Weltmeister gegen Amateure: Magnus Carlsen in der 2. Liga

von Johannes Fischer
19.11.2019 – Magnus Carlsen ist vor kurzem aus dem Norwegischen Schachverband ausgetreten, aber spielt in der Zweiten Norwegischen Liga weiter für seinen neu gegründeten Verein Offerspill. Bislang setzte sich der Weltmeister in der zweiten Liga zwei Mal ans Brett und gewann - wenig überraschend - auch zwei Mal. Beide Partien verliefen einseitig, aber waren dennoch interessant. | Foto: Lennart Ootes (Archiv)

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Der Weltmeister in der Zweiten Liga

Vielen Partien von berühmten Positionsspielern wie Capablanca fehlt aus heutiger Sicht heute doch ein wenig Dramatik. Immer wieder sieht man, wie Capablanca die Eröffnung anspruchslos spielt, aber dann einen Freibauern bilden kann oder eine offene Linie bekommt und diese Vorteile ohne große Gegenwehr zum Sieg führt.

Solchen Partien fehlt der Kampf, der moderne Großmeisterpartien kennzeichnet, aber dafür illustrieren sie die Vor- und Nachteile bestimmter strategischer Motive in heute seltener Klarheit.

Bei seinem Offerspill-Debüt hatte Carlsen die Gelegenheit, gegen den jungen, 2002 geborenen Norweger Andreas Garberg Tryggestad eine solche Partie zu spielen - sie verlief einseitig, aber war lehrreich und schnörkellos.

 

Wie spielt man gegen stärkere Spieler?

Diese Frage stellte sich sicher auch Inge Sandstad Skrondal, Carlsens Gegner in der zweiten Partie des Weltmeisters in der Zweiten Norwegischen Liga und mit einer Elo-Zahl von 2311 deutlicher Außenseiter in der Partie gegen den Weltmeister, der zur Zeit 2870 Elo-Punkte auf die Waage bringt. Spielt man als Außenseiter die theoretisch gut erforschten Hauptvarianten, so begibt man sich auf Gebiete, die der Gegner weit besser kennt und vermutlich sehr gründlich erforscht und analysiert hat und riskiert, die Partie schon in der Eröffnung zu verlieren.

Allerdings setzt man, wenn man Hauptvarianten spielt, den stärkeren Spieler auch leichter unter Druck, denn wenn er gewinnen will, muss er allen Varianten ausweichen, in denen das Spiel zu sehr verflacht und nur wenig Gewinnchancen bietet. Ein praktischer Vorteil dabei ist, dass der stärkere Spieler wahrscheinlich sehr viel besser weiß, welche Varianten er vermeiden muss, und deshalb vielleicht manchmal objektiv schwächere Varianten wählt, um ausgeglichenen Stellungen aus dem Weg zu gehen.

Doch Skrondal entschied sich gegen Carlsen für ein anderen Ansatz. Obwohl er Weiß hatte, verzichtete von Beginn an auf jedwede Form von theoretischer Debatte und suchte sein Glück in einer Nebenvariante. Das größere theoretische Wissen des besseren Spielers wird dadurch neutralisiert, aber dafür birgt dieser Ansatz andere Gefahren - wie sich in der Partie gezeigt hat.

 

Nach diesen beiden Siegen ist Carlsen jetzt seit 103 Partien in Folge ungeschlagen.

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Johannes Fischer, Jahrgang 1963, ist FIDE-Meister und hat in Frankfurt am Main Literaturwissenschaft studiert. Er lebt und arbeitet in Nürnberg als Übersetzer, Redakteur und Autor. Er schreibt regelmäßig für KARL und veröffentlicht auf seinem eigenen Blog Schöner Schein "Notizen über Film, Literatur und Schach".

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