. Ziel ist ein glasklares
Planungs-Modell, der „Königsplan“. Dies soll es auch Nichtschachspielern
ermöglichen, Probleme schnell und effektiv zu lösen. Hierbei handelt es nicht um
die allgemeine Bedeutung des Schachspiels zur Förderung von Jung und Alt. Der
Königsplan ist ein klares und handfestes Modell in sieben Stufen, das auf jede
Form von Planung und Problemlösung angewandt werden kann. Die Frage lautet hier:
Wie kann ich auch in komplexen Situationen schnell gute Lösungen finden, diese
prüfen und anderen Menschen überzeugend vermitteln? Einzigartig daran ist nicht
nur, dass Königsplan aus einer Analyse der Denkstrategien der Schachgroßmeister
entstanden ist, sondern vor allem, dass hier Intuition und rationale Struktur in
Einklang gebracht werden. Damit betreten wir de facto Neuland, denn alle
bisherigen Versuche (wie z.B. das Buch von Kasparow) bleiben meiner Meinung nach
im Allgemein-Unverbindlichen stecken. Ich betrachte es als besonderen
Glücksfall, dass ich mit Professor Robert K. Frhr. Von Weizsäcker einen
brillanten und hochkarätigen Mitstreiter gewinnen konnte, der speziell die
wirtschaftliche Seite verkörpert und maßgeblich an der Weiterentwicklung von
„Königsplan“ beteiligt ist. Professor von Weizsäcker ist ja nicht nur Präsident
des deutschen Schachbundes und Fernschachgroßmeister, sondern hat auch einen
Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre in München.
Zum Thema „Königsplan“ habe ich schon zahlreiche Vorträge gehalten und Seminare
veranstaltet, die sehr gute Resonanz hatten. Momentan sind wir in Verhandlungen
mit einigen großen deutschen Verlagen. Wenn dieses Projekt Erfolg hat, wird das
auch auf das Bild von Schach in der Öffentlichkeit positive Auswirkungen haben,
da dann neben dem allgemeinen Gehirntraining auch ein ganz konkreter Nutzeffekt
zu erkennen ist.