Zugkräftiger Schach-Freund eingestellt
Financial Times Deutschland erscheint heute zum letzten Mal / WM 2004 „gerettet“
Die „Financial Times Deutschland“ (FTD) erscheint heute als „Final Times“ - das in Hamburg produzierte Blatt lässt im Titelkopf einige Buchstaben weg, weil die seit zwölf Jahren defizitäre Wirtschaftszeitung von Gruner+Jahr eingestellt wird.
Dies bedauern viele Leser der markanten lachsrotfarbenen Gazette. Auch für den Schachsport ist es ein Verlust. Obwohl die FTD außer montags immer nur eine Sportseite hatte, fanden sich nämlich regelmäßig Schach-Artikel in den Ausgaben. Gemessen am Umfang der Sportseiten war die FTD prozentual gesehen so vermutlich hinter den Blättern „taz“ und „Neues Deutschland“ die schachfreundlichste Zeitung der Republik.
In der gestrigen letzten Ausgabe mit aktuellen Texten bestätigte sich dies einmal mehr: Hartmut Metz berichtete unter dem Titel „Allein unter Männern“ über Judit Polgars Teilnahme bei den London Chess Classic sowie dem neuen Elo-Rating-Rekord von Magnus Carlsen. Im Unterschied zu den Schachartikeln von Hartmut Metz in der taz, ließen sich unter den Lesern der FTD sogar Sponsoren für den Denksport gewinnen. Letztlich „retteten“ sie sogar die WM 2004 zwischen Wladimir Kramnik und Peter Leko! „Retten“ ist vielleicht zu viel gesagt, aber zumindest bescherten Beiträge in der FTD ihnen ein Preisgeld von einer Million Franken (aktuell rund 824.000 Euro).
Die FTD hatte zuvor zwei Artikel von Hartmut Metz über Sergej Karjakin und Alexandra Kosteniuk veröffentlicht. Einmal wurde der jüngste Großmeister aller Zeiten gewürdigt: Mit zwölf Jahren und sieben Monaten hatte er sich den Titel gesichert. Im Beitrag über die Ex-Weltmeisterin wurden auch deren Aktivitäten als Model und vorgestellt. Nach dem Erscheinen der beiden Artikel erhielt der Autor aus Baden-Baden urplötzlich eine Einladung an den Lago Maggiore.
Centro Dannemann am Lago Maggiore
Ein gewisser Christian Burger wollte Schach unterstützen! Zwar konnte Hartmut Metz die Einladung zum Centro Dannemann nicht annehmen, als aber später Carsten Hensel, Manager von Kramnik und Leko, mit dem Journalisten über seine Sponsorensuche für den WM-Kampf 2004 sprach, reichte Metz die Kontaktdaten weiter. Einige Monate später ging das Match in den Räumen des Zigarren- und Cigarillo-Herstellers Dannemann über die Bühne!
Mit der Resonanz auf die WM war Dannemann sehr zufrieden – doch wie es oft im Schach ist: Das Sponsoring hängt an einer Person. Burger erkrankte schwer, so dass es zu keinen weiteren größeren Engagements kam. Einen solventen Nachfolger wird das königliche Spiel zumindest jetzt nicht mehr über die FTD finden.