Dr. Max Stadler, MdB
Passau
Presseerklärung |
4.8.2004 |
Bitte an Schily um Einsatz für Fischer
Zu den
Forderungen aus Schachkreisen um Asyl für den früheren Schachweltmeister Robert
Fischer erklärt der aktive Schachspieler und innenpolitische Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Max Stadler:
Ich habe
Bundesinnenminister Otto Schily gebeten, seine sehr guten Beziehungen zur
amerikanischen Regierung dafür einzusetzen, dass im Falle des ehemaligen
Schachweltmeisters Robert Fischer eine angemessene Lösung und dessen baldige
Freilassung erreicht werden kann. An Minister Schily ist, weil er selbst
begeisterter Schachspieler ist, laut Presseberichten aus deutschen Schachkreisen
der Wunsch herangetragen worden, der deutschstämmige Robert Fischer solle in
Deutschland Asyl erhalten. Auf dem morgen beginnenden Turnier „Chess Classic
Mainz“ werden dafür Unterschriften gesammelt.
Diese
Schachfreunde übersehen freilich, dass es Sache der japanischen und
amerikanischen Behörden ist, wie nach der Verhaftung Fischers in Tokio weiter
vorgegangen wird. Zudem ist der ehemalige Schachweltmeister kein politisch
Verfolgter. Fischer hat als Staatsbürger der USA 1992 gegen Embargo-Bestimmungen
verstoßen, indem er in Jugoslawien einen Schachwettkampf gegen seinen Vorgänger
als Weltmeister, Boris Spassky, durchgeführt hat. Daher besteht gegen ihn seit
12 Jahren ein Haftbefehl der USA.
Das
Verhalten Fischers ist nicht zu beschönigen. Allerdings scheint seine Begabung
ausschließlich auf schachlichem Gebiet zu liegen. Soweit er sich in der
Vergangenheit politisch geäußert hat, waren seine Meinungen völlig indiskutabel.
Gerade daraus ergibt sich, dass es schade ist, wenn ein Schachgenie in die
Mühlen der großen Politik gerät. Außerdem ist seit dem Embargoverstoß ein langer
Zeitraum verstrichen.
Es wäre
wünschenswert, wenn Fischer nach einer den Gesamtumständen entsprechenden
Bestrafung alsbald wieder frei käme und seine einzigartigen Fähigkeiten
ausschließlich der Entwicklung der Schachkunst zur Verfügung stellen könnte.
Wenn
Minister Schily als Freund des Schachspiels – unter Wahrung der berechtigten
politischen Interessen der USA – zu einer solchen Lösung etwas beitragen könnte,
wäre dies sehr verdienstvoll.
Mein Brief an den Minister hat folgenden Wortlaut:
„Sehr
geehrter Herr Minister Schily,
Sie sind
wie ich aktiver Schachspieler. Daher wird Sie ebenso wie mich die Verhaftung des
früheren Schachweltmeisters Robert Fischer sehr berührt haben. Wegen eines
Verstoßes gegen Embargo-Vorschriften wurde Fischer seit zwölf Jahren aufgrund
eines Haftbefehls der USA gesucht und kürzlich in Tokio festgenommen.
Ohne sein
Verhalten beschönigen zu wollen, wäre doch zu hoffen, dass im Falle Robert
Fischer eine Lösung gefunden wird, die seine baldige Freilassung ermöglicht. Die
Schachwelt würde sich wünschen, dass Robert Fischer wieder aktiv am
Schachgeschehen mitwirkt und uns noch durch viele meisterhafte Partien
begeistert. Nach Presseberichten hat sich der Organisator des Schachturniers
„Chess Classic Mainz“, Hans-Walter Schmitt, an Sie, sehr geehrter Herr Minister,
gewandt, und Sie gebeten, Robert Fischer Asyl in Deutschland anzubieten, zumal
Fischers Vater Deutscher war. Auch die Republik Montenegro soll sich zur
Asylgewährung bereit erklärt haben.
Meine Bitte
geht lediglich dahin, dass Sie Ihr traditionell und erfreulicherweise sehr guten
Kontakte zur US-Administration einsetzen, damit eine angemessene Lösung des
Falles zustande kommt.
Robert
Fischer hat durch seinen legendären Sieg über Boris Spassky 1972 im
„Schach-Match des Jahrhunderts“ viel für die Popularität dieses Sports in aller
Welt geleistet. Aber er war auch – wie übrigens manch anderer große
Schachspieler vor ihm – ein Exzentriker und Sonderling. Nach dem Gewinn der
Weltmeisterschaft 1972 zog er sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück und gab
seinen Titel kampflos ab. Erst 1992 entschloss er sich, ausgerechnet in
Jugoslawien ein Revanchematch gegen Spassky zu spielen, obwohl er damit
internationale Sanktionen gegen Serbien unterlaufen hat. Dies ist bekanntlich
der Grund dafür, dass Fischer jetzt, nachdem er 12 Jahre untergetaucht war,
verhaftet wurde.
Seine
Straftat soll nicht entschuldigt werden. Aber Fischer ist offenbar ein Monomane.
Er wird geschildert als Person, deren Begabung alleine auf schachlichem Gebiet
liege. Von Politik versteht er offenbar gar nichts. Soweit Robert Fischer sich
zu politischen Fragen geäußert hat, sind seine Auffassungen hanebüchen und
absolut indiskutabel. Dies zeigt aber gerade, dass er ernsthaft nur an dem
gemessen werden kann, was er zur Weiterentwicklung der Schachkunst geleistet
hat. Es wäre wünschenswert, wenn er diese seine Fähigkeit wieder optimal
einsetzen könnte und er nach einer den Gesamtumständen angemessenen Bestrafung
alsbald wieder in Freiheit käme.
Mit den
besten Grüßen
Ihr
Max J.
Stadler, MdB“