Petrosian Memorial in Moskau

von ChessBase
09.06.2004 – In Moskauer Ararat Park Hyatt Hotel wird derzeit zu Ehren von Tigran Petrosian, dessen Geburtstag sich am 17.Juni zum 75sten Male jährt, ein Wettkampf "Armenien gegen den Rest der Welt" ausgetragen. Neben den echten Armeniern Akopian,Vaganian und Lputjan, vertreten drei Spieler mit Beziehungen zu Armenien dessen Farben: Kasparov (armenische Mutter), Leko (armenische Frau) und Gelfand (Schüler Petrosians). In der Weltauswahl spielen Anand, Adams, Bacrot, Svidler, Valejo und Van Wely. Über Petrosian...

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Tigran Petrosian

Tigran Vartanovich Petrosian wurde am 17.Juni 1929 als Kind armenischer Eltern in Tiflis, Georgien geboren. Seine Eltern starben im Zweiten Weltkrieg, bevor Petrosian sein 16. Lebensjahr vollendet hatte. 1946 zog er nach Erevan, Armenien. 1950 übersiedelte er schließlich als Journalist nach Moskau. Das Schachspiel hatte Petrosian im Alter von acht Jahren von seinen Eltern gelernt. Mit dreizehn Jahren sorgte er für Aufsehen, als er bei einer Simultanveranstaltung Salo Flohr schlagen konnte. Mit 17 gewann der die Meisterschaft von Armenien und die Jugendmeisterschaft der UdSSR. Mit 25 wurde er geteilter Zweiter bei der UdSSR-Meisterschaft. 1959 und 1961 gewann er diese.

Petrosian entwickelte und vervollkommnete einen für damalige Zeit einzigartigen prophylaktischen Stil, der auf seiner herausragenden Technik und seiner physischen Überlegenheit gegenüber seinen Gegnern basierte. Er machte so gut wie keine Fehler, und wartete auf Fehler der Gegner, die er konsequent ausnutzte. Er selber riskierte in seinen Partien nichts. So verlor er nur ganz selten eine Partien, die meisten seiner Partien endeten jedoch auch nur remis.  Beim Interzonenturnier in Saltsjöbarden 1952 verlor er keine einzige Partie. Ebenso wenig bei den Sowjetischen Meisterschaften 1954, 1955 und 1958 und beim Interzonenturnier 1955 in Göteborg (fünf Siege, fünfzehn Remis). Im ganzen Jahr 1962 gab er nicht eine Partie ab. In manchen Jahren betrug seine Remisquote 70-80%. Sein pragmatischer Stil wurde von seinen Zeitgenossen nicht eben gefeiert, denn seine auf Sicherheit angelegten Partien boten kaum Spektakuläres.  Außerdem entsprach sein Sicherheitsstil nicht der Vorstellung vom mutigen unternehmenden Sowjetschach. Dennoch war er mit seiner Philosophie sehr erfolgreich.

1962 gewann er das Kandidatenturnier von Curacao  Nach dem Turnier erhob Fischer, der zuvor das Interzonenturnier in Stockholm noch überlegen gewonnen hatte, den Vorwurf, die Sowjets hätten ihn betrogen. Von den acht Teilnehmern stammten fünf aus der UdSSR - Petrosian, Geller, Keres, Kortschnoj und Tal -, ein weiterer, Filip, aus der sowjetfreundlichen CSSR. Laut Fischer hätten die Sowjet-Großmeister Ergebnisse abgesprochen und mit Kurzremisen ihre Kräfte geschont. Tatsächlich endeten die zwölf zwischen Petrosian, Keres und Geller gespielten Partien allesamt Remis mit einer Durchschnittszügezahl von 19 Zügen. Gegen die übrigen Teilnehmer spielten sie hingegen durchschnittlich 39 Züge. Nach allem, was man inzwischen über das Ideologie behaftete Sowjetschach und dessen Politik gegenüber Nichtsowjets weiß, kann man davon ausgehen, dass Fischer mehr als Recht hatte. Wahrscheinlich war Petrosian, der einigen Einfluss besaß, nicht nur Nutznießer, sondern auch der Drahtzieher.

