Der kleine Alexander der Große
6-jähriger wird Hamburger Meister in der U10
Von Andreas Albers
Zu Beginn eines jeden Jahres stehen in
Hamburg die Jugendeinzelmeisterschaften HJET auf dem Terminplan. Während die
Älteren (ab der Alterklasse U12) nach überstandener Qualifikation ihre
Meisterschaft auf einer gemeinsamen Veranstaltung in der Jugendherberge von
Schönhagen an der Ostsee ausspielen, treffen sich Hamburgs jüngste Schachspieler
in der Altersklasse U10 an einem Wochenende zum Championat. Gastgeber in diesem
Jahr war der (an Hamburg angeschlossene) schleswig-holsteinische Pinneberger SC.
Die etwas längere Anfahrt wurde durch eine hervorragende Organisation mehr als
ausgeglichen. Auf dem Gelände des Gemeindehauses stand nicht nur ein großer
Spielsaal und eine gute Cafeteria, sondern vor allem auch ein kleiner Spielplatz
zur Verfügung, damit die kleinen Helden nach überstandener Partie ihren Kopf
wieder klar bekommen und frische Luft tanken konnten.
7 Runden an 2 Tagen mit jeweils 75 Minuten
Bedenkzeit pro Spieler und Partie sind ein wahres Mammutprogramm. Die
theoretische Spielzeit beträgt am 4-ründigen Tag locker 10 Stunden, da stöhnen
selbst gestandene (und volljährige) Openspieler. Ob die Argumentation des
Hamburger Schachjugendbundes, die Kinder würden ja eh nicht so lange nachdenken,
wirklich schlüssig ist, wage ich an dieser Stelle zu bezweifeln. Vielleicht kann
man für das Jahr 2009 über ein wenigstens 3-tägiges Turnier nachdenken.
28 Kinder hatten sich in zwei
Qualifikationsgruppen für die Finalrunde qualifiziert. Auffällig war, dass 5
Spieler/innen in ihrem Geburtsjahr bereits eine 2 ganz vorne stehen hatten, und
Alexander Baberz vom Hamburger SK sogar zum 2001er Jahrgang gehört. Topfavoriten
waren natürlich die beiden Gruppensieger aus der Qualifikation, Mathis Böhme
(SK Marmstorf, Jg. 1998) und David Krüger (SV Eidelstedt, Jg. 2000(!).

Mathis, letztes Jahr bereits Vizemeister und diesmal mit der letzten Chance auf
den Titel (aus Altersgründen)

David, 7 Jahre alt und eine große Hoffnung im Hamburger Schach. Die gute Laune
ist beinahe spürbar!
Beide hatten mit 9/9 ihre Gruppen souverän
gewonnen. Doch bereits der erste Tag zeigte, dass sich einige andere Spieler
auch viel vorgenommen hatten. Nach frühen Niederlagen von Mathis und David
konnten nur zwei Spieler mit 4/4 nach Hause fahren, Alexander Baberz und Teodora
Rogozenco (beide HSK). Damit waren die zwei Jüngsten ganz vorne und mussten am
Sonntag morgen das erste Titelduell unter sich ausmachen. Beide trainieren
gemeinsam und drücken sich bei jeder Partie gegenseitig die Daumen.

Alexander hoch konzentriert

Teodora, die große Überraschung des ersten Tages.
Seit einem halben Jahr ist die Familie in Hamburg und seit Januar trainiert
Teodora im HSK.
Bezeichnend ist folgende kleine Episode zu
Beginn des Turniers: Papa und Sohnemann Babertz hatten sich zu sehr auf das
Navigationssystem verlassen und trafen nicht rechtzeitig am Spiellokal ein. Nach
einer kleinen Wartezeit beschloss man, dass man nicht länger warten könne und
begann mit der kurzen Begrüßungsrede. „Tea“ Rogozenco zupfte ihrer Mama am
Mantel und fragte empört: „Aber Mama, wir können noch nicht anfangen, Alex fehlt
noch, wir müssen warten!“
Wenig später traf Alex ein und konnte so
doch noch ab Runde 1 starten.
Nun also das Match am Sonntagmorgen, Alex
ließ Freundschaft Freundschaft sein und besiegte Tea souverän, führte zum ersten
Mal alleine. Tea war enttäuscht, hatte sie doch still und heimlich auch vom Sieg
geträumt. Als ich sie jedoch motivieren wollte, dass sie durchaus noch Chancen
habe, wenn Alexander eine Partie verlieren sollte, empörte sie sich: „Ich will
nicht, dass Alex verliert, er soll gewinnen, er ist doch mein Freund!“

