Lisa Lidows "Schachskizzen" in
St.Petersburg
Von Misha Savinov
Die berühmte amerikanische Künstlerin Lisa
Lidow, Schülerin des großen Salvador Dali, zeigte ihre surrealen Installationen
in einer Ausstellung im Rafaelsaal des Museums der Russischen Akademie der
Künste, das sich auf der Wassili-Insel in St. Petersburg befindet. Nach einer
Ausstellung im Museum für Zeitgenössische russische Kunst in Moskau im September
2004 wurden ihre Werke damit bereits zum zweiten Mal in Russland gezeigt.
Die
Kunst von Lisa Lidow wurde in der ganzen Welt erfolgreich aufgenommen.
Zeichnungen auf flachem Untergrund verwandelten sich kontinuierlich in
dreidimensionale Figuren, die dann zu bemalten Gliederpuppen werden – ein
Lieblingsmedium der Surrealisten.
Die Ausstellung zeigte "Schachskizzen" "Das
letzte Abendmahl" ...
...sowie eine Reihe von Bildern. "Schachskizzen" (1989-1993) ist
das Herzstück der Ausstellung und stellte den Höhepunkt der Kunst von Lisa Lidow
dar.
So war es recht naheliegend, zur
Präsentation nicht nur Künstler, sondern auch Schachspieler als Ehrengäste
einzuladen. Anatoly Karpov, Mark Taimanov und Jugendweltmeisterin Polina
Malysheva waren da und verrieten, welche Gefühle die Kunst von Lisa Lidow bei
ihnen auslöst.
Tajmanov, Malysheva, Karpov
Presserummel
Mark Tajmanov, der kürzlich seinen 80sten Geburtstag feierte
Nach der feierlichen Ausstellungseröffnung gab es einen Wettkampf
zwischen Anatoly Karpov und Polina Malysheva, bei der die Installationen
"Schachskizzen" der Künstlerin verwendet wurden.
Wegen gesundheitlicher Probleme konnte Lisa
Lidow an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Bei der Pressekonferenz gab es nur
wenig Fragen an die Organisatoren der Ausstellung – Kunst muss für sich selber
sprechen. Von Anatoly Karpov wollte man wissen, ob er Kunst mag, und was seine
Lieblingskünstler sind.
Er antwortete, dass Kunst seiner Meinung
nach jedem gefällt, und er persönlich die Impressionisten mag, und erzählte
dann, wie er einmal Salvador Dali getroffen hatte.
Anatoly Karpow und Gouverneur Tarasov
Nach einer offiziellen Eröffnung begaben
sich alle in den Rafaelsaal und der Wettkampf begann mit einer Verspätung von
etwa 15 Minuten. In dieser Zeit schaute man sich die Kunstwerke an und rückte
“die Figuren” zurecht – durch eine für künstlerische Menschen sehr typische
Angewohnheit war das Feld a1 weiß, weshalb man beschloss, das Brett um 90° zu
drehen. Für manche Installationen erwies sich ein solch schneller Seitenwechsel
als zu viel und sie gingen in Stücke, aber eine Schnellreparatur brachte das
wieder in Ordnung.
Anatoly Karpov ging den Wettkampf sehr
entspannt an, während Polina Malysheva auf eine wirkliche Partie aus zu sein
schien. Mark Taimanov versuchte die Partie zu kommentieren, aber seine leise
Stimme war in dem großen Saal mit den kiebitzenden Zuschauern gar nicht zu
hören. Leider hatte niemand daran gedacht, ein Mikrophon für die Großmeister zur
Verfügung zu stellen.
Die folgenden Züge wurden gespielt:
Malysheva-Karpov
1.e4 e6 2.d4 d5 3.e5 c5 4.c3 Db6 5.Sf3 Ld7
6.Le2 Lb5 7.dxc5 Lxc5 8.b4 Lxf2+
Hier ergriff Polina den König (oder die
Dame? Sie spielte mit dem “weiblichen” Figurensatz), um nach f1 zu gehen, aber
dies wurde durch das Remisangebot von Anatoly Karpov unterbrochen.
Meine Frage,
wie sie die Stellung einschätzt, beantworte Polina so:
– Sie ist scharf und nicht sehr gut
erforscht, aber ganz allgemein gesprochen ist die Stellung ausgeglichen.
Ihr geheimnisvolles Lächeln und die
Tatsache, dass Karpov über seinen achten Zug lange nachgedacht hat, lassen
jedoch leicht vermuten, dass die junge Dame diese Stellung sehr viel besser
kennt.
Der Ex-Weltmeister wurde sofort von
Autogrammjägern und alten Bekannten belagert, aber fand noch Zeit, zwei schnelle
Fragen zu beantworten:
Anatoly Yevgenyevich, verfolgen Sie
die Entwicklung des Schachs in St. Petersburg? Was denken Sie über das
Wahlergebnis?
(Ohne Begeisterung)
Natürlich, ich weiß, was geschehen ist. Gebe Gott, dass das
Schach in St. Petersburg ernsthafte Unterstützung erhält. Sollten die
Versprechen erfüllt werden, würde mich das sehr freuen.
Diese Frage bedarf der Erläuterung. Kürzlich
fanden die Wahlen des Schachbunds von St. Petersburg statt und ein Kandidat, der
von der städtischen Obrigkeit unterstützt wurde, unterlag klar gegen einen
Wodkaproduzenten, der den Schachspielern 350,000 USD pro Jahr versprach. Karpov
erschien im Saal zusammen mit dem für Sport und Kultur zuständigen
Vizegouverneur der Stadt, und so ist es kein Wunder, dass er gut informiert und
(lediglich wilde Spekulation) ein wenig voreingenommen war.
Können Sie verraten, warum Sie sich
dagegen entschieden haben, für das Amt des FIDE-Präsidenten zu kandidieren?
Für das Amt des FIDE-Präsidenten zu
kandidieren ... Zunächst einmal war ich nicht allzu erpicht darauf, Präsident zu
werden. Zweitens, obwohl ich ordentliche Arbeit geleistet habe und glaube, dass
ich gute Chancen gehabt hätte, die Wahlen zu gewinnen, ist mir die Haltung eines
anderen Kandidaten der Europäischen Union ein Rätsel geblieben. Ich hatte die
Unterstützung des amerikanischen und des französischen Schachverbandes während
der russische Schachverband noch unentschieden war. Da wir jedoch nicht die
volle Unterstützung aller europäischen Länder erhalten konnten, habe ich mich
dagegen entschieden, Europa zu spalten. Wenn Bessel Kok ein so ehrgeiziger
Mensch ist, dann soll er versuchen, die Wahlen alleine zu gewinnen.