ChessBase 17 - Megapaket - Edition 2024
ChessBase ist die persönliche Schach-Datenbank, die weltweit zum Standard geworden ist. Und zwar für alle, die Spaß am Schach haben und auch in Zukunft erfolgreich mitspielen wollen. Das gilt für den Weltmeister ebenso wie für den Vereinsspieler oder den Schachfreund von nebenan
Torwandschießen und Tritte ans Scheinbein - und eine Vision
Kaiser Franz kommentiert einmal Mattangriffe statt Viererkette
Von Dr. René Gralla
Vor dem Finale in Berlin das kleine Finale an der Elbe: Als besondere
Begleitveranstaltung zur Fußball-WM lädt Dresden vom 6. bis 8. Juli 2006 zum
"Women Chess Cup 2006". 32 Spitzenfrauen - jede repräsentiert eine der
Nationen, die das ursprüngliche Teilnehmerfeld der aktuellen FIFA-Titelkämpfe
gebildet haben - wollen den mit 5000 Euro dotierten Gold-Cup holen. Der Weg
zum Pott orientiert sich an der Weltmeisterschaft der Kicker, mit
Vorgruppenqualifikation und anschließenden K.o.-Runden; bei Punktgleichstand
entscheidet Torwandschießen. Auch dabei: die Großmeisterin VERA JÜRGENS (36)
aus Syke bei Bremen, die in Dresden für Angola startet. Der Autor DR. RENÉ
GRALLA hat sich von der gebürtigen Bulgarin, die inzwischen den deutschen
Pass besitzt, den Wettbewerb erklären lassen.
DR. RENÉ GRALLA: Sie spielen in Dresden um den "Women Chess Cup 2006“, der
deutliche Anleihen macht bei der Fußball-WM. Was verbindet die beiden
Sportarten?
VERA JÜRGENS: Ehrlich gesagt habe ich mich das auch gefragt.
DR.R.GRALLA: Bayern Münchens Trainer Felix Magath und Tschechiens Coach Karel
Brückner behaupten, dass Fußballer, die Schach lernen, später im Stadion mit
mehr Übersicht agieren.
VERA JÜRGENS: Ich weiß nicht, ob ich das wirklich ernst nehmen soll. Na gut,
stimmt, auch zum Fußball gehört Strategie, eher fällt mir aber eine andere
Gemeinsamkeit ein: Sowohl im Fußball als auch im Schach kann man die Gegner
treten ( lacht ) . Das passiert hin und wieder: unter dem Tisch einen Tritt
abzukriegen, aus Versehen und ohne böse Absicht, vielleicht sind die Beine zu
lang oder der Tisch ist zu klein. Meistens entschuldigt sich die betreffende
Person sofort. Beim Fußball geht das ein bisschen brutaler zu. Spaß beiseite:
Ähnlich wie im Schach bereiten sich Fußballer konkret auf das nächste Spiel
vor, indem sie Videos der anderen Mannschaften anschauen. Und ein
Schachspieler analysiert, so weit in Datenbanken zugänglich, Partien seiner
Kontrahenten und versucht, darauf das eigene Vorgehen abzustimmen
DR.R.GRALLA: Vor allem soll wohl der "Women Chess Cup 2006" den momentanen
Medienrummel um die Fußball-WM nutzen, um gleichzeitig für Schach zu werben.
Und so auch für Schach-Olympia 2008 in Dresden ...
VERA JÜRGENS: ... und das finde ich sehr gut: Endlich kriegt Schach die
Aufmerksamkeit, die das Spiel verdient. Leider kümmert sich die Presse in
Deutschland viel zu wenig um Schach. Dabei ist dieser Denksport eine
ausgezeichnete Beschäftigung, vor allem auch für Kinder: weil Schach
verschiedene Fähigkeiten entwickelt und schult, nämliches logisches Denken,
räumliches Vorstellungsvermögen und Phantasie.
DR.R.GRALLA: In Ihrer alten Heimat Bulgarien ist Schach äußerst populär,
zumal das Land mit Wesselin Topalow den amtierenden Weltmeister stellt. Der
Champion wird zu Hause wie ein Popstar gefeiert: Woher diese Begeisterung der
Bulgaren für den Brettsport?
VERA JÜRGENS: Schwer zu sagen. Vielleicht hat das etwas damit zu tun, dass im
Sportstudium an der Universität auch die Fachrichtung Schach angeboten wird;
hinterher können die Absolventen als Schachtrainer arbeiten. Überdies wird in
Bulgarien überlegt, Schach als Schulfach einzuführen; auch das hat sicher
positiven Einfluss auf die allgemeine Wertschätzung des Spiels.
DR.R.GRALLA: Sie, Frau Jürgens, sind in diesem Jahr erstmals in die Auswahl
der Republik berufen worden. Schacholympia 2006 in Turin vor vier Wochen
haben die deutschen Männer mit einem bescheidenen Platz 15 unter 150
teilnehmenden Nationen beendet; die Damen waren etwas besser und sind bis auf
den 11. Rang - von 108 - vorgestoßen. Olympisches Edelmetall war nicht drin,
Deutschland gehört nicht zur ersten Liga. Ihr Fazit?
VERA JÜRGENS: Eine einstellige Platzierung wäre natürlich besser gewesen,
aber eine Blamage sind die Plätze 11 beziehungsweise 15 nun auch wieder
nicht.