Hier ist die Freundschaft kurz unterbrochen, bald werden wieder gegenseitig die
Daumen gedrückt
Mit dieser Unterstützung war Alex nun nicht
mehr zu stoppen. Er besiegte in einem heißen Match seinen einzigen verbliebenen
Konkurrenten Mathis, der sich mittlerweile wieder nach vorne gekämpft hatte, in
einer wilden Partie, die hin und her schwankte.

Abgelehntes Morra-Gambit, man muss dem Gegner ja nicht ins offene Messer rennen.
Damit stand bereits eine Runde vor Schluss
der Hamburger Meister fest. Mit 6/6 war Alexander nur noch einzuholen, aber die
Feinwertung sprach bereits zu klar für ihn. Mit gerade einmal 6 Jahren ist
Alexander vielleicht der jüngste Hamburger Meister aller Zeiten?
Die zweite Heldin des ersten Tages erwischte
einen schwarzen Sonntag. Sie spielte weiterhin gut, musste allerdings gegen die
ersten Drei der Schlusstabelle hintereinander antreten, das war dann doch ein
wenig zu hart. Ein 8 Platz ist natürlich dennoch aller Ehren wert und ein
großartiger Erfolg.

Eine Urkunde für Platz 8 bei Teas erster Meisterschaft
Überhaupt machten die „Mädels“ eine tolle
Figur im Turnier. So rührte es den Turnierleiter fast zu Tränen, dass mit Berfin
Lemke eine Lokalmatadorin einen vollkommen verdienten Vizemeistertitel errang.
Eine frühe Niederlage hatte die Titelträume platzen lassen, aber dann gab es
kein Halten mehr. Mit sehr ruhiger, überlegter Spielweise zerlegte sie einen
Gegner nach dem anderen. In der letzten Runde ging es gegen Alexander, der
bereits als Meister feststand. In einer gut geführten Partie nutzte sie eine
Unachtsamkeit für einen Mattangriff und besiegte den bis dahin so souverän
Führenden.

Berfin fügte Alex seine einzige Niederlage zu und kam ebenfalls auf 6 Punkte aus
7 Partien.
Berfin ist ebenso wie die geteilte Vierte
Diana Garbere (HSK, punkt- und wertungsgleich mit Mathis Böhme) gleich weiter
nach Schönhagen gefahren, um vielleicht jüngste Hamburger Mädchenmeisterin zu
werden.

Diana ist die Dritte im „Club der jungen Amazonen“

Diana und Mathis teilten sich friedlich Platz 4
Um die Zukunft des Hamburger Mädchenschachs
scheint man sich auf jeden Fall wenig Sorgen machen zu müssen.
Überraschend auf Platz 3 schob sich Tore
Schreiert (ebenfalls HSK), der einen guten Schlussspurt hinlegte und so auch
noch auf dem Treppchen landete.

Tore spielte ein gutes Turnier ohne große Fehler und holte verdient Bronze
Am Ende eines langen, anstrengenden, aber
sehr harmonisch verlaufenden Turnieres bekamen alle Teilnehmer ihre verdiente
Urkunde und auch an den Fotos sieht man, dass so richtig niemand enttäuscht war.

Platz 7 und 8 für die Brüder Hadi und Ali Abboud, ebenfalls HSK. Noch zwei
Vertreter aus dem starken 2000 Jahrgang!

Auch noch in den Top Ten, Richard Vo von der Schulschachgruppe Oppelner Strasse

„Wievielter bin ich jetzt eigentlich?“

„Damit mir auch niemand was von den Augen ablesen kann“

Und noch einmal die beiden Sieger zusammen,
Herzlichen GLÜCKWUNSCH Alex und Berfin!!!