Seniorenmeisterschaften: Favoriten mit Problemen

von Hartmut Metz
19.07.2023 – Bad Wildungen ist Gastgeber der 35. Deutschen Seniorenmeisterschaften in den Altersklassen 50+ und 65+, nachdem der Gipfel in Braunschweig abgesagt wurde und der DSB gegen die geplante Durchführung in Dresden Einspruch einlegte. Über 160 Schachfreunde nehmen teil, darunter auch Hannelore Kube (Foto, in der Partie gegen Brüggeman), Schwester von Thomas Pähtz und Tante von Elisabeth Pähtz. Hartmut Metz berichtet.

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Favoriten stolpern massenweise

Schwache Teilnehmerzahl bei der Deutschen Senioren-Meisterschaften

Die Deutschen Senioren-Einzelmeisterschaften (DSEM) haben quantitativ gelitten. Mehrere Faktoren sorgten dafür, dass nur 161 Teilnehmer in Bad Wildungen an den Start gehen: Zum einen der Ort selbst. Der ist zwar durchaus sehenswert und beherbergt den größten Kurpark Europas - aber er war nur dritte Wahl. Nach der Absage des Meisterschaftsgipfels in Braunschweig mit mehreren Titelkämpfen in einer Stadt, waren sich die Senioren-Organisatoren nach verzweifelter Suchen mit Dresden einig. Elbflorenz hätte vermutlich mehr Spieler angezogen und deren Begleitungen wegen der schönen Stadt gleich mit. Doch weil die Familie Jordan mit im Boot saß, mit der es noch juristische Auseinandersetzungen gibt, untersagte die Spitze des Deutschen Schachbundes (DSB) die dortige Ausrichtung aus nachvollziehbaren Gründen. So waren Seniorenreferent Wolfgang Block und Gerhard Meiwald in der Kürze der Zeit froh, in Bad Wildungen überhaupt einen Interessenten zu finden, der die DSEM beherbergt.

Im wahrlich weitläufigen Hotel Maritim gibt es im Turniersaal mehr als genügend Platz für die nur 48 Akteure im Ü50-Wettbewerb. Traditionell sind es in der Ü65 weit mehr: 113 entsprechen allerdings auch nicht den Hoffnungen der Ausrichter. Einige Teilnehmer kostete es, dass nur ein Tag Pause zwischen den Offenen Baden-Württembergischen Senioren-Meisterschaften in Bad Herrenalb und der DSEM lag. Lediglich eine Handvoll Spieler taten sich die Strapaze an, von einem Turnier zum nächsten zu ziehen. Darunter Holger Namyslo, der mit 7/9 dort wegen eines halben Buchholzzählers weniger „nur“ Zweiter wurde – aber als bester Spieler aus dem „Ländle“ für sich beanspruchen kann, nun baden-württembergischer Senioren-Meister zu sein.

Holger Namyslo ist einer der wenigen Spieler, die direkt nach dem baden-württembergischen Championat von Bad Herrenalb nach Bad Wildungen weiterzogen. Dem Biberacher schadete die Anstrengung zunächst nicht und setzte seine Erfolgsserie in der Ü65 fort.

Allerdings war die Altersklassifizierung ungewöhnlich in Bad Herrenalb, in dem die badisch-schwäbische Grenzen verläuft: Statt der üblichen Ü50 und Ü65 gab es nur eine Kategorie: die der Ü60. Außerdem kostete, um diesen Reigen abzuschließen, die gleichzeitig stattfindende Mannschafts-Europameisterschaft in Polen weitere Teilnehmer in Bad Wildungen.

Qualitativ seien die Felder in Hessen aber nicht schlechter als zuvor, schrieb Meiwald als stellvertretender Vorsitzender der Seniorenkommission. Mehr als ein Drittel (41) habe ein Rating von über 2000 betonte er. Ein Dutzend kommt gar auf über 2200 Elo oder DWZ. Neben den beiden Topgesetzten, den IM Evgueni Chevelevitch und Joachim Brüggemann, spielen zahlreiche alte Recken mit, die bereits deutsche Seniorenmeister wurden: etwa Willy Rosen, der sich vor fast 30 Jahren (1994) durchsetzte! Erich Krüger (2008), Christian Clemens (2009 und 2011), Bodo Schmidt (2012) sowie Boris Gruzmann (2015) sind die weiteren. Die Favoriten ließen auch früh Federn: Chevelevitch und Brüggemann remisierten in der zweiten Runde gegen die spielstarken Außenseiter Gerhard Schmidt (Kreuztal) beziehungsweise Joachim Neumann (Neumünster). Der Nummer drei der Setzliste, Vadim Podat (Untergrombach) erging es gegen Georg Haubt (Oberursel) im ersten FM-Duell nicht besser. Das Trio muss nun Jagd auf die 13 Führenden machen, die nach zwei Runden noch die Idealpunktzahl vorweisen. Dank der sieben ausstehenden Runden hat das Favoriten-Trio aber alles noch selbst in der Hand.

Die „gute Seele der Senioren“ ist mit 84 Jahren noch putzmunter: Henning Geibel versorgt an die 300 Spieler per Rundmail mit Informationen über Turniere. Der ehemalige Direktor bei der Deutschen Bundesbank liebt sein Hobby und nimmt es nicht zu tragisch, dass er die ersten zwei Partien verlor.