1963 entthronte Petrosian Botvinnik als Weltmeister. Erstmals hatte der Weltmeister nicht mehr das Recht auf einen Revanchewettkampf. Diese Regel hatte Botvinnik bisher schon zweimal, gegen Smyslov und Tal, geholfen, den Titel sofort wieder zurück zu erobern.

Der Wettkampf zwischen Botvinnik und Petrosian fand im Moskauer Estradentheater statt. Zuvor hatte es endlose Einwände von Botvinniks Seite und zähe Verhandlungen um die Wettkampfbedingungen gegeben. Themen der Diskussion waren u.a. die Schiedsrichter, die Temperatur im Saal, Bedingungen für Auszeiten. Selbst darüber, welche Toiletten benutzt werden durften, wurde ausgiebig verhandelt.

Nach 22 Partien stand es 5:2 nach Gewinnpartien für Petrosian bei 15 Remisen. Die letzten beiden Partien endeten nach nur je 10 Zügen remis, Botvinnik hatte aufgegeben. Im Laufe des Wettkampfes hatte Petrosian 10 Kilo Gewicht verloren. Botvinnik sah, alt, müde und abgekämpft aus. Als Botvinnik in der letzten Partie die Hand zum Remis reichte und Petrosian damit Weltmeister wurde, stürmten die armenischen Anhänger die Bühne und überschütteten den Sieger mit Blumen. Die Begeisterung in Armenien war riesig.

Von 1963 bis 1966 war Petrosian Chefredakteur des Schachmagazins Shakhmatnaya Moskva.

1966 verteidigte Petrosian seinen Titel erfolgreich gegen Spasski, unterlag aber drei Jahre später und verlor seinen Titel.  1971 wurde er von Fischer im Kandidatenwettkampf vernichtend geschlagen. Seine Frau schob die Hauptschuld seinem Trainer Alexej Suetin zu, der daraufhin gefeuert wurde.

Vor dem Wettkampf gegen Fischer hatte Petrosian Kortschnoj und Hübner ausgeschaltet. Inzwischen gibt es glaubhafte Aussagen darüber, dass Kortschnoj absichtlich den Wettkampf gegen Petrosian verloren hat, weil die Sowjets glaubten, dass Petrosian bessere Chancen gegen Fischer besaß. 1974 verzichtete Petrosain dann " wegen Krankheit" auf seine Wettkampf gegen Kortschnoj - eine Retourkutsche? Auch bei den Wettkämpfen 1977 und 1980 unterlag Petrosian gegen Kortschnoj.

Robert Hübner hat keine guten Erinnerungen an seinen Wettkampf gegen Petrosian 1971, der in Sevilla stattfand. Gespielt wurde in einer Einkaufspassage. Über den Spielern war ein Fußgängerweg, von dem unentwegt laute Geräusche zu hören waren. Petrosian, der schwerhörig war, störte das nicht. Er stellte einfach sein Hörgerät ab. Hübner rieb sich in den Verhandlungen mit dem unkonzilianten Schiedsrichter Harry Golombek auf und gab den Wettkampf entnervt auf, nachdem er die siebte Partie durch einen Figureneinsteller verloren hatte. Beim Interzonenturnier 1976 in Biel verdarb Hübner gegen Petrosain in der vorletzten Runde eine klare Gewinnstellung und verlor die Partie. Hätte er sie gewonnen, wäre er geteilter Erster geworden. So qualifizierte sich statt seine Petrosian für die Kandidatenwettkämpfe.

Tigran Petrosian starb am 13.August 1984 im Alter von 55 Jahren in Moskau an den Folgen seiner Krebserkrankung.




André Schulz

 

 

 

 


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