DR.R.GRALLA: Jetzt beim "Women Chess Cup 2006" laufen Sie nicht für
Deutschland auf. In Dresden vertreten Sie Angola; das ist eines der Länder,
die nicht in der Lage gewesen sind, eine eigene Pokal-Anwärterin nach Dresden
zu schicken.
VERA JÜRGENS: Irgendwie ist das ein komisches Gefühl: Das Turnier beginnt,
und rechts neben meinem Brett steht die Fahne von Angola. Selbstverständlich
werde ich trotzdem mein Bestes geben.
DR.R.GRALLA: Fachleute stufen den "Women Chess Cup 2006" als das stärkste
Frauenturnier ein, das hierzulande jemals stattgefunden hat. Die USA schicken
die Weltklassespielerin Susan Polgar ins Rennen; ernst zu nehmen sind auch
die Niederlande, die Peng Zhaoqin nominiert haben, sowie Frankreich, das auf
Marie Sebag setzt. Deutschland drückt unserer Juniorenweltmeisterin Elisabeth
Pähtz die Daumen. Wer macht in Dresden das Rennen?
VERA JÜRGENS: Klarer Favorit sind die USA mit Susan Polgar ...
DR.R.GRALLA: ... also ganz anders als bei der Parallelveranstaltung
Fußball-WM, wo die Amis nach der Vorrunde rausgeflogen sind ...
VERA JÜRGENS: ... die Stärke von Susan Polgar kommt nicht von ungefähr. Sie
ist die Älteste der drei berühmten Polgar-Schwestern, und das waren nun mal
Wunderkinder.
DR.R.GRALLA: Schauen wir uns die beiden Turniere an, die Fußball-WM und den
davon inspirierten "Women Chess Cup": öffentliche Hysterie um den letzlich
simplen Rasensport - 22 Männer rennen einem runden Ding hinterher und
versuchen, das Ei in einen von zwei Lattenkästen zu kullern - , während das
anspruchsvolle Denkspiel zur gleichen Zeit Probleme hat, überhaupt
wahrgenommen zu werden. Stimmen da überhaupt noch die Proportionen?
VERA JÜRGENS: Fußball ist besser geeignet, die Massen zu unterhalten.
Millionen Menschen können ein Fußballspiel verfolgen, ohne die Regeln genau
zu kennen, während Schach gewisse Vorkenntnisse verlangt. Das absolute
Minimum: Sie müssen wissen, wie sich die Figuren überhaupt bewegen.
DR.R.GRALLA: Obwohl die Software moderner Computerspiele inzwischen das
Potenzial bietet, mit optischen Hilfsmitteln - Wirkungspfeile und die
Markierung von Zonen, wo es gerade brennt - auch das Geschehen einer
Schachpartie plastisch zu machen. Und das wäre dann tatsächlich doch eine
nette Vision: "Kaiser" Franz Beckenbauer, der mal nicht per Live-Schaltung zu
Johannes B. Kerner die Viererkette oder Ähnliches erörtert, sondern der
während Schacholympia 2008 zusammen mit Felix Magath und Tschechiens Karel
Brückner im Fernsehstudio sitzt und energische Flügelstürme und Mattangriffe
kommentiert.
VERA JÜRGENS: Ich wünsche mir, dass die großen TV-Sender der
Berichterstattung über Dresden 2008 täglich wenigstens ein paar Minuten
einräumen werden.
DR.R.GRALLA: Zurück zum "Women Chess Cup 2006". Werden Sie die Vorgruppe
überstehen?
VERA JÜRGENS: Das hoffe ich. Jede Runde, die ich anschließend weiter komme,
werte ich als persönlichen Erfolg. Das sind Schnellschachpartien à 25
Minuten, da ist alles möglich.
DR.R.GRALLA: Und die Vertreterin der Republik, Elisabeth Pähtz? Erreicht die
Erfurterin wenigstens das Viertelfinale, wie Deutschland bei der laufenden
Fußball-WM?
VERA JÜRGENS: Sie wird es nicht leicht haben, aber sie kann das schaffen. Ich
traue ihr alles zu, sogar das Finale.
DR.R.GRALLA: Bei Punktgleichstand in der Vorrunde müssen die Kandidatinnen
auf eine Torwand schießen, um den Sprung in die K.o.-Runde zu schaffen.
VERA JÜRGENS: In einem Einkaufszentrum habe ich das vor ein paar Tagen
ausprobiert. Zusammen mit meinem elfjährigen Sohn, der natürlich Fußballfan
ist, werde ich das noch ein wenig üben.
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"Women Chess Cup 2006 zur Fußball-WM": 6. - 8. Juli in Dresden; Eröffnung am
Donnerstag, 6. Juli, 19 Uhr, auf Schloß Albrechtsberg mit Blitzmatches der
Deutschen Damennationalmannschaft gegen eine Dresdner Prominentenauswahl (ab
20.20 Uhr); Beginn der Vorrundenspiele in 8 Vierergruppen ab Freitag, 7.
Juli, 10 Uhr, im Karstadt-Einkaufscenter (Restaurant); Finale am Sonnabend,
8. Juli, ab 17 Uhr (inklusive Spiel um den dritten Platz); weitere Infos:
www.chessbase.de