Eine der sechs Damen im Feld hatte es zum Auftakt besonders schwer: Hannelore Kube vom SV Medizin Erfurt bekam es gleich im Stadtduell mit Brüggemann (Erfurter SK) zu tun. Die Schwester von Großmeister Thomas Pähtz und Tante von Elisabeth Pähtz wehrte sich wacker, zog aber am Ende doch den Kürzeren. Der Ü65-Titel der Frauen ist ihr aber trotz des Fehlstarts mit 0/2 noch zuzutrauen.

Fehlstarts gab es ebenso im Ü50-Feld: Ausgerechnet Titelverteidiger Arno Zude patzte gegen Frank Dreke. Der Spieler von Mattnetz Berlin hatte den Hofheimer mit einer Mehrfigur für drei Bauern kurz vor dem K.o., doch am Schluss war der Außenseiter mit einer DWZ von 1884 mit dem Remis gegen den IM auch zufrieden. Zude hätte fast im zweiten Umgang den nächsten halben Zähler eingebüßt. Doch Hansjörg Herold (1836) verteidigte sich in einem ausgeglichenen Endspiel mit zwei gegen einen Bauern (bei je einem Springer und ungleichfarbigen Läufern) am Ende nicht richtig und verlor.

Arno Zude, Vorjahresmeister in der Ü50, tut sich beim Start ins Turnier schwer.

Der an Position zwei gesetzte Peter Wacker (Klub Kölner Schachfreunde) musste in Runde zwei froh sein, noch einen halben Punkt gegen den Koblenzer Christian Marquardt zu ergattern. Weil zudem FM Norbert Heck (Neuberg) in der ersten Runde dem Harburger Holger Fabig (DWZ 1887) unterlag, gab es nach zwei Runden nur drei Teilnehmer mit voller Punktzahl: Im badischen Duell stehen sich am Spitzenbrett so Hartmut Metz (Rochade Kuppenheim) und Michael Schneider (Niefern-Öschelbronn) gegenüber. Matthias Willsch (PreetzerTSV) bekommt es mit Zude zu tun.

Am Mittwoch und Donnerstag werden nach den morgendlichen Runden (alle ab 10 Uhr) die deutschen Schnellschach-Meisterschaften der Senioren im Hotel Maritim in Bad Wildungen ausgefochten. Am Sonntag nach der siebten Runde folgen die Blitz-Meisterschaften mit einer Bedenkzeit von fünf Minuten plus drei Sekunden pro ausgeführten Zug.

Stand 65+

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Hassenrück,Helmut, 2 2
2 Schulz,Michael, 2 2
Brock,Friedemann, 2 2
Babrikowski,Peter,Dr., 2 2
5 Schmidt,Bodo, 2 1,5
Heinemann,Ernst, 2 1,5
7 Heinig,Wolfram,Dr., 2 1,5
8 Kyas,Jürgen, 2 1,5
9 Szenetra,Werner, 2 1
Schmid,Wolfgang, 2 1
Zühlke,Burkhard,Dr., 2 1
12 Rosen,Willy, 2 1
13 Namyslo,Holger, 2 1
14 Partenheimer,Axel, 1,5 2,5
Krien,Hartmut, 1,5 2,5
16 Schmidt,Gerhard,Dr., 1,5 2,5
17 Juhnke,Jürgen, 1,5 2,5
Buchal,Stephan, 1,5 2,5
Salov,Sergej, 1,5 2,5
Knaak,Joachim, 1,5 2,5
Haubt,Georg, 1,5 2,5
Krüger,Norbert, 1,5 2,5
Steinmacher,Josef, 1,5 2,5
24 Chevelevitch,Evgueni,Dr., 1,5 2
25 Neumann,Joachim, 1,5 2

113 Spieler

Stand 50+

Stand nach der 2 Runde

Rg. Name Pkt.  Wtg1 
1 Metz,Hartmut, 2 2
Willsch,Matthias, 2 2
3 Schneider,Michael, 2 1,5
4 Wacker,Peter, 1,5 2,5
Lindam,Ingo, 1,5 2,5
Fabig,Holger, 1,5 2,5
Fink,Wolfgang, 1,5 2,5
8 Syré,Christian, 1,5 2
Röttinger,Eugen, 1,5 2
10 Schatz,Christian, 1,5 1,5
von Kiedrowski,Klemens, 1,5 1,5
Balzer,Lars, 1,5 1,5
Marquardt,Christian, 1,5 1,5
Koschetzki,Christian, 1,5 1,5
15 Zude,Arno, 1,5 1
Bär,Marco, 1,5 1
17 Kozlov,Oleksandr, 1 2,5
Papenfuß,Kai, 1 2,5
19 Schell,Franz Jürgen,Dr., 1 2
Cmiel,Thorsten, 1 2
Noldt,Torsten, 1 2
Göldenboog,Jürgen, 1 2
Fiedler,Wolfgang, 1 2

48 Spieler


Hartmut Metz ist Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten (BNN) mit Hauptsitz in Karlsruhe. Er schreibt außerdem unter anderem für die taz, die Frankfurter Rundschau und den Münchner Merkur über Schach und Tischtennis. Zudem verfasst der FM und Deutsche Ü50-Seniorenmeister 2023 von der Rochade Kuppenheim regelmäßig Beiträge für das Schach-Magazin 64, Schach-Aktiv (Österreich) und Chessbase.de.