Schach als Kunst im Simultan mit Vladimir Kramnik
Von Anna Dergatschowa
Vielleicht hat sich der eine oder andere unserer Leser gefragt: was ist
eigentlich passiert mit der „rasenden Reporterin“ Anna Dergatschowa-Daus? Hat
sie sich einem anderen Hobby gewidmet, spielt sie etwa neuerdings nur Bowling,
oder ist ihr die Fotokamera aus der Hand gefallen und trauert dem Verlust nach?
Nichts von diesen Vermutungen trifft zu. Natürlich bin ich
weiterhin dem Schachspiel treu geblieben, und insbesondere meinem geliebten
Schachklub Holsterhausen. Dieses Jahr ist sogar unsere Frauenteam wieder in die
erste Liga und die Männermannschaft in die Regionalliga aufgestiegen. Es ist nur
so, dass mein Leben seit etwa einem halben Jahr nach der Trennung von meinem
Mann sich komplett verändert hat: Umzug in die neue Wohnung und das Aufnehmen
der neuen Arbeitsstelle.
Seit Februar diesen Jahres arbeite ich fleißig in der Störungsannahme bei der
Firma Concepta (Kabelfernsehen), und das noch auf Vollzeit. (An dieser Stelle
Kompliment an alle Schachliebhaber, die nach einem schweren Arbeitstag die Zeit,
Lust und Kraft finden, sich noch mit Schach zu beschäftigen.) Und natürlich
bekommt man bei der neuen Stelle nicht sofort Urlaub, um schöne Schachturniere
zu spielen oder sie zu besichtigen. Doch es bleiben mir natürlich noch die
freien Tage, und wenn man Glück hat, dass eines dieser Events in der Nähe
stattfindet, - dann nichts, wie hin.
Die
Simultanveranstaltung mit Vladimir Kramnik ist wahrscheinlich das Event gewesen,
dass wirklich keinem in Deutschland verborgen geblieben ist. Schon Monate im
voraus lief im Radio eine Superwerbung, in der die Schachgeschichte seit 1972
für alle Zuschauer bekannt geworden wurde. Die Deutsche Bank macht keine halben
Sachen. Neben den geladenen Prominenten und den 4 jungen Schachspielerinnen
blieben noch genug freie Plätze übrig (insgesamt sind 20 Spieler gegen den
Weltmeister angetreten), einen dieser Plätze konnte man sogar bei Ebay
ersteigern. Die Deutsche Bank hat mit dem stolzen Preisgeld von 50.000 Euro, für
denjenigen der es schafft Kramnik zu schlagen, zahlreiche Schachinteressenten
und Schaulustige nach Bonn gelockt.
Erlös aus den Versteigerungen
Als Austragungsort hat man die schönen Räume der Bundeskunsthalle gewählt, die
der Veranstaltung eine besondere Atmosphäre und Flair verliehen haben.
Bundeskunsthalle in Bonn
(Nebenbei konnte man mit dem Ticket die Ausstellung „Moskau.
Kreml“ bewundern, was ich natürlich dann auch gemacht habe. Leider durfte man
drinnen nicht fotografieren, deswegen müsstet ihr schon selber hinfahren.
Vorausgesetzt, ihr wollt es. Ich sehe mir immer gerne meine Heimatstadt an, wenn
die Möglichkeit dazu da ist.)
Anna Dergatwschowa mit Peter Kölzer
Über der Zuschauerandrang während des 4-stündigen Schachevents
konnten sich die Veranstalter nicht beschweren. Für die einwandfreie
Live-Übertragung der Partien auf Großleinwand sowie humorvolle und fachlich
Kommentare auf höchstem Niveau sorgten Dr. Helmut Pfleger und Großmeister
Christopher Lutz und machten es Schachliebhabern leichter das Spielgeschehen
nachzuvollziehen.
Christopher Lutz im Bild
Auch die Mädels haben sich richtig schick gemacht: Es war eine reine Freude
sowohl ihre Partien, als auch sie selbst anzusehen. Doch Kramnik blieb cool und
professionell, wie man das eben von einem Weltmeister erwartet.
Anne Czäzcine
Leonie Helm
Tina Mietzner
Ein einziges Remis gab er ab und gewann somit das Simultan mit 19,5 zu 0,5.
Obwohl dem Schachtitan keine Niederlage beigebracht werden konnte bleibt diese
einmalige Begegnung für alle Beteiligten ein unvergessliches Erlebnis.
Der ehemalige 400 m Hürdenläufer Edgar Itt wirkte trotz seiner verlorenen Partie
noch glücklich, und auch der Künstler Dossi schien wieder neue Inspirationen
gewonnen zu haben.
Edgar Itt mit Gattin
Seine Schachbilder wie z.B. den „Tanz der Springer“ kann man übriges in einem
Museum in Witten besichtigen.
Nur der Schauspieler Matthieu Carriére wirkte etwas
enttäuscht.
Elisabeth Pähtz und Matthieu Carriére
Er dachte von der Nachbarschaft mit der GM Elisabeth Pähtz profitieren zu
können. Eine Zeit lang ging es gut. „Aber natürlich hat sie mir die Züge
vorgesagt, - erzählte er mir im Interview nach der beendeten Partie. – Und es
war auch eine spannende Partie. Doch einmal hat sie weg geguckt, und dann war
Schluss. Ich stellte sofort den Springer ein.“
Alles in allem – es war zweifellos ein großes und unvergessen schönes
Schachereignis. Schon seit Jahrzehnten streiten sich die Gelehrten, ob Schach
nun eine reine Mathematik, oder genauer gesagt, Wissenschaft, Sport oder Kunst
ist.
Alexander Naumann und Leonie Helm
Ich bin mir sicher das an diesem Wochenende eindeutig die
Kunst im Vordergrund Stand. Und mir persönlich hat es ganz besonders gut
gefallen. Video-Interviews werden wie immer im Chessbase-Magazin erscheinen. Und
die Bilder sind jetzt schon da.
Bis bald, Anna.