Viel Freibauern, viel Spannung, viel Vergnügen

von Johannes Fischer
01.09.2025 – Die Regel, dass sich ein Bauer, der die achte oder die erste Reihe erreicht, in eine andere Figur seiner Farbe verwandeln kann, ist eine der schönsten im Schach. Sie macht das Spiel dynamisch und hat schon zu vielen Kombinationen und spannenden Partien geführt. Eine davon spielten das argentinische Nachwuchstalent Faustino Oro und der amerikanische Internationale Meister Nico Chasin vor kurzem in der 6. Runde des Fujairah Masters.

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Die Idee, Bauern in andere Figuren zu verwandeln, wirkt modern, ist aber alt. Schon im Shatranj, einer Vorform des heutigen Schachs, die im persischen und arabischen Raum ab dem 7. Jahrhundert sehr beliebt war, kannte man diese Regel. Als sich Ende des 15. Jahrhunderts die moderne Form des Schachs allmählich durchsetzte, behielt man sie bei. Allerdings ohne einheitliche schriftliche Regeln – durften mehrere Damen auf dem Brett stehen oder konnte man den Bauern nur in eine Dame verwandeln, wenn die Dame, mit der man die Partie begonnen hatte, bereits geschlagen worden war? Durfte man den Bauern auf der gegnerischen Grundreihe stehen lassen oder musste man ihn sofort verwandeln? In eine Dame oder in eine andere Figur und musste dies eine Figur der eigenen Farbe sein?

Die meisten dieser Fragen beschäftigten vor allem Studien- und Problemkomponisten, in der praktischen Partie spielten sie selten eine Rolle. Doch es dauerte bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts, bis man sich in den damals führenden Schachnationen auf einheitliche Regeln einigen konnte.

Die wohl berühmtesten Freibauern der Schachgeschichte hatten 1834 ihren Auftritt, in der 16. Partie eines Wettkampfes zwischen dem Franzosen Louis Charles Mahé de Labourdonnais und dem Iren Alexander McDonnell, den wohl besten Spielern der damaligen Zeit. Von Juni bis Oktober 1834 spielten die beiden im Londoner Westminster Club in sechs Wettkämpfen insgesamt 85 Partien gegeneinander. Labourdonnais gewann dieses Marathonduell am Ende mit 45 Siegen, 27 Niederlagen und 13 Remis. Im Gedächtnis der Schachwelt blieb dabei vor allem der folgende Sieg von De Labourdonnais.

Auch die folgende Partie zwischen den beiden Nachwuchsstars Faustino Oro und Nico Chasin könnte es einmal in die Lehrbücher schaffen. Faustino Oro, geboren 2013 in Buenos Aires, wurde im Juni 2024 im Alter von 10 Jahren, 8 Monaten und 16 Tagen Internationaler Meister. Damals machte ihn das zum jüngsten Internationalen Meister aller Zeiten, doch allzu lange hielt dieser Rekord nicht, denn elf Monate später, im Mai 2025, wurde der am 4. Februar 2015 geborene Roman Shoghzhiev aus Russland im Alter von 10 Jahren, 3 Monaten und 21 Tagen Internationaler Meister.

Faustino Oro beim Sunway Sitges Turnier 2023 | Foto: David Llada

Solche Rekorde kann Nico Chasin nicht aufweisen, aber er gehört zu den stärksten Jugendlichen seines Jahrgangs: Er wurde am 19. Juni 2006 in New York geboren und landete im November 2024 bei Jugendweltmeisterschaften U18 im brasilianischen Florianopolis mit 7,5 aus 11 auf dem geteilten fünften Platz. Internationaler Meister ist er seit 2023.

Nico Chasin | Foto: David Llada

Wie gut Chasin spielt, zeigte er in der Partie gegen Oro.

So viel Freibauern sorgen für Aufsehen und so hat Levy Rozman die Partie auf seinem YouTube Kanal Gotham Chess gewohnt engagiert kommentiert.

Spitzenreiter im Masters in Fujairah ist allerdings ein anderer Jugendlicher: GM Brewington Hardaway. Auch Hardaway (geboren am 22. April 2009) stammt aus New York und ist seines Zeichens der erste in den USA geborene afroamerikanische Großmeister. Maurice Ashley, der erste afroamerikanische Großmeister, erhielt den GM-Titel bereits 1999, aber wurde in Puerto Rico geboren.

Wie auch immer – nach 8 Runden liegt Hardaway beim Masters in Fujairah eine Runde vor Schluss mit 7 aus 8 alleine in Führung. Mit einem halben Punkt Rückstand folgt FM Artin Ashraf aus dem Iran mit 6,5 aus 8 auf dem alleinigen zweiten Platz, vor einer großen Gruppe von Spielern mit je 6 aus 8, die sich Platz drei teilen. Zu dieser Gruppe gehören auch Oro und Chasin.

Stand nach 8 Runden

Rk. SNo Name sex FED Rtg Pts.  TB1   TB2   TB3   TB4  K rtg+/-
1 14
GM HARDAWAY, Brewington USA 2499 7 2458 0 33,5 4 10 20
2 52
FM ASHRAF, Artin IRI 2428 6,5 2429 0 25,5 4 10 23,2
3 85
IM AADITYA, Dhingra IND 2394 6 2449 0 30,5 4 10 22,9
4 16
GM SIVUK, Vitaly SWE 2495 6 2448 0 33 3 10 9,5
5 55
IM AKBAS, Umut Ata TUR 2425 6 2447 0 26,5 4 10 20,4
6 65
IM SONG, Yuxin w CHN 2414 6 2440 0 31 3 10 14,9
7 2
GM KARTHIK, Venkataraman IND 2556 6 2433 0 30,5 4 10 5,8
8 222
FM ZHAUYNBAY, Aldiyar KAZ 2214 6 2432 0 24 3 20 76,4
9 37
IM CHASIN, Nico USA 2458 6 2417 0 30 4 10 13
10 34
IM JUBIN, Jimmy IND 2464 6 2414 0 30 4 10 13,1
11 32
IM ORO, Faustino ARG 2465 6 2411 0 32 4 10 12,6
12 5
GM SOKOLOVSKY, Yahli ISR 2539 6 2409 0 29,5 3 10 1,9
13 54
GM ROZUM, Ivan RUS 2426 6 2408 0 26,5 4 10 16,2
14 39
IM MAHDAVI, Reza IRI 2454 6 2397 0 28 3 10 7,5
15 50
IM SAPENOV, Daniyal KAZ 2429 6 2373 0 27 4 10 11,9
16 29
IM TSARUK, Maksim FID 2470 6 2369 0 29 4 10 7,2
17 72
IM KUSHAGRA, Mohan IND 2408 6 2326 0 24,5 4 10 9,9
18 68
IM ERMITSCH, Magnus GER 2409 6 2300 0 25 4 10 7,4
19 63
IM PILIPOSYAN, Robert ARM 2415 5,5 2442 0 32,5 4 10 15,6

